Richter 07
wurde uns geboren. Nachdem sie herangewachsen war, begegnete ihr nun Tau Kwangs Sohn Tau Pan-te, und beide schienen Gefallen aneinander zu finden. Ich hegte die zuversichtliche Hoffnung, sie würden eines Tages heiraten. Nach meinem Gefühl würde die Vereinigung unsrer Kinder die alte Freundschaft zwischen mir und Tau Kwang befestigen, meines Freundes also, dessen Tod ich zu rächen versäumt hatte. Doch die von Wen verbreiteten schlimmen Gerüchte schienen Tau Pan-te zu Ohren gekommen zu sein. Ich bemerkte eine Veränderung in seinem Verhalten zu mir.« Er brach ab und blickte den Richter unglücklich an. »Meiner Tochter fiel diese Veränderung bei Tau ebenfalls auf, und in der Folge war sie lange sehr niedergeschlagen. Nun versuchte ich ihr einen anderen Freier zu besorgen, doch wollte sie keinen der jungen Leute haben, die ich ihr vorschlug. Sie ist ein äußerst unabhängiges, ja eigensinniges Mädchen, Herr. Daher war ich freudig bewegt, als sie für Kia Yu-po Interesse zeigte. Ich würde ja einen Mann vom hiesigen Ort bevorzugt haben, den ich besser kannte, doch konnte ich nicht länger ertragen, meine Tochter so unglücklich zu sehen. Denn Tau Pan-te hatte mir deutlich zu verstehen gegeben, daß er endgültig auf sie verzichte, was schon aus seinem Angebot, als Mittelsmann für ihre Verlobung aufzutreten, mit aller Klarheit hervorging.«
Er holte tief Atem und schloß:
»Jetzt wißt Ihr alles, Herr. Einschließlich der Umstände, die mich auf den Gedanken brachten, den Tod des Akademikers als Selbstmord erscheinen zu lassen.«
Richter Di nickte bedächtig.
Da er sich aber jeder Stellungnahme enthielt, erklärte Feng ruhig:
»Ich schwöre beim Andenken meines verstorbenen Vaters, daß alles, was ich Euer Gnaden über Tau Kwangs Tod sagte, die reine Wahrheit ist.«
»Noch weilen die Geister der Toten unter uns, Herr Feng«, ermahnte ihn der Richter feierlich. »Beschwört sie nicht grundlos.« Nach einigen Schlückchen Tee fuhr er fort: »Solltet Ihr mir wirklich die ganze Wahrheit gesagt haben, so müßte hier in der Gegend ein gnadenloser Mörder sein Unwesen treiben. Vor dreißig Jahren tötete er im Roten Pavillon den Mann, der ihn als den heimlichen Liebhaber Jadegrüns entdeckt hatte. Gestern nacht mag er dort wieder zugestoßen haben, diesmal war Herbstmond sein Opfer.«
»Aber der Leichenbeschauer hat doch festgestellt, daß sie an Herzschlag starb, Euer Gnaden!«
Richter Di schüttelte den Kopf.
»Für mich steht das nicht ohne weiteres fest. An Zufälligkeiten glaube ich nicht, Herr Feng. Die beiden Fälle ähneln einander zu sehr. Der Unbekannte hatte schon einmal mit einer Blumenkönigin zu tun; möglich, daß er dreißig Jahre später in den Fall einer anderen verwickelt war.« Er sah Feng Dai scharf an und setzte hinzu: »Und da ich von Herbstmonds Ableben spreche, so muß ich sagen: ich werde das Gefühl nicht los, daß Ihr mir nicht alles gesagt habt, was Ihr über diese Dame wißt, Herr Feng!«
Der Vorsteher schaute ihn mit einem Ausdruck der Verwunderung an, die echt zu sein schien.
»Das wenige, was mir bekannt ist, habe ich Euch gesagt, Herr!« rief er aus. »Der einzige Gesichtspunkt ihres Falles, den ich ausließ, betraf ihr kurzlebiges Verhältnis mit Amtmann Lo. Doch das fanden Euer Gnaden schnell genug selbst heraus!«
»Wahrhaftig, so war es. Gut, Herr Feng, ich werde mir sorgfältig überlegen, welche weiteren Schritte ich unternehme. Das ist alles, was ich gegenwärtig sagen kann.«
Er stand auf und ließ sich von Feng zum Ausgang führen.
Fünfzehntes Kapitel
Richter Di fand Ma Jung, auf ihn wartend, auf der Veranda des Roten Pavillons vor. Er sagte zu ihm:
»Ich habe eine sehr interessante Geschichte vernommen, Ma Jung. Es hat den Anschein, als ob die Lösung aller unserer Probleme in der Vergangenheit verborgen wäre. Deutlicher gesagt: in der Mordsache Tau Kwang vor dreißig Jahren. Wir müssen sofort Fräulein Ling aufsuchen, da nur sie uns einen Anhaltspunkt zur Identifizierung des Mörders von Tau Kwang liefern kann. Haben wir den, so kommen wir auch dem Mörder von Herbstmond auf die Spur. Ich werde …« Er schnupperte mit der Nase in der Luft. »Wieder dieser faulige Geruch hier!«
»Mir fiel er auch schon auf. Wahrscheinlich ein Aas, das irgendwo im Gebüsch liegt.«
»Gehen wir hinein. Ich muß mich umziehen.«
Sie gingen ins Wohnzimmer. Ma Jung schloß die Doppeltüren. Während er dem Richter beim Anlegen eines frischen Gewandes half, sagte
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