Rhosmari - Retterin der Feen
äh … tut mir leid.«
Paul und Peri wechselten einen Blick und ihre Lippen zuckten. Doch Paul sagte nur: »Gut. Ich fahre heute Morgen jedenfalls in die Stadt. Braucht jemand was?«
Den restlichen Tag verbrachte Rhosmari in der Bibliothek der Eiche mit dem Lesen der Bücher, die Pechnelke ihr gegeben hatte. Unter anderem fand sie heraus, dass Jasmins Vorgängerin, Königin Schneeglöckchen, unter ungeklärten Umständen gestorben war – so ungeklärt, dass im Grunde klar war, dass Jasmin sie ermordet hatte, um selbst auf den Thron zu gelangen.
Trotzdem sprach die Kaiserin von Schneeglöckchen als ihrer Lehrerin und trug jetzt ihr Gesicht … Rhosmari bekam immer mehr den Eindruck, dass Jasmin nicht ganz normal war.
Doch so viel sie auch über Jasmin erfuhr, ihre eigentliche Frage blieb offen. Wann würde die Kaiserin die Eiche angreifen und wie? Woher hatte sie ihre bemerkenswerte Zauberkraft, und gab es ein Mittel, sie am Einsatz dieser Kraft zu hindern? Rhosmari wusste darauf nach wie vor keine Antwort.
»Du solltest mit Rob sprechen«, sagte Pechnelke, nachdem die beiden eine Weile hin und her überlegt hatten. »Er war Hofmusiker der Kaiserin und kennt sie sehr gut. Vielleicht kann er dir weiterhelfen.«
Also beschloss Rhosmari, mit Rob und den anderen zu Abend zu essen, um mit ihm reden zu können. Doch als sie den Speisesaal betrat, merkte sie sofort, dass etwas nicht stimmte. Einige Feen fehlten, darunter Mags, der Rebell, der sich beschwert hatte, weil er nie den Namensstein tragen durfte. Die anderen hatten sich in Gruppen aufgeteilt. In der einen Ecke saßen nur Eichenfeen, im hinteren Teil des Saals ihre neuen Verbündeten aus anderen Feenwelten. Auch die Rebellen und die Kinder des Rhys blieben unter sich.
»Sieht so aus, als bräuchte die Kaiserin die Eiche gar nicht anzugreifen«, sagte Rob bitter und spießte mit seiner Gabel ein Stückchen Eichhörnchenfleisch auf. »Wenigstens nicht, solange Verräter und Deserteure unter uns sind und ihre Arbeit für sie tun. Wie können wir gemeinsam kämpfen, wenn wir nicht einmal am selben Tisch essen wollen?«
Linde seufzte. »Malve hat offenbar mehr Schaden angerichtet, als wir dachten. Ich habe den Eichenfeen zugeredet, dass wir alle an einem Strang ziehen müssen, aber einige sehen mich nicht einmal mehr an, von Zuhören ganz zu schweigen.«
»Und wir wissen immer noch nicht, was die Kaiserin im Schilde führt«, sagte Pechnelke. Sie kippte ihr Weinglas und ließ den Bodensatz des Honigweins kreisen. Dankbar für das Stichwort meldete sich Rhosmari zu Wort.
»Rob«, sagte sie, »ich habe mich mit Jasmins Geschichte beschäftigt, weil ich wissen wollte, wie sie denkt und woher sie ihre große Kraft hat. Was weißt du über sie?«
»Sie ist eine verschlagene Person und ich kann nicht behaupten, dass ich sie durchschaue. Immer wenn ich das glaubte, belehrte sie mich eines Besseren.«
»Aber du musst aus deiner Zeit mit ihr doch irgendetwas wissen«, beharrte Rhosmari. »Bitte. Auch das kleinste Detail könnte wichtig sein.«
Rob schwieg und hielt die Gabel reglos über den Teller. Dann legte er sie ab und sagte leise und ausdruckslos: »Als die Kaiserin mich in ihre Dienste nahm, war ich noch ein Kind und für sie eine Art Sohn. Sie überschüttete mich mit Privilegien und Macht wie niemanden sonst, und ich hatte allen Grund zu der Annahme, dass sie, sollte sie je einen Erben bestimmen, mich auswählen würde.«
Die anderen Feen am Tisch holten hörbar Luft. Rob fuhr fort, als hätte er es nicht bemerkt. »Ich begleitete sie überallhin und machte Musik, wenn sie es wünschte – sie war manchmal niedergeschlagen und rief mich, und ich musste Gitarre spielen, bis die Schatten von ihr gewichen waren.« Er blickte auf seine Finger hinunter. »Manchmal ließ sie mich die ganze Nacht spielen und schickte mich dann ohne ein Wort des Lobes weg. Bei anderen Gelegenheiten sagte sie Dinge, als sei ich die einzige Person, die ihr je etwas bedeutet hätte.«
Und dann hast du sie verraten, dachte Rhosmari. Und ihre Launen wurden noch stärker. Nicht dass sie Rob deswegen Vorwürfe machte. Aber jedes Mal wenn jemand von der Kaiserin abfiel, schien ihre Herrschaft über die anderen noch unnachgiebiger zu werden.
»Doch nie bekam ich den Eindruck, ihre Macht könnte etwa nicht absolut sein«, fuhr Rob fort. »Wenn es Welten gab, die sich ihrer Herrschaft entzogen, sprach sie nie davon. Wenn sie je auf Widerstand stieß, kämpfte sie allein dagegen an. Ich
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