Richard Dübell
außerdem, dass Peter, indem er sich nicht meldete, ein Spielchen spielte, das mit der guten alten akribischen Polizeiarbeit nicht vereinbar war. Diese war es aber, die in der Regel zum Erfolg führte und mit der er und Flora bereits zu Tristan Heigl gefunden hatten. Wenn er der Spur, die die Telefonnummer sein könnte, nicht nachging, verhielt er sich nicht anders als Harald Sander, der sich lieber idiotische Fallen für Blofeld ausdachte, anstatt ihm einfach hartnäckig hinterherzuschnüffeln.
»Ach, verflucht«, sagte Peter, der den beiden Stimmen zuhörte und nicht wusste, welcher er nachgeben sollte, und sich außerdem fragte, ob er nicht endlich Ruhe geben und den Abend genießen sollte, anstatt einem Fall nachzugehen, der nicht der seine war. Aber würde er seinen Abend genießen können? Oder würde er, wenn er nicht an Harald Sanders Fall dachte, stattdessen an Harald Sanders Exfrau denken und erst recht keine Ruhe finden?
Vor ihm hatte sich der Pkw hoffnungslos zwischen den parkenden Fahrzeugen neben der freien Parklücke und der Mauer verkeilt, die auf der anderen Seite der kleinen Gasse verlief und diese von der höher gelegenen Altstadt trennte. Der Beifahrer stieg aus. Er war ein junger Mann mit gegeltem Haar, der um das Auto herumging und dem Fahrer mit Handzeichen signalisierte, wie viel Abstand zu dem jeweils nächsten Hindernis bestand. Mit einem Aufwand an Gefuchtel, der es einem Fluglotsen ermöglicht hätte, einen Airbus 380 in die Parklücke zu zwängen, wurde das Fahrzeug schließlich in die Lücke bugsiert. Peter ließ den Volvo weiterrollen, um am Gassenende wieder in die Altstadt hinauszufahren, da fiel ihm das Kennzeichen des Autos auf. Es stammte aus Dingolfing. Der Besitzer des Wagens war alles, nur kein Anwohner.
Der Fahrer schälte sich aus dem Auto. Es war ebenfalls ein junger Mann, ebenso für einen erfolgreichen Sommerabend-Beutefang hergerichtet wie sein Beifahrer. Er hatte einen hochroten Kopf und schien froh zu sein, den Wagen unfallfrei eingeparkt zu haben. Peter sah, wie sein Blick auf das Schild mit der Anwohner-Parkzone fiel und er erstarrte. Peter stieg aus. Die beiden jungen Männer sahen ihn an.
»Ich darf hier nicht parken, oder?«, fragte der Fahrer.
»Richtig«, sagte Peter und lächelte.
»Scheiße«, sagte der Fahrer. »Und wenn ich’s doch tue?«
»Dann findet jemand, der hier wohnt und dafür bezahlt, keinen Parkplatz.«
»Scheiße«, seufzte der junge Mann nochmals. Er wandte sich an seinen Freund. »Lotst du mich wieder raus? Wenn ich einen Kratzer in die Karre mache, bringt Mama mich um.«
Peter bückte sich in den Volvo und holte seine Anwohner-Parkerlaubnis heraus. »He«, sagte er, als der Fahrer sich gerade wieder in seinen Wagen zwängen wollte. Er gab ihm das Schild. »Legt euch das hinter die Windschutzscheibe, und wenn ihr wieder wegfahrt, werft ihr mir das Schild in den Briefkasten. Das ist die Tür da. Der Name ist Bernward. Ich verlass mich auf euch.«
Der Fahrer begann ungläubig zu grinsen und nahm das Schild entgegen, als hätte Peter ihm einen Hunderteuroschein gegeben.
Sein Beifahrer sagte: »Und wenn wir das Schild nicht in den Briefkasten werfen?«
»Für den Fall«, erklärte Peter, »hab ich mir eure Autonummer gemerkt.«
Der Beifahrer, der offensichtlich das Gefühl hatte, dass man einer erwiesenen Gefälligkeit mit jugendlicher Arroganz begegnen musste, fragte: »Und dann zeigen Sie uns an? Bei den Bullen?«
»Nein«, sagte Peter freundlich, »dann komm ich selber und erkläre euch, wie man sich sozialverträglich benimmt.«
»Wie willst du denn das machen, Alter?«, fragte der Beifahrer.
Der Fahrer sagte hastig: »Halt die Klappe, Sebi!« Und zu Peter: »Sorry, er meint es nicht so. Danke fürs Leihen, ich werfe das Schild bestimmt in Ihren Briefkasten, verlassen Sie sich drauf.«
»Der Alte braucht sich nicht so aufzuspielen, nur weil er uns sein verkacktes Schild gibt!«, maulte der Beifahrer weiter.
»Mensch, Sebi, jetzt halt aber wirklich die Klappe!«, zischte der Fahrer.
Peter zog sein Mobiltelefon heraus und wählte eine Nummer. »Kollegen?«, fragte er. »Wenn ihr heute auf Streife geht, haltet die Augen offen nach folgender Person: männlich, achtzehn bis zwanzig Jahre alt, eins neunzig groß, Frisur wie ein explodierter Wellensittich, mit billiger Abdeckcreme zugeschmierte Pickel, blaues Kapuzenshirt von Paul Frank mit einem Affen vorn drauf, der dem Träger erstaunlich ähnlich sieht, eine langweilige Hose und
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