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Richard Dübell

Richard Dübell

Titel: Richard Dübell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Allerheiligen
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Heigl und dessen finanzieller Spannkraft gewonnen hatten. »Ich schätze, es dürfte nichts Luxuriöses sein.«
    Peter rollte über den buckligen Straßenbelag der Inneren Münchner Straße und hielt vor dem Verkehrsknäuel, das sich vor der Parkgaragenein- und -ausfahrt des Supermarkts gebildet hatte. Er vermutete, dass die Kühlfächer mit dem Grillfleisch und die Getränkeabteilung Orte heftig geführter Verteilungskämpfe waren. »Möglicherweise hat Tristan eine Versicherung abgeschlossen und kann sich damit einen etwas besseren Pflegeplatz leisten«, sagte er.
    Flora zuckte mit den Schultern. »Ist ja egal. Wenn sich irgendwas in Erics Mail findet oder eine Rechnung, haben wir die Adresse.«
    Sie hörten zu, wie der Kollege sich durch Erics Mailverkehr quälte. »Wieso hat dem Mann nie jemand gezeigt, wie man im Outlook mit Ordnern arbeitet?«, sagte er missmutig. »Er hat einfach alles im Eingang stehenlassen. Und der Rechner ist so langsam, dass man ihm beim Gehen die Schuhe zubinden könnte.«
    »Glaubst du, Eric Heigl könnte doch Blofeld sein?«, fragte Flora mit einem Seitenblick zu Peter.
    »Wenn, dann sind wir ja auf seiner Spur«, erwiderte Peter. Er versuchte, sich daran zu erinnern, was er von Blofeld gesehen hatte. Erneut fand sich nicht mehr als ein dunkler Anzug und die Sonnenbrille. War der Mann groß oder klein gewesen? Breit oder normal gebaut? Es hatte keinen Sinn. Seine Erinnerung zeigte ihm das lückenhafte Bild, das er von Blofeld besaß. Da war nicht mehr.
    »Werbung für Viagra, Werbung für Mobilfunktarife, Werbung für jeden anderen Scheiß«, hörten sie den Kollegen vom KDD . »Newsletters vom Kino, Newsletters von zwei Musikinstrumentehändlern, Anschreiben von westafrikanischen Rechtsanwälten auf der Suche nach dem einzigen Verwandten eines toten Ölmillionärs … Der Typ hatte kein Privatleben.«
    »Schau mal in den Papierkorb«, schlug Flora vor.
    Der Beamte schwieg eine Weile. »Sieh mal an«, sagte er dann.
    »Was hast du gefunden?«
    »Anschreiben von einem Seniorenheim.«
    Flora und Peter sahen sich an. »Schon wieder Werbung?«
    »Nein. Mahnbescheide.«
41 .
    Das Seniorenheim, dessen Adresse der KDD -Beamte in mehreren Mails gefunden hatte, in denen es um den Zahlungsverzug Eric Heigls bezüglich der monatlichen Kosten für seinen Vater ging, lag idyllisch unter Bäumen direkt an der Isar. Der Außenanstrich hätte eine Auffrischung vertragen können, und die Eingangshalle atmete den Schick der siebziger Jahre. Es gab ein kleines Empfangsbüro mit einem Glasfenster, doch niemand saß darin. Die Pflanzen in der Lobby waren verstaubt. Ansonsten schien es keine schlechtere Einrichtung zu sein als die meisten, und die alten Herrschaften, die in einem Aufenthaltsraum gleich hinter dem Eingangsbereich saßen, wirkten weder vernachlässigt noch krank. Sie strahlten allerdings auch keine Fröhlichkeit aus, wie sie da allein oder in kleinen Gruppen an Tischen saßen, dem Fernsehprogramm folgten, Karten spielten oder einfach nur vor sich hin starrten. Peter blieb unwillkürlich stehen und schaute sich um. Ihm kam auf einmal der Gedanke, dass sein Vater, sollte er einmal pflegebedürftig sein, entweder hier oder in Augsburg, wo Peters Schwester lebte, in einem Pflegeheim landen würde. Weder er als Polizist noch seine Schwester, die als Journalistin tätig war, würden Zeit genug für Daniel haben – außer, sie gaben ihre Berufe auf; und dann hätten weder er noch sie Geld, um sich um einen von Medikamenten abhängigen alternden Mann zu kümmern. Bislang hatte Peter sich über dieses Thema nie Gedanken gemacht. Daniel Bernward steckte so voll Energie, dass es schien, als würde er sich eher um seine Kinder kümmern müssen als diese sich um ihn.
    Flora, die Peters Gedanken offenbar erraten hatte, sagte: »Diese Häuser können deutlich schöner sein als das hier, und sie machen einen doch immer depressiv.«
    Peter nickte. Ein paar der Heimbewohner hatten ihre Aufmerksamkeit den beiden Polizisten zugewandt, aber niemand stand auf und kam zu ihnen herüber oder grüßte auch nur. Alle drehten sich nach einer kurzen, stummen Musterung wieder um und starrten weiterhin auf den Bildschirm oder vertieften sich wieder in ihre Spiele. Der Fernseher war so laut aufgedreht, dass es Peter in den Ohren schmerzte.
    »Was willst du Tristan Heigl überhaupt sagen?«, fragte Flora. »Wir sind hier, weil die Freundin Ihres Sohnes in Ihrem Haus erschossen worden ist, weil Ihr Sohn abgängig ist, weil

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