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Richard Dübell

Richard Dübell

Titel: Richard Dübell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Allerheiligen
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eines Hobbyforschers sprach, sondern reine Zuneigung zwischen Vater und Sohn ausdrückte. Ihm schien, dass er seinen Vater seit langem nicht so intensiv wahrgenommen hatte wie jetzt, und das altbekannte Gesicht mit seinem Strahlenkranz von Lachfalten um die Augen und dem ständig dunkel schimmernden Bartschatten zwischen den buschigen weißen Ben-Cartwright-Koteletten wirkte plötzlich wie das eines Mannes, den Peter all die Zeit versäumt hatte kennenzulernen.
    Er seufzte. »Ich seh ihn direkt vor mir, wie er mit seinen Mittelalterklamotten durch die Stadt radelt, um mir zu helfen, einen durchgeknallten Mörder zu fassen, der mich eigentlich gar nichts angeht.«
    Daniel grinste übers ganze Gesicht. »Er würde sagen: Einen Polizisten geht alles was an.«
    »Er würde vom Rad fallen, obwohl es das – wie wir beide wissen – damals noch gar nicht gab.«
    Sie sahen sich an. Daniel zuckte mit den Schultern. »Meinst du, dass noch was von dem Gulasch übrig ist?«
    »Wie oft willst du heute denn noch zu Abend essen?«
    »Ich habe morgen meinen ersten Theaterauftritt. Ich bin nervös, und da muss mein Magen was zu tun haben«, sagte Peters Vater und klopfte sich auf den Bauchansatz.
    »Es ist ein Spektakel für Kinder, sonst nichts.«
    »Und ich hab eine Rolle darin. Mit Text. Das nimmt man nicht auf die leichte Schulter. Du könntest mich nachher noch abfragen, wenn’s dir nichts ausmacht.«
    »Wie lautet denn dein Text?«
    Daniel dachte eine Weile nach. »Seht, dort kommt der Geist des Herzogs!« , deklamierte er dann. »Das wird dein neues Stichwort sein, übrigens. Sagt Connor.«
    »Gut, dass ich das noch rechtzeitig erfahre«, knurrte Peter. »Und weiter?«
    »Das ist alles.«
    »Und das soll ich dich abfragen!?«
    »Je kürzer der Auftritt eines Schauspielers, desto wichtiger, dass er den Inhalt richtig rüberbringt.« Daniel warf sich in Pose.
    »Du musst doch nur ins Dunkle deuten und eine Handvoll Wörter richtig herum sagen.«
    »Sieben Wörter, Sohn. Und ein Komma.«
    »Warte nur, bis morgen hat Connor deinen Text noch zehnmal umgeschrieben«, erklärte Peter garstig.
    »Ein Profi wird mit allem fertig.«
    »Jetzt brauche ich noch eine Portion Gulasch.«
    Als sie zurück ins Haus gingen, sagte Daniel plötzlich: »Hast du den Pizzadienst schon angerufen und dich für das tolle Essen bedankt?«
    »Der Pizzadienst, Pa«, seufzte Peter, »ist eine Staatsanwältin namens Sabrina Hauskeck.«
    »Und sie ist verrückt nach dir«, erklärte Daniel und bewies damit nicht nur, dass er derjenige sein musste, von dem Peter seine ständig wache Beobachtungsgabe geerbt hatte, sondern auch, dass ihm von Anfang an klar gewesen war, wie sich die Angelegenheit mit der vermeintlichen Essensbestellung verhielt.
    »Ja«, sagte Peter. »Aber ich nicht nach ihr.«
    Daniel blieb stehen. Peter erwartete, dass sein Vater nun etwas sagen würde wie »Sie ist doch eine schöne Frau!« oder »Sei nicht dumm, greif zu!« oder »Jemanden, der so kochen kann, darf man nicht entwischen lassen!« Doch Daniel Bernward sah Peter in die Augen und sagte nur: »Du musst deinem Herzen folgen.«
    Peter zuckte mit den Schultern. Er öffnete die Haustür und ließ seinem Vater den Vortritt; dann zögerte er und trat noch mal so weit in die Gasse zurück, dass er den Martinsturm hinter den Hausfassaden der Nachbarschaft aufragen sah. Einer Eingebung folgend, musterte er die kleinen, schmalen Fenster des Türmerkämmerchens. Hinter ihnen war alles dunkel, wie es sich gehörte, und weder ein Oraltheologe noch sonst ein Vogelbeobachter hätte etwas an ihnen auszusetzen gehabt.
48 .
    Konstantin erwachte von einem Gemurmel. Wie üblich war er übergangslos bei Bewusstsein und lauschte.
    »Mäuschen?«, hörte er seinen Bruder leise fragen. »Du kannst nicht rangehen, oder? Bei uns ist alles klar. Morgen bin ich wieder bei dir, okay? Nimm es Stani nicht übel. Ich … na ja … hmmm … also, jedenfalls, Mäuschen – ist alles klar bei dir?«
    Konstantin verdrehte die Augen. Er wartete ab, bis Eric das Gespräch mit der Mailbox beendet hatte, dann sagte er in die Dunkelheit: »Gib mir dein Handy.«
    Er hörte, wie Eric zusammenfuhr. »W … was?«, stotterte er und tat verspätet so, als hätte er geschlafen. »Ah … du hast mich aufgeweckt.«
    »Red keinen Stuss. Gib mir dein Handy.«
    Eric seufzte. Dann leuchtete das Display eines Mobiltelefons auf. In seinem Licht tappte Eric zu der Pritsche, auf der Konstantin lag. Zögernd reichte er seinem

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