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Richter 07

Richter 07

Titel: Richter 07 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gulik
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wandte sich zur Flucht. Ma Jung wollte sich auf den letzteren stürzen, doch es war nicht mehr nötig. Der Krebs ließ die rechte Eisenkugel gegen das Rückgrat des Mannes schnellen; es gab einen dumpfen Schlag, und der Getroffene fiel mit dem Gesicht nach unten zu Boden. Zu gleicher Zeit hatte sich die linke Kette um das Schwert des letzten Strolches gewickelt; gleich einer gereizten Schlange lief sie an der Schwertklinge hoch. Der Krebs ruckte und zuckte, er zog den Mann näher zu sich heran, verkürzte die Kette in seiner anderen Hand und schnellte die Kugel plötzlich ab. Sie traf und zerschmetterte die Schläfe des Gegners. Alles war vorbei.
    Gewandt fing der kleine Bucklige die beiden Kugeln in jeder Hand auf, wand die Ketten um seine Handgelenke und streifte die Ärmel darüber. Als Ma Jung zu ihm hintrat, hörte er eine tiefe Stimme hinter sich brummen:
    »Wieder hast du überdreht!« klagte jemand vorwurfsvoll.
    Es war die Krabbe. Er hatte sich vom kraftlosen Körper des Keulenschwingers befreit, der halb über ihm gelegen hatte, und setzte sich nun, gelehnt an einen Baumstumpf, aufrecht. Er wiederholte verächtlich: »Wieder überdreht!«
    Der Krebs fuhr gegen ihn hoch und sagte gereizt:
    »Eben nicht!«
    »Doch!« sagte die Krabbe fest. »Ich sah, wie du mit dem Ellbogen gearbeitet hast, klar! Dadurch klappte es mit der kurzen Kette nicht.« Er schlug sich auf die hervorstehende Brust, aber der Schlag, der jeden anderen umgelegt hätte, schien ihm selber nichts auszumachen. Dann krabbelte er sich hoch, spuckte aus und schimpfte weiter: »Schlimm dieses Drehen. Ruck, zuck muß es gehen. Aus dem Handgelenk!«
    »Ein Dreh lenkt die Kugel in die Seite!« verteidigte sich der Krebs bitterböse.
    »Es muß aber ein Ruck sein«, beharrte die Krabbe. Er beugte sich über den Keulenschwinger und murmelte: »Schade, daß ich ihm die Gurgel ein bissel zu heftig zwickte.« Dann ging er zum Anführer, der als einziger der Strolche noch lebte. Nach Luft ringend, lag er da und hielt die Hände gegen seine linke Brustseite gepreßt, die ganz in Blut getränkt war. »Wer schickte Euch?« fragte die Krabbe.

    Die Kugeln des Buckligen schnellten ab und schwirrten überall
    »Wir … Li sagte …«
    Ein Blutstrom, der ihm aus dem Mund schoß, hinderte ihn am Weitersprechen. Sein Körper zuckte konvulsivisch, dann lag er still.
    Ma Jung hatte inzwischen die anderen Toten untersucht. Mit unverhohlener Bewunderung sagte er:
    »Ein prachtvolles Stück Arbeit, Krebs! Wo habt Ihr das gelernt?«
    »Ich hab’s ihm beigebracht«, warf die Krabbe ein. »Zehn Jahre lang hochkant stehend. Verpaß es ihm täglich. So ist’s, aber unsre Bleibe ist nicht weit von hier; gehn wir heim und heben einen. Diese traurigen Überreste hier können wir später aufsammeln.«
    Sie setzten ihren Weg fort, der Krebs, immer noch schimpfend, hintendrein stampfend. Ma Jung fragte die Krabbe wißbegierig:
    »Ob ich das wohl auch lernen könnte, Krabbe?«
    »Nee. Gewichtige Burschen wie Ihr und ich können’s nicht. Immer wollen wir unsre Kraft in die Kugeln hineinlegen, und das ist falsch. Man muß sie nur in Bewegung setzen, danach läßt man sie allein arbeiten, man braucht sie nur zu lenken, zu führen. Technisch nennt man es das aufgehobene Gleichgewicht, denn man hängt selbst gewissermaßen zwischen zwei schwirrenden Kugeln, versteht Ihr? Nur kleine, leichtgewichtige Burschen können es fertigbringen. Auf jeden Fall kann man diese Kunst nur im Freien ausüben, wo man viel Ellbogenfreiheit hat. Ich mache die ganze Innenarbeit, der Krebs die Außenarbeit. Wir sind eben ein Zweigespann, versteht Ihr!« Auf eine eingesunkene Hütte deutend, deren riesige Wandbretter Halt an einem mächtigen Eibenstamm fanden, bemerkte er wie nebenbei: »Dort haust Fräulein Ling.«
    Nach einer kurzen Wegstrecke erreichten sie das mit Weiden bestandene Ufer. Ein kleines, weißgetünchtes Haus mit einem Strohdach wurde hinter einem rohen Bambuszaun sichtbar. Die Krabbe führte Ma Jung ums Haus zum gepflegten Garten, der nur aus Reihen von Kürbispflanzen bestand, und lud ihn auf der Holzbank unter der Dachtraufe zum Sitzen ein. Von hier aus hatte man eine gute Aussicht auf die hinter den Weidenbäumen sich dehnende Wasserfläche. Ma Jungs Augen erfreuten sich an der friedlichen Umgebung und blieben schließlich an einem hohen Bambusgestell hängen. Dort waren sechs Kürbisse zur Schau gestellt, ein jeder in verschiedener Höhe vom Erdboden.
    »Wozu ist das da?« war seine

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