Rick 6: Shit happens! (German Edition)
Linda von der an deren Seite der Windschutzscheibe und startete tatsäch lich den Motor. »Mir reicht’s!«
»Ich bleibe so lange hier drauf, bis du mit mir redest!«, brüllte mein verzweifelter Vater zurück.
Linda hupte. Pa zeigt sich unbeeindruckt.
Finn neben mir war es dafür umso mehr. Er schlotterte regelrecht vor Aufregung.
»Mama, tu das nicht. Denk doch an das Kind!«, kreischte er hysterisch.
Für einen Moment war Pa abgelenkt. Sicher, weil er ka pierte, dass wir längst Bescheid wussten. Er blickte kurz und eindeutig erschrocken zu Finn.
Das nutzte Linda aus. Ruckartig fuhr sie an und stieg dann ebenso scharf auf die Bremse. Pa rutschte seitlich von der Motorhaube, und während er noch um Halt kämpfte, war Linda mit Vollgas aus der Einfahrt gerast.
»Ohne zu blinken!«, keuchte Finn leicht verstört. »Immer vergisst sie zu blinken.«
Mann, wenn der sonst keine Probleme hatte …
Linda war schon fast an Hassos Steinmetzausstellung vorbei, als sie erneut wie irre bremste. Ihr Grashüpfer hop pelte noch ein paar Meter, dann stand er.
Wie auf Kommando stürmten wir los. Finn war natürlich wieder der Schnellste – null Plan, wie der das immer hin kriegte. Er war so blass und schmal, und eigentlich deutete bei ihm nichts darauf hin, dass er sportlich war. Und trotz dem ließ er uns stets mit runtergelassenen Sporthosen hin ter sich – sogar Wutz, die Superrakete.
Vor Lindas runder Knutschkugel saß Gismo. Mitten auf der Straße. Total allein. Er glotzte uns ebenso baff an wie wir ihn. Zu allem Überfluss ging ihm eine von seinen be rühmt-berüchtigten Katerstinkbomben ab. Zum Glück ver puffte sie an der frischen Luft, bevor sie uns böse in Augen und Nase brennen konnte. Aber das Knattern rief einem dennoch den Geruch ins Gedächtnis.
»Gismo, du Stinker!«, fluchte Finn. Er stürzte sich auf ihn und presste ihn mit geschicktem Griff an sein schmales Brüstchen.
»Wie kommt der denn hierher?«, wunderte auch ich mich. Gleichzeitig machte sich eine unglaubliche Erleich terung in mir breit. Einmal, weil wir Gismo nun wieder eingefangen hatten – auch wenn wir überhaupt nicht mit bekommen hatten, dass er ausgebüxt war. Zum anderen, weil Linda ihre Kiste so heftig hatte absaufen lassen, dass sie nicht mehr anspringen wollte. Der Anlasser hustete kratzend. Ansonsten geschah nichts. Egal, wie verzweifelt sie es versuchte und auf das Lenkrad eindrosch. Kein noch so deftiger Fluch, keine noch so fiese Drohung verhalf ihr zum gewünschten Erfolg.
»Danke, lieber Gott, falls es dich gibt, dass du mich er hört hast«, flüsterte Pa mit ganzer Inbrunst, als Linda end lich die Autotür öffnete.
»Mausebackenzähnchen, was tust du nur?«, keuchte er und drückte sie an sich.
»Das sind die Hormone«, flüsterte Finn mir zu. »Die ma chen die Frauen ganz kirre im Kopf.«
Keine Ahnung, ob die kirre machenden Hormone dafür verantwortlich waren oder Linda einfach nur nicht Mau sebackenzähnchen genannt werden wollte. Jedenfalls be freite sie sich aus Pas Umarmung und brüllte: »Philipp! Lass mich los! Und egal wie, mach, dass mein Auto wieder anspringt! Und dann, verdammt, triff eine Entscheidung und verpeste unser Familienleben nicht länger mit deiner schlechten Laune. Das halte ich nicht mehr aus.«
Was für ’ne Ansprache! Prompt verschwand Pas Lächeln, als hätte jemand die Rollos runtergezogen.
»Die Hormone«, flüsterte Finn gleich noch mal entschul digend, und ich konnte nur denken, dass das wirklich ab artige Biester sein mussten.
»Linda, bitte, es ist nicht so einfach. Lass uns reingehen und in Ruhe reden«, beschwor Pa seine Gemüsebeißerin auf Hormontrip.
Doch die stand nur wie eine aufgeplusterte Henne da und schepperte ihm ein verächtliches »Worüber?« entgegen.
Pa hob die Hände, ließ sie fallen, bekam erste Anzeichen von Schnappatmung und sagte schließlich: »Okay, wenn es dir so wichtig ist: einverstanden!«
Falls Pa hoffte, damit sei alles wieder paletti, hatte er sich übel tief in den Finger geschnitten.
Tonlos wiederholte Linda sein letztes Wort, bevor sie ihm mit einer dramatischen Geste gleich mehrere Piep vögel hintereinander zeigte. Dann machte sie auf dem Ab satz kehrt und stürmte ins Haus zurück. Ihre Knutschkugel ließ sie einfach mit geöffneter Fahrertür mitten auf der Straße stehen.
Pa hastete ihr zum dritten Mal nach und Finn und ich konnten uns nur kopfschüttelnd angucken.
»Die Hormone«, sagten wir wie aus einem Mund.
Letzten Samstag
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