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Rico, Oskar und der Diebstahlstein

Rico, Oskar und der Diebstahlstein

Titel: Rico, Oskar und der Diebstahlstein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Steinhöfel
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fehlenden Schlüssel hatte der Bonhöfer hinter uns abgeschlossen, und der steckte bereits im Schloss. Der andere könnte für das Haus in Prerow sein, weil über der freien Stelle auf dem Tulpenbrett auch so ein Herzchen gewesen war. Den Schlüssel müsste Julia sich nach dem Kalbstein-Diebstahl abgeholt haben, oder der Bonhöfer hatte ihn ihr schon gestern bei der Beerdigung gegeben. Kann also sein, er hat von Julias Plan gewusst, aber Oskar meinte, rein körpersprachenmäßig betrachtet, wäre das nicht rauszukriegen gewesen.
    Die Schlussfolgerung
    Julia hat sich, nachdem sie den Kalbstein geklaut hat, an die Ostsee abgesetzt, in einen Ort namens Prerow auf einer Halbinsel, die zur Bernsteinküste gehört und von der ein Stück Darß heißt und ein Stück Fischland und ein Stück Zingst. Aus Mathe weiß ich, dass das drei Drittel sind, und frage mich, warum dann diese Insel eine Hälfte sein soll, aber gut … Auf dem Darß besitzt Julias Vater ein Häuschen mit Reetdach, für das er Julia den Schlüssel überlassen hat. Und da hängt sie jetzt rum, mit oder ohne ihren Freund, der entweder ein Auto hat oder auch nicht – nämlich das, von dem Oskar und ich aus Frau Dahlings Fenster raus die Rücklichter gesehen haben. Und Julia hat meinen Kalbstein entweder mitgenommen oder auch nicht, wobei man dann schon gerne wüsste, was sie damit ausgerechnet an der Ostsee will, aber das ist mir eigentlich egal, denn selbst wenn sie ihn nicht mitgenommen hat, will ich von ihr wissen, wo sie ihn versteckt hat. Jetzt müssen wir die blöde Kuh bloß noch finden.
    Für Porsche hatte ich glücklicherweise ein passendes Transportmittel, so einen Reisekäfig für kleine Säugetiere, aus stabilem grünem Plastik mit Schlitzen drin, damit ein Tier unterwegs eine Aussicht hat. Der Bühl hat den Käfig von der Arbeit mitgebracht. Eine Kollegin von ihm hatte eine Katze gehabt, aber dann war sie vor ein Auto gelaufen und größtenteils überfahren worden und musste eingeschläfert werden. Also, die Katze. Seitdem hatte das Körbchen bei der Kollegin nur noch herumgestanden zum mahnenden Angedenken daran, dass man gefälligst immer die Haustür abschließen sollte, wenn man ein Haustier in einer Großstadt hält.
    Porsche sträubte sich, als ich ihn in den Reisekasten zu stecken versuchte. Er stemmte sich mit den Vorderpfoten gegen den Boden und fiepte jämmerlich. Logisch, der Kasten roch ja schließlich nach Katze.
    Â»Wart mal!«, murmelte ich.
    Ich lief ins Bad und holte ein Duftbäumchen aus der Schublade mit den Reinigungsmitteln. Danach roch der Reisekasten angenehm nach Vanille, aber Porsche ging trotzdem erst rein, als ich ein Hunde-Schokodrops in die hinterste Ecke legte, und nach viel gutem Zureden. Ich packte noch rasch seine Leine ein. Danach war ich so fertig mit den Nerven, dass ich erst mal selber zwei Drops essen musste.
    Oskar hatte auch nur einen kleinen Rucksack bei sich, als er auf mein Klingeln die Tür öffnete. »Der Bus fährt bald ab!«, flüsterte er und hob seinen Uhrenarm. »Warum hat das so lang gedauert?«
    Â»Porsche. Alles klar mit Lars?«
    Â»Kein Problem.«
    Ich holte tief Luft. »Dann fahren wir jetzt echt an die Ostsee?«
    Oskar grinste und zog sachte die Tür hinter sich ins Schloss. »Aber so was von!«

    Im Berliner Hauptbahnhof ist es fürchterlich. Kalt und zugig. Unzählige Rolltreppen und gläserne Lifts fahren rauf und runter, runter und wieder rauf, von Ebene zu Ebene. Menschen wimmeln und wuseln mit ihrem Reisegepäck durch die Gegend, stehen vor Fahrkartenautomaten oder Infoschaltern oder Anzeigetafeln, flitzen in Geschäfte rein und wieder raus, und ab und zu knallen sie ineinander, weil ein Kind mit einem grünen Tierreisekäfig unerwartet stehen bleibt und sich hilflos umschaut in diesem spiegelglatten Glaspalast, der aussieht, als hätte der Erfinder der Bingotrommel sich überlegt, das Ganze auch mal als riesigen Kasten zu versuchen, nur mit lebendigen Menschen drin statt mit Kugeln und leider auch ohne Stopptaste für den Motor.
    Fürchterlich.
    Unser Zug fuhr auf Gleis 8 ab, das war unterirdisch. Es war nur ein Regionalexpress, und zwar einer, den wir verpassen würden, wenn wir nicht ordentlich Tempo machten, erklärte Oskar. Er schob sich auf der Rolltreppe abwärts geschickt zwischen Leuten

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