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Richard Dübell

Richard Dübell

Titel: Richard Dübell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Allerheiligen
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dem Kahlkopf, der mit dem Essen beschäftigt war und nur kurz winkte. Die Pflegerin ging mit ihnen aus dem Zimmer. Peter hielt ihr die Tür auf, damit sie mit dem Tablettwagen besser hindurchkam.
    »Ist Herr Heigl immer so?«, fragte er die junge Frau.
    »Jo«, sagte sie gut gelaunt. »Eijn eijnfachr Patient.«
    Peter schaute ein letztes Mal zu Tristan Heigl. Dieser hatte den Blick gesenkt und musterte nun das Essgeschirr. Langsam, ganz langsam hob sich seine rechte Hand vom Tisch, seine Finger klemmten die Manschette seines Hemds ein, dann wischte er damit über das Essgeschirr, als wären schmutzige Fingerabdrücke darauf. Peter musterte nachdenklich die Pflegerin, dann ließ er die Tür zufallen.
    »Sind Sie Joanna oder Grazyna?«, fragte er.
    »Grazyna.«
    »Sie kommen aus Polen, oder?«
    »Hört man’s?«, fragte Grazyna und lachte. »Aus Winouj Cie komm ich.«
    »Weiter Weg von zu Hause, oder?«
    Die junge Frau legte den Kopf schief. »Wo die Arrbeijt ist, geht der Mensch hin, jo?« Sie gestikulierte zu den anderen Zimmertüren. »Ich muss srviejren. Wiedrsehen, die Herrschaften.«
    »Warum wolltest du das wissen?«, fragte Flora, während sie den halbdunklen Flur entlang wieder zum Ausgang strebten.
    »Weil Tristan Heigl sein Essgeschirr überall da abgewischt hat, wo sie es angefasst hatte. Und war es nicht so, dass Heigls großer Kampf für geschichtliche Wahrheiten nicht zuletzt gegen die Diplomatie der deutschen Behörden im Umgang mit den Polen ging?«
    »Ach, Gott!«, sagte Flora angewidert. »Für seine Ressentiments ist er also nicht zu weit hinüber! Seine Besucher und sein Handy nimmt er nicht mehr wahr, aber wo die polnischen Fingerabdrücke sind …!«
    »Ich bin mir nicht mehr so sicher, ob er uns und sein Handy nicht doch wahrgenommen hat.«
    »Er ist doch nicht mal rangegangen.«
    »Aber wozu hätte er das Ding sonst? Und wieso hat jemand versucht, ihn anzurufen, wenn er niemals rangehen würde?«
    »Und weshalb hätte er für uns eine Komödie spielen sollen?«, fragte Flora.
    »Keine Ahnung«, gab Peter zu. »Und was unseren Besuch bei Heigl betrifft, sind wir genauso schlau wie zuvor. Ein seltsamer Typ. Ich war einen Moment lang versucht, mir das Handy zu schnappen und das Gespräch anzunehmen. Es hätte mich zu sehr interessiert, wer ihn anrufen wollte.«
    »Wir haben noch nicht mal ein Ermittlungsmandat«, warnte Flora.
    Peter seufzte. »Ich weiß. Aber ich glaube trotzdem, ich hätte es tun sollen.«
    Als sie bei der Empfangsloge vorbeikamen, fing die Heimleiterin sie ab. Sie hatte sich umgezogen und trug nun eine etwas weniger strenge Pullover-Jeans-Kombination. »Haben Sie was erreicht?«, fragte sie.
    »Wir haben ein langes und intensives Gespräch mit Herrn Heigl geführt«, sagte Peter.
    »Ach was? Er hatte einen Schlaganfall, kurz bevor er hierherkam. Ich habe ihn noch sprechen gehört. Aber seien Sie versichert, dass er alles mitbekommt, was um ihn herum vorgeht. Darf ich Sie fragen, worum es in Bezug auf Herrn Heigl geht, oder fällt das unter den Begriff ›vertrauliche Ermittlungsarbeit‹?«
    »Letzteres«, sagte Peter. »Wie oft bekommt Herr Heigl Besuch?«
    »So alle zwei Wochen. Sein Sohn Eric und dessen Freundin. Sie bleiben nie lange, aber sie kommen regelmäßig.«
    »Sonst niemand?«
    Die Heimleiterin zuckte mit den Schultern. »Frau Heigl ist verstorben, bevor ihr Mann hier unser Gast wurde. Andere Verwandte oder Freunde gibt es wohl nicht.«
    »Es gibt noch einen zweiten Sohn, Eric Heigls älteren Bruder.« Peter dachte einen Augenblick nach. »Konstantin Heigl.«
    »Den habe ich hier noch nie gesehen.«
    »Wissen Sie, ob Herr Heigl viele Anrufe erhält?«
    »Anrufe? Was sollte er mit einem Anruf anfangen – er kann doch nicht antworten!«
    »Als wir bei ihm waren, hat sein Handy geklingelt.«
    »Das war kein Anruf. Wahrscheinlich war es irgendein Alarm – eine Erinnerung an einen Kalendereintrag oder was weiß ich.«
    »Hat Herr Heigl viele Termine, die er in seinem Kalender einträgt?«, fragte Peter und konnte eine Portion Ironie nicht aus seiner Stimme verbannen.
    Die Heimleiterin zahlte mit gleicher Münze zurück. »Jedenfalls mehr, als er Anrufe empfängt – sein Telefon hat nämlich gar keine SIM -Karte drin.«
    Peter sah aus dem Augenwinkel, dass Flora ihr Mobiltelefon herauszog und schnell darauf herumtippte. Er sah sie mit den Schultern zucken und das Handy wieder einstecken.
    »Also – wenn ich sonst nichts für Sie tun kann …«, begann die

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