Rick 6: Shit happens! (German Edition)
sagte ich. Mir war nämlich nicht klar, ob er das wusste. Schließlich hatte er vier Stunden eingepfercht mit dem Terrorbaby in der Wohnung gehockt. Da konnte man schon mal jegliches Gefühl für die Tageszeit verlieren.
»Dann sieht mich wenigstens keiner flennen«, erwiderte Vladi.
Zum Glück beendete er das Gespräch, bevor er echt noch zu heulen anfing. So ein weinender Vladi, elende Mehl backe, das hätte mir heute locker den Rest gegeben.
Hinnerk war ein Schweinehirte aus dem Ruhrpott. Allerdings war das lange her, inzwischen war er nach Han nover umgezogen und machte nun im Zoo auf Meyers Hof einen auf Stallburschenchef.
Mit ernstem Blick nahm er uns unter seine Fittiche.
»Hömma, Jungens, früher hatten es die Schweine noch richtig gut. Sie lebten draußen auf der Weide, wälzten sich im Dreck, galoppierten über die Wiese, spielten Fangen und ließen sich den lieben langen Tag die Sonne auf den Pelz brennen.«
Oh, wie unfassbar spannend! Bestimmt haben sie auch regelmäßig Formationstänze aufgeführt und sich Gänse blümchen hinter die Lauscher gesteckt, kicherte ich in nerlich. Mannomann, und diese Schweinehirtenhohlnuss sollten wir den ganzen Tag ertragen? Hilfe!
»Heute leben die meisten Tiere in engen Ställen, wo sie sich gegenseitig auf die Haxen treten und nur Abfälle aus schlechten Restaurants zu fressen bekommen …«
… und sich mit ihrem Schweinegequassel auf die Ner ven gehen – schon kapiert.
»Ja«, sagte Finn nachdenklich. »Das ist wirklich sehr schlimm und beunruhigend.«
Lächelnd klopfte Hinnerk ihm auf die schmale Schulter. »Keine Sorge, Junge, auf Meyers Hof, da ist noch alles in Budda.«
»Wie, in Buddha?«, wunderte ich mich.
»Er meint in Butter «, zischte Finn mir zu.
»Ach so«, zischte ich zurück, »ich dachte schon, die Schweine machen hier regelmäßig Yoga und treffen sich einmal im Jahr mit dem Dalai Lama.« Ich prustete los.
Hinnerk fand’s null spaßig. Ganz im Gegenteil. Er ver donnerte mich zum Schweinestallausmisten, während das mitfühlende Finnilein im Innenhof hocken durfte, um auf zupassen, dass Uschi und Rosie es mit dem freien Sauleben nicht zu genau nahmen.
»Weißt du, Junge, so ein Schwein ist ja nicht doof. Und ehe man sichs versieht, ist eins ausgebüxt. Du machst ein bisschen klar Schiff im Hof und auf der Wiese und hast dabei ein Auge auf die beiden.«
Ich fragte mich noch, wie diese übergewichtigen Schwei nedamen bei dem rundherum eingezäunten Innenhof die Flucht gelingen sollte, da hatte Hinnerk mir bereits die Mistgabel in die Hand gedrückt.
»Nun mach mal hinne. Vom Löcher-in-die-Luft-Gaffen ist noch kein Stall sauber geworden.«
Und durch meine extrem begabten Eishockeystürmer hände bestimmt auch nicht!, hätte ich dem Typ gern an die Rübe gepfeffert. Nur sein Blick war megafrostig, fast dro hend, und darum schlappte ich lieber zur ersten Box rüber.
Schwabbeliges Eisbein, was für ’n Dreck! Und wie das hier stank. Dagegen rochen Gismos Hammerpupse er schreckend lecker.
Alles in mir sträubte sich und schrie laut NEIN!!!, als ich die Forke in den Mist stach und eine Ladung in die Schub karre beförderte.
Je tiefer ich mich vorarbeitete, desto übler wurde der Mief. Er brannte in den Augen und erinnerte mich aufs Grausamste an ein Gemisch aus Gülle, Ammoniak und dem fiesen Mentholhustensaft, den ich als Zwerg immer hatte schlucken müssen, sobald ich auch nur einen kleinen Hus ter von mir gegeben hatte.
Leicht würgend presste ich mir die Hand auf Mund und Nase. Nur, einhändig bekam ich natürlich die Gabel nicht hoch. Also zog ich mir den Kragen meines Pullovers bis kurz unter die Glupscher. Aber sobald ich mich bewegte, rutschte das Teil immer wieder runter.
Arschkrampensalat! Das war so widerlich, so erniedri gend, so … oberfies! Und Finn hockte schön im Innenhof und ließ sich die Herbstsonne auf dem Wams brutzeln.
Fluchend schmiss ich die Mistgabel hin und stapfte aus dem Stall. Ich brauchte frische Luft. Dringend! Und außer dem fand ich, dass Finn und ich jetzt ruhig mal die Rollen tauschen konnten. Irgendwas würde mir schon einfallen, um ihn davon zu überzeugen.
Ich trat hinaus. Der Innenhof war leer. Keine Sau weit und breit.
Einen Moment blickte ich mich unentschlossen um, dann machte ich es mir auf dem erstbesten Futtertrog bequem. Ich sog den frischen Sauerstoff ein paarmal hintereinander tief ein, bis meine Lungenflügel sich wieder erholt hatten und das schwummrige Gefühl in meinem Kopf
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