Richtig verbunden
Christinas Besuch vor einigen Wochen passierte es ihr ständig, dass sie sich an Situationen aus der gemeinsam verbrachten Zeit erinnerte. Doch jetzt war wirklich nicht der richtige Zeitpunkt für Tagträumereien.
»Ich habe nicht die geringste Ahnung, wie ich da rangehen soll. Ich weiß, es ist was Elementares. Wir sind erst am Anfang des Themas, aber ich weiß einfach nicht, wie ich die Gleichung lösen soll.«
Intensiv betrachtete Linda die Gleichung. »Okay, die gute Nachricht ist, ich kann dir in diesem Fall helfen. Also …«
Ring. Ring. Ring.
»Verdammt, ein Kunde. Entschuldige.«
Linda blinzelte. Wie hatte sie bloß vergessen können, womit Christina ihr Geld verdiente? »Kein Problem. Soll ich warten?«
»Willst du echt mithören? Ich kann dich auch noch mal anrufen oder …«
Es klingelte erneut.
»Geh ran. Ich warte.«
»Okay.« Ein Räuspern und dann: »Hallo, hier ist Chantal. Schön, dass du anrufst … Hallo, Friedrich. Sag mir, was du mit mir machen willst.«
Diese Stimme hatte Linda schon wieder ganz vergessen. Sie bekam eine Gänsehaut und Christinas verführerischer Körper tauchte vor ihrem inneren Auge auf.
»Oh ja, das klingt gut. Erzähl mir mehr … Oh jaaa …«
Lindas Hand umschloss das Telefon fester. Sie hing an jedem Wort, das Christina hauchte oder stöhnte. Gott, sie wollte diese Frau.
Christina schwieg.
Offenbar sagte der Kunde gerade etwas. Dieser Gedanke riss Linda zurück in die Realität. Christina sprach hier gerade mit einem Mann. Und zwar mit einem Mann, der höchstwahrscheinlich masturbierte. Linda war auf einmal schlecht. Sie stand auf und holte sich ihr Glas Wasser aus der Küche. Sie nahm einen großen Schluck, doch verschluckte sich fast, als Christina wieder sprach.
»Ich bin schon ganz feucht, oh ja, lass dir Zeit. Ja, genau so.« Die Worte waren mehr gehechelt als gesprochen.
Es war kindisch, aber Linda wünschte, das Gespräch irgendwie unterbrechen zu können. Dieser Mann verdiente es nicht, mit Christina zu sprechen. Sie war so viel mehr als eine …
»Fester. Härter. Ahhh.«
Linda knirschte mit den Zähnen. Ihr Körper verriet sie. Sie spürte, wie sie feucht wurde. Sie stapfte ins Wohnzimmer und knallte ihr halb volles Glas auf den Couchtisch. Ein paar Tropfen schwappten über. Während sie ein Kleenex vom Beistelltisch nahm und um das Glas herum den Tisch trocken wischte, legte sie den Hörer zur Seite. Christinas normale Stimme war wesentlich attraktiver. Und die bekamen die Männer, die bei ihr … Linda holte tief Luft. Die Männer, die bei ihr anriefen, bekamen die echte Christina nicht zu hören. Die deutlich attraktivere Stimme, die mit ihrer Mischung aus Verletzlichkeit und Stärke vollkommen verzauberte. Die gehörte nur ihr. Nur mir? Mach dich nicht lächerlich. Meine Güte, sie musste echt wieder zu Verstand kommen. Mit zusammengebissenen Zähnen hob sie den Telefonhörer zurück ans Ohr.
»Oh ja … jaaa.«
Linda musste schlucken. Christina ging scheinbar wirklich in ihrer Arbeit auf. Wie konnte sie bloß …
»Du weißt, wie man eine Frau richtig hart rannimmt«, stöhnte Christina. »Härter? Oh ja, du weißt, was ich mag. Jaaa … mmhhh … ja … ja … ja.«
Linda riss die Augen auf. Hatte Christina gelogen? War sie am Ende gar nicht lesbisch? Was mach ich hier eigentlich? Ich kenne sie doch gar nicht.
»Das war so gut, Baby«, raunte Christina. »Bitte sag, ich krieg später noch mehr von dir.« Kurze Stille. Dann: »Das wollte ich hören, mein Süßer. Bis nachher. Ich werde auf deinen Anruf warten.«
Linda führte das Glas Wasser zum Mund und leerte es in einem Zug. Gib‘s zu, du bist erregt. Sie tippte mit einem Finger gegen das leere Glas. Erregt vielleicht, aber gleichzeitig, ach, sie wusste auch nicht, was sie war. Aber es war definitiv kein gutes Gefühl.
Am anderen Ende der Leitung war ein Räuspern zu hören. »Linda?«
»Ja?« War das meine Stimme? Linda klang heiser. Sie hustete.
»Alles okay? Entschuldige bitte, dass es so lange gedauert hat.« Christina klang wieder ganz normal. Die Wandlungsfähigkeit ihrer Stimme war wirklich erstaunlich.
Es ist ihre Arbeit, sonst nichts. Zumindest hoffte Linda, dass es nicht mehr war. »Kein Problem. Äh, wo waren wir?«
»Bei der Matheformel. Ich hab während des Anrufs nachgedacht. Kann ich nicht die 4x² gegen die 3x² kürzen?«
Linda runzelte die Stirn. »Du hast während des Gesprächs an Mathe gedacht?«
»Außer Mathe konnte ich nichts machen hier«, sagte
Weitere Kostenlose Bücher