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Richard Dübell

Richard Dübell

Titel: Richard Dübell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Allerheiligen
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Mobiltelefon.
77 .
    Peter wartete, bis er das Tuten des Anrufs in seinem Handy hören konnte. Er hatte die Lautstärke so weit wie möglich gedämpft und presste das Gerät fest ans Ohr, während er das Kirchenportal leise und vorsichtig aufschloss. Er hatte unwillkürlich das Portal gewählt, in dem er und Flora am Freitagmorgen Natalie Seitz und Dominik Wiesner gefunden hatten.
    Es tutete eine Weile. Peter fragte sich, was nun oben in der Turmkammer passierte. Musterte Konstantin Heigl misstrauisch sein Gerät und fragte sich, wer auf dieser Nummer anrief? Robert Kalp hatte ausgesagt, dass man bei Eric Heigls Leiche kein Mobiltelefon gefunden hatte; egal, ob Konstantin ahnte, dass sein Bruder tot war – und er ihn vermutlich sogar bewusst in den Tod hatte laufen lassen –, von ihm konnte der Anruf nicht stammen. Von Tristan Heigl? Aber der alte Mann konnte nicht einmal sprechen, wieso sollte er da anrufen? Natürlich konnten tausend andere Menschen diese Nummer kennen und Konstantin Heigl ein ganz normales Sozialleben führen, aber Peter zweifelte daran. Er war sicher, dass außer Tristan und Eric Heigl niemand Konstantins Handynummer kannte. Peter huschte durch die dunkle Kirche zu der Tür, die in den Turm führte, und hoffte, dass Konstantin Heigl hinreichend überrascht war, um ein paar Augenblicke nicht auf Geräusche zu achten, die durch den gewaltigen Schallkörper der Turmstiege zu ihm nach oben drangen.
    Dann hörte Peter das Knacken, als Konstantin Heigl den Anruf entgegennahm, und hielt den Atem an.
    »Eric?«
    Robert Kalp wartete genau so lange, wie er musste. »Eric hat es hinter sich«, hörte Peter den Münchner Polizisten schließlich sagen.
    Unendlich vorsichtig drehte Peter den Schlüssel im Schloss und pries den Stiftspropst in Gedanken dafür, dass er sein Gotteshaus so gut in Schuss hatte, wie es nur ging. Der Schlüssel drehte sich leicht, obwohl diese Tür nicht mehr benutzt wurde.
    »Hauptkommissar Kalp?«, fragte Konstantin.
    »Sieh an, da hat jemand seine Hausaufgaben gemacht«, erwiderte Robert.
    Peter drückte die Klinke nach unten und bewegte die Tür ein winziges Stück. Nichts knarrte, nichts quietschte. Die Tür war schwer, aber sie drehte sich sanft in ihren Angeln.
    »Ich bin jetzt der Leiter der SOKO «, hörte er Robert sagen.
    »Oh, Sie sind jetzt der Leiter der SOKO ?«, wiederholte Konstantin, und Peter fühlte Erleichterung, weil das Wiederholen von Roberts Worten nur einem Zweck dienen konnte: Harald darüber zu informieren, was Robert gesagt hatte. Konstantin war klug genug, nicht auf Lautsprecher zu schalten, weil er dann nicht hätte verhindern können, dass Robert und sein Chef in einem Code miteinander kommunizierten, den er, Konstantin, gar nicht als solchen erkannte.
    Peter, der bereits den ersten Treppenabsatz erklommen hatte, lauschte angestrengt. Unwillkürlich beugte er sich vor und starrte nach oben. Nur dort, wo das Scheinwerferlicht von draußen durch Fensteröffnungen hereinfiel, schälten trübe Lichtinseln Einzelheiten der Stiegen aus der Finsternis.
    Hier, im Basisbereich des Turms, war es stockfinster. Das einzige Licht kam vom Display des Telefons. Doch Peter wagte immer nur kurz, das Handy vom Ohr zu nehmen und zu leuchten. Er tastete sich an der Wand des Turms entlang in die Höhe.
    »Warum geben Sie nicht auf?«, fragte Robert. »Es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis wir Ihr Versteck gefunden haben.«
    Konstantin antwortete nicht. Peter war klar, dass er das simple Prinzip anwandte, das auch Polizeipsychologen bei ihren Gesprächen mit Geiselnehmern verfolgten – den Gesprächspartner ständig zu verunsichern und ihm das Gefühl zu geben, dass ihm die Situation immer mehr entglitt und dass er selbst nicht mehr in der Lage wäre, alles zu einem vernünftigen Ende zu bringen.
    Als er mit der rechten Hand in etwas Kalt-Feuchtes fasste, stockte Peters Schritt. Er nahm das Telefon vom Ohr und beleuchtete seine Hand. Roberts Stimme, der versuchte, das Gespräch mit Konstantin aufrechtzuerhalten, wisperte in die Stille des Stiegenhauses, die keine Stille war, weil das Gebälk und das Gemäuer des Turms ständig ächzten, knackten, stöhnten und seufzten. Vorsichtig hob Peter die Hand, darauf gefasst, Blut zu sehen.
    Er stieß die Luft aus.
    »Drecksviecher«, hauchte er dann. Auf seiner Handfläche klebte der schwarzweiße Streifen von Vogelscheiße. Und als wäre es ein Signal gewesen, hörte er das Flattern weit oben, wo einer der geflügelten

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