Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Richard Dübell

Richard Dübell

Titel: Richard Dübell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Allerheiligen
Vom Netzwerk:
daneben, reglos, resigniert, mit seiner Tunika und dem Helm auf dem Kopf wie ein geschlagener Ritter wirkend, der Schotte, dessen Veranstaltung sich so unvermutet in eine Tragödie verwandelt hatte. Konstantin hatte Harald befohlen, näher zu kommen, und danach hatte er kein Wort mehr gesprochen, bis Harald den seinerseits in eine Decke verpackten Schmuck vor den beiden verhüllten Gestalten auf den Boden gelegt hatte – und dann den Lauf der Pistole, die er darunter versteckt in der Hand gehalten hatte, blitzschnell in einen der Augenschlitze des Ritterhelms gesteckt und gerufen hatte: Zweimal fall ich nicht auf denselben Trick rein, du Arsch!
    Deshalb ist es ja ein anderer Trick, Herr Hauptkommissar , hatte Konstantin gesagt, der tatsächlich unter der Decke gewesen war und sie jetzt abwarf, um aufzuspringen und Harald seinen schweren Revolver an die Schläfe zu drücken. Harald war erstarrt. Nehmen Sie den Helm ab , hatte Konstantin zu dem Mann auf dem Boden gesagt, und das schweißnasse dunkle Gesicht des Schotten war zum Vorschein gekommen, der Harald mit einer Mischung aus Fassungslosigkeit und Entsetzen anstarrte.
    Er hatte Harald und Flora Sander die Handgelenke mit Paketband gefesselt, hatte Harald mehrere Lagen davon so um den Kopf gewickelt, dass sein Mund zugeklebt war, und hatte dann die Kinder in alle Himmelsrichtungen verscheucht. Sie waren voller Panik davongerannt, und als der Schotte, Bernward und die beiden Teenager ihn entsetzt angestarrt hatten, hatte er gesagt: Fangt sie lieber wieder ein, bevor sie noch unter die Räder kommen.
    Sehr viel mehr hatte er nicht gebraucht, nur dieses Chaos, seine zwei neuen Geiseln und den Autoschlüssel, den er Flora Sander schon zuvor abgenommen hatte, um zu entkommen.
    Harald Sander, immer noch geknebelt und die zusammengebundenen Hände zu Fäusten geballt, funkelte ihn von seinem Platz auf dem Boden der Türmerstube an. Flora Sander betrachtete ihn nachdenklich, aber ihr Blick irrte immer wieder zu den Benzinkanistern und von diesen zu der dritten Gestalt, die regungslos auf dem Boden saß.
    Konstantin folgte ihrem Blick und sah in die Augen seines Vaters. Im Scheinwerferlicht sah dessen Gesicht wie eine grobgeschnitzte Maske aus.
    »In einem hast du ja recht gehabt, Vater«, sagte er und war wie schon oft froh darüber, dass Tristan Heigl nie eine andere Anrede zugelassen hatte. Hätte Konstantin das tun können, was er tun wollte, wenn er den alten Mann dort als »Papa« hätte ansprechen können? »Unser Vorfahr hat den Schmuck der Herzogin tatsächlich nicht gestohlen. König Kasimir von Polen hat ihn damals wieder an sich genommen, sonst wäre das Zeug nicht in Krakau wieder aufgetaucht. Aber womit du nicht recht gehabt hast, war, diese Geschichte über alles andere zu stellen und unsere ganze Familie damit zu vergiften. Schau, Vater …« Er leerte die Tasche, in die er den Schmuck – die Broschen, das Haarnetz, die Kette – geworfen hatte, auf dem Boden aus, neben der mit einer großen Decke verhüllten Konstruktion, deren Zusammenbau seine erste Tat gewesen war, nachdem er sich mit dem nachgemachten Schlüssel Tristans aus dessen Turmführerzeit Zutritt verschafft hatte. »… hier ist das Zeug.«
    Tristan Heigls Blick wanderte zum ersten Mal von seinem Sohn zu dem Schmuck, der in einem Haufen auf dem Boden lag. Er blinzelte, und ein Zucken lief über sein Gesicht.
    Konstantin zog die Decke von dem Aufbau. Er wechselte einen Blick mit Flora Sander. Als deren Augen sich weiteten, wusste er, dass sie verstanden hatte. Er sah sie ihre Muskeln anspannen und brachte den Revolver in Anschlag. Sie verhielt sich wieder still.
    »Schau, Vater«, sagte Konstantin, ohne die Waffe von Flora abzuwenden. »Dieser Plunder hier – dafür hast du unsere Familie vor die Hunde gehen lassen! Du wolltest immer die Ehre unserer Familie retten und hast uns den letzten Rest davon genommen, den wir noch hatten. Dafür hast du aus Eric einen Schwächling gemacht. Dafür hast du mich verstoßen. Dafür hast du Mama in den Tod getrieben.« Er atmete schwer. In der Turmkammer herrschte Schweigen. In Tristan Heigls halb gelähmtem Gesicht arbeitete es, aber es war nicht zu erkennen, ob es Wut, Angst oder Trauer war, was über seine Züge irrlichterte. Sein Mund zitterte.
    »Tun Sie das nicht!«, sagte Flora in die Stille hinein. »Sie wollen keine Katastrophe verursachen.«
    »Woher wollen Sie wissen, was ich will?«, fragte Konstantin.
    In diesem Moment klingelte sein

Weitere Kostenlose Bücher