Rico, Oskar und das Herzgebreche
einen ganz jungen noch dazu. Das Köpfchen war gefleckt wie einer von Irinas russischen Zupfkuchen, aber der Körper war komplett weiÃ; nur um den Ansatz vom Schwanz herum schloss sich ein witziger kaffeebrauner Kringel. Leider waren die Beine des Winzlings sokurz, dass er der fürchterlichen Ellie kaum folgen konnte. Die hatte schon nach ein paar Schritten eine Geschwindigkeit drauf wie ein Düsenflieger kurz vorm Abheben und riss ihn gnadenlos hinter sich her. Er war so tapsig und er tat mir so leid, dass mir das Gehirn einfach wegschmolz. Ich sprang auf und wollte ihm nachstolpern, aber Oskar hechtete hinter mir her, grapschte geistesgegenwärtig nach den Handschellen an meinem Hosenbund und hielt mich zurück.
»Bist du übergeschnappt?«, zischte er. »Die erkennt dich doch garantiert, sobald sie dich sieht! Und dann weià sie, dass was nicht stimmt.«
»Aber er ist doch noch so klein! Wenn sie mit Porsche vor einen Bus läuft und ihm was passiert â¦Â«
»Wer ist Porsche?«
»Na, der Jack Russell.«
Beim Anblick des Hundchens hatte ich sofort an den coolen Wagen vom Kiesling gedacht, diesen richtig alten Porsche, der so aussieht, als käme er kaum noch in die Gänge, aber in Wirklichkeit geht er ab wie Lotte. Genau wie Jack Russells. Die haben total kurze Beine, aber sie können rennen, als wäre der Teufel hinter ihnen her, oder sie hinter dem Teufel, um ihm ein Stück aus dem Hintern zu beiÃen. Jedenfalls wenn sie erwachsen sind.
»Ja«, flüsterte ich. »Porsche.«
Wir folgten der Ellie bis zur nächsten HauptstraÃe, mit ordentlich Sicherheitsabstand. Ich pfiff ein kleines Lied, damit ich unauffällig aussah. Das Lied hatte eine sehr sehnsuchtsvolle Melodie, weil ich ständig Porsche anschauen musste. Er zog und zerrte unterwegs wie verrückt an der Leine. Der kannte sich in Berlin genauso gut aus wie ich â also gar nicht â und hätte die Stadt bestimmt gern erkundet. Aber die Wandbeck lieà ihm dazu keine Zeit. Sie zog ihn jedes Mal mit einem bösen Ausruf hinter sich her, wenn er wo stehen bleiben und schnüffeln wollte. Pipi lieà sie ihn schon gar nicht machen.
Und plötzlich hatte das sehnsuchtsvolle Lied in meinem Kopf sogar einen Text. Einen feierlichen Text nennt man eine Odu, und meine ging so:
ODU AN PORSCHE
Es war einmal ein kleiner Hund,
kerngesund,
kugelrund â
Zupfekuchenränzchen.
An Pfosten schnuppern fand er fein,
hob hier ein Bein,
hob dort ein Bein â
Laternenpullertänzchen.
Odu geliebtes Porschetier!
Komm zu mir,
bleib doch hier â
Kaffeekringelschwänzchen.
An der HauptstraÃe angekommen, hielt die Ellie auf einen Taxistand zu.
»Mist!«, entfuhr es Oskar.
Die Ellie stieg in einen der dort wartenden Wagen. Sie riss das erschreckt auffiepende Hündchen gnadenlos an der Leine zu sich rauf auf den Sitz. Dann Tür zu, RUMMS, und weg war sie. Ich guckte ihr böse nach. Hoffentlich pinkelte Porsche dieser Tierquälerin unterwegs auf ihren schicken Rock.
»Können wir uns ein Taxi leisten?«, sagte Oskar neben mir.
Ich schüttelte den Kopf. »Das meiste von meinem Geld ist vorgestern fürs Eisessen draufgegangen. Der Rest vorhin für die U-Bahn. Tageskarten.«
»Na gut â¦Â« Oskar kaute auf der Unterlippe rum. »Es bringt nichts, wenn wir vor ihrer Haustür warten, bis sie wiederkommt. Davon wissen wir immer noch nicht, wo sie war. Also Rückzug und Plan B?«
»Rückzug und Plan B«, bestätigte ich.
Wir hatten gehofft, dass die Ellie mit den Ãffentlichen fahren würde. Sich ihr an die Fersen zu heften wäre dann einfach gewesen â das war unser Plan A. Wir hatten aber auch überlegt, dass sie womöglich ein Auto besaà und es deshalb schwierig werden könnte mit einer Verfolgung. Wen sollten wir dafür anheuern? Oskar kannte gar niemanden mit einem Auto und ich nur zwei Leute. Einer davon war der Kiesling mit seinem Porsche, aber die waren beide im Urlaub. Die andere war Irina mit ihrem schicken kleinen Flitzer, aber auf Irinas Hilfe konnten wir leider nicht zählen. Als Mamasunsterblich beste Freundin würde sie unseren Plan garantiert sofort verraten.
Weiber also mal wieder!
Aber wir hatten ja noch Plan B.
Berts kam uns aus dem Hof entgegen, als ich die Dieffe 93 gerade aufgeschlossen hatte und die Haustür aufdrückte. Er schob seine
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