Richard Dübell
mit dem Loslassen gekommen?«, fragte Flora.
»Den hab ich von Pa – aus der Zeit, nachdem meine Mutter gestorben war.«
Flora legte den Kopf auf seine Schulter. »Wenn Julia und ich das alles nur halb so gut hinkriegen wie du und dein Pa, werde ich mich glücklich schätzen.«
Peter fühlte die Worte auf der Zungenspitze: Lass mich dabei an deiner Seite sein!, aber er schwieg. Er öffnete Flora die Beifahrertür und stapfte um den Volvo herum. Er hörte Floras Ächzen, als sie sich setzte, und keuchte, nachdem er selbst in den Wagen geschlüpft war. In Sekundenschnelle brach ihm der Schweiß aus.
»Lass die Tür auf«, bat Flora. »Wieso hast du den Tank nicht in den Schatten gestellt?«
»Ich wollte dich mal wieder zum Schwitzen bringen«, sagte er, bevor er sich davon abhalten konnte.
Flora versteifte sich für einen Moment, dann lachte sie plötzlich und schlug ihm spielerisch mit der Hand auf den Hinterkopf. »Hab ich dir schon gesagt, dass du ein Hirsch bist?«
»Hör ich zum ersten Mal.«
»Wo fahren wir jetzt hin, Herr Hauptkommissar?«
»Wo würden Sie hinfahren, Frau Hauptkommissarin?«
»Und wie finden wir raus, wo wir hinmüssen?«
Peter sagte: »Ich bin sicher, einer von den Kollegen vom KDD hat den Laptop von Eric Heigl auf seinem Tisch. Es müssten sich Hinweise finden lassen, Rechnungen oder Kalendereinträge oder Mails, in welchem Pflegeheim Tristan Heigl untergebracht ist.«
Sie fuhren los. Peter manövrierte den Volvo in einem langsamen Zickzackkurs an den parkenden Autos vorbei, die jetzt, nach Feierabend, noch zahlreicher links und rechts der Straße ins Tal hinunter standen als heute Mittag. Flora beugte sich plötzlich zu ihm und gab ihm einen Kuss auf die Wange. »Du musst dich mal wieder rasieren«, sagte sie.
»Wofür war der?«
»Vielleicht dafür, dass du mich zum Schwitzen bringen wolltest?«
Peter lächelte. Er wusste, dass der Kuss hauptsächlich dafür gewesen war, dass er Marko Klopek und seiner Familie mit seiner Bemerkung über das Loslassen den Frieden wiedergegeben hatte, der vor ihrem Eintreffen in dessen Garten geherrscht hatte.
40 .
Flora begann schon zu telefonieren, während Peter den Tank um die scharfe Kurve hinter den Bahngleisen kurbelte. Jeder Beamte hatte ungefähr im Kopf, wer von den Kollegen zum Schichtdienst eingeteilt war, aber an einem Wochenende, das so schön zu werden versprach wie dieses, wurde oft herumgetauscht. Die eingeteilten Kollegen mit Kindern versuchten diejenigen ohne Kinder dafür zu begeistern, den Dienst für sie zu übernehmen, damit sie das schöne Wetter für Familienausflüge nutzen konnten. Nach einer Weile bekam Flora den zuständigen Kollegen an den Apparat.
»Hast du dich schon mit Eric Heigls Laptop befasst?«, hörte Peter sie fragen.
Die Stimme des Kollegen drang blechern aus dem Außenlautsprecher ihres Mobiltelefons. »Ist passwortgeschützt. Hab noch nicht ernsthaft versucht, es zu knacken.«
»Probier mal ›Natalie‹«, schlug Peter vor.
»Peter meint, du sollst ›Natalie‹ versuchen«, wiederholte Flora.
»So schlau war ich auch schon. Auch mit allen möglichen Zahlen dahinter und verschiedenen Schreibweisen des Namens, mit und ohne ›h‹. Hat nicht funktioniert.«
Sie schlugen eine Reihe von Namen- und Zahlenkombinationen vor, auf die der Kollege jedes Mal gelangweilt antwortete: »Hab ich schon probiert.«
Flora sagte plötzlich: »Versuch mal ›Nattalie‹ mit zwei t.«
»Wieso?«
Peter, der erkannte, worauf Flora hinauswollte, sagte laut: »Probier’s einfach. Und wenn das nicht klappt, probier’s mit ein paar anderen absichtlichen Schreibfehlern.«
Flora blieb auf Empfang. Undeutlich konnte Peter hören, wie der Kollege grummelnd Erics Laptop bearbeitete. Es dauerte nicht lange. Peter, der an der Brauerei vorbeigefahren war und nun an der Ampel beim Ruffini-Schlössl auf Grün wartete, hörte den Kollegen plötzlich sagen: »Bingo! Nataly mit Ypsilon. Wie seid ihr denn dadrauf gekommen?«
» Sie haben den Jop – ich habe die Muckis «, sagte Flora halblaut und grinste Peter an.
»Sobald ich das kapiert habe, lache ich mit«, stieß der Kollege in der Inspektion hervor.
»Wir sind auf dem Weg in die Dienststelle«, sagte Flora. »Kannst du nachschauen, ob sich irgendwelche Daten über ein Altenpflegeheim finden? Der Pflegeplatz müsste auf den Namen Tristan Heigl lauten.« Sie machte eine Pause, und Peter konnte erkennen, dass sie sich den Eindruck ins Gedächtnis rief, den sie von Eric
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