Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Richter

Richter

Titel: Richter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carlo Ciancarlo de u Lucarelli Andrea u Cataldo Cammilleri
Vom Netzwerk:
Schwitzen geriet.
    Er hatte nicht lange gebraucht, um die Ricciuti-Brüder zum Mitmachen zu bewegen, im Gegenteil. Sie waren ihm noch so manchen Gefallen schuldig. Oder vielmehr der eine von ihnen, der Jüngere, der früher Raubüberfälle verübt hatte und mehr als einmal zu ihm gekommen war, die Kugeln der Security-Leute im Fleisch. Jetzt hatte er sich mit dem älteren Bruder zusammengetan, Einbrüche und Tresore, doch ein von einem 9er Kaliber zertrümmerter Knöchel machte ihm immer noch zu schaffen, und Sanna stellte ihm unter der Hand und gratis die für die Schmerzmittel nötigen Rezepte aus.
    Du lieber Himmel, wenn er ihnen erzählt hätte, für wen sie hier arbeiten sollten und auch warum, er hätte sie um nichts in der Welt dazu bewegen können. Schongar nicht, wenn er Valentinas Worte verwendet hätte: »Ich bin jetzt auch im Untergrund, wie Sie, eine Ermittlungsrichterin im Untergrund. Also mache ich eine Geheimuntersuchung. Ich hatte eine Scheinfirma des Buchhalters ermittelt und wollte gerade bei der Finanzpolizei eine Beschlagnahmung beantragen. Jetzt bitte ich Sie um eine Geheimbeschlagnahmung ...«
    Doch keine Heimlichtuerei konnte bemänteln, dass das hier Bullenarbeit war. Und für einen Bullen, auch wenn der Bulle ein kleines Mädchen im gestreiften Pyjama war.
    Er trank seinen Pastis aus und kippelte mit dem Stuhl nach hinten, denn die Abendsonne sank rasch unter den Rand des Blechdachs und brannte in seinen Augen. Die Ricciutis hatten gesagt, das sei der beste Moment, um in Büros einzusteigen. Die Angestellten waren weg, der Wachdienst hatte die nächtlichen Runden noch nicht begonnen. Außerdem war das hier ein so gut wie leeres Büro, es dürfte sehr schnell gehen, nein, eigentlich hätten sie sogar schon zurück sein müssen.
    Ein kleiner Junge fuhr auf dem Fahrrad vorbei, klingelnd, als müsste er für freie Bahn sorgen, obwohl niemand vor ihm war. Sanna aber kannte das Zeichen, erhob sich von seinem Stuhl und ging hinein, um sich noch einen Pastis machen zu lassen, während der Wagen mit den Carabinieri draußen langsam vorbeifuhr und um die Kurve verschwand. Dann setzte er sich wieder draußen hin und tauchte die Lippen in die weißliche Flüssigkeit, die trübe das Glas füllte.
    Und er? Warum arbeitete er für einen Bullen? Nein,schlimmer, warum gehorchte er ihr? Während sie ihm alles erklärte und dazu ein vierfaches Rührei verschlang, hatte er fast in Habachtstellung dagestanden, als wäre er tatsächlich ein Maresciallo der Finanzpolizei und nähme ihre Order entgegen.
    Warum? Wegen Ferro? Wegen ihr, weil sie hübsch war, ein anmutiges Wesen mit ihren sympathischen Sommersprossen? Er hatte sie schon nackt gesehen, als er sie ausgezogen, gewaschen und verbunden hatte, er hatte sie berührt, aber da war sie eine Patientin im Koma gewesen, später jedoch, bettwarm und in dem zerknitterten Schlafanzug, war sie wieder eine Frau.
    Oder weil es ihm ebenso wenig gefiel, wie diese Typen hinter dem Rücken und auf Kosten der Leute agierten?
    Sanna hatte keine Zeit, sich eine Antwort zu überlegen, denn da kam der Wagen der Ricciuti-Brüder, bog ab und fuhr auf den Parkplatz hinter der Bar. Nur der Ältere stieg aus. Der Jüngere blieb hinten sitzen, und allein schon an seiner schiefen Haltung erkannte Sanna, dass er sich wieder einmal eine Kugel eingefangen hatte.
    Was war passiert?
    Er wollte zum Wagen gehen, doch der Ältere hielt ihn zurück, indem er ihm die Hand auf die Schulter legte.
    »Nachher. Es ist nichts, und er ist dran gewöhnt. Schau dir erst mal das hier an.«
    Er blickte sich um, ob niemand sie sah. Der Parkplatz war leer. Dann öffnete er den Kofferraum. Drinnen lag ein Mann, in Embryonalstellung zusammengekauert, mit gefesselten Händen und Füßen, einen dunklen blauen Fleck zwischen den Augen.
    »Von wegen, das Scheißbüro sollte leer sein. Der Arsch da war schon am Tresor dran, als wir kamen. Hier, mit der hier hat er auf meinen Bruder geschossen.«
    Er hob sein T-Shirt an. Im Bund hatte er eine Pistole mit aufgeschraubtem Schalldämpfer stecken.
    »Sanna, verfickt noch mal, in was für eine Scheiße hast du uns da reingezogen?«
    Dem Dienstausweis nach war er ein Carabiniere, auch das Foto entsprach haargenau dem Mann mit der Hakennase, der da hinter seinem blauen Fleck auf der Stirn immer noch schlief. Ein Capitano sei er, Capitano Allegretti, Valentina jedoch war sich ziemlich sicher, dass er nicht so hieß und in Wahrheit kein Carabiniere war, auch wegen der

Weitere Kostenlose Bücher