Riedripp: Kriminalroman (German Edition)
ein kleines, leeres Marmeladenglas mit in die Badewanne genommen. Zuerst füllte ich es mit dem Badewasser und als dann der ersehnte Entspannungsfurz kam, stülpte ich das Marmeladenglas geschickt über eine größere Gasblase und schraubte noch unter Wasser den Deckel auf das Glas. Ich hatte einen Furz gefangen. Dieses Glas stellte ich kopfüber in das Gefrierfach meines Kühlschrankes und gefror es schonend, nach allen Regeln der Kunst, ohne es zum Zerplatzen zu bringen, ein. Immer wieder mal reibe ich den kristallinen Frostbelag des Glases ab und bewundere die eingefrorene Gasblase. Ich bin wohl der einzige Mensch auf der Welt, der einen eingefrorenen Furz sein Eigen nennen darf. Am meisten jedoch freut mich das Gesicht des Forschers, der in ungefähr 5.000 Jahren auf meinem Grundstück Ausgrabungen macht und das Marmeladenglas mit dem alten Wannenwasser und der Duftblase entdeckt. Er wird es irgendwann im Labor öffnen und der alte Furz wird für immer verloren sein. Der Forscher wird monatelang herumrätseln, was das Wasser wohl für eine Bedeutung für die einfältigen Menschen damals hatte, und wird es dann als kultisches, heiliges Wasser definieren.
»Was hast du?«
Cäci tippte zart mit ihrem hübschen, rechten Zeigefinger an ihre hübsche, rechte Schläfe.
»Spinnst du eigentlich, kannst du nicht wie andere Motorradfahrer ein Winterauto kaufen, einen Passat oder so was? Du könntest dir von deinem Erbe einen knallroten Ferrari als Winterfahrzeug leisten und kaufst dir einen alten Traktor. Den Geiz hast du von deinem Vater geerbt. Einen knallroten Ferrari!«
Zur Bestätigung ihrer Argumentation tippte sie noch einmal kräftig gegen ihre Schläfe. Ich fing mit ihr nun keinen Streit an, warum ausgerechnet ein knallroter Ferrari für unsere winterschneereiche, oberschwäbisch hügelige Landschaft kein geeignetes Winterfahrzeug ist, und meinte nur:
»Lass meinen Vater aus dem Spiel, außerdem weißt du genau, dass es nicht der Geiz ist. Und ohne das Erbe meines Vaters wären die Mädels nicht so hinter mir her.«
Drohend hob sie die Hand, lächelte und fiel mir um den frisch gewaschenen Hals.
»Spinner!«
Ich erzählte ihr die Neuigkeiten, die der Rektor mir preisgegeben hatte.
»Meinst du, der Tobi hat mit der Sache was zu tun?«
»Keine Ahnung, aber wenn da was dran ist, dass er mit der Alexandra was hatte … Im Unterricht habe ich nichts davon bemerkt. Aber irgendwie war er in letzter Zeit doch ruhiger.«
»Warum soll er sie umbringen, wenn er was mit ihr hatte? Ich bring dich ja auch nicht um. Und wenn, dann würde ich nicht Körperteile bei mir oder dir ans Haus hängen.«
»Vielleicht war er auf irgendjemanden eifersüchtig?«
»Ich versteh das Ganze nicht, das macht alles keinen Sinn. Die Leichenteile sind auf dem Bauernhof, die Leiche wird aber im Ried versteckt. Vielleicht war es ja anders herum, eine Eifersucht auf Tobi, und die Rache ist, die Geliebte in Einzelteilen an die Scheune zu hängen.«
»Das sind alles nur Spekulationen. Ich werde mal mit Tobi reden.«
11 Nebelfluch
Die Psalmen
109:17 Er liebte den Fluch – der komme über ihn; er verschmähte den Segen – der bleibe ihm fern.
109:18 Er zog den Fluch an wie ein Gewand; der dringe wie Wasser in seinen Leib, wie Öl in seine Glieder.
Abends brachen wir mit Cäcis Auto zum spontan einberufenen Sonderstammtisch nach Saulgau in den Bohnenstengel zu Didi auf. Sie fuhr.
An und für sich fahre ich gern. Aber nicht mit so einem Auto. Ich würde nie selbst mit einem roten Auto fahren – außer vielleicht mit einem roten Mustang, auch ein Thunderbird in Rot wäre noch akzeptabel oder ein Chevi Impala. Frauen lieben rote Autos. Nicht nur, dass mir die Farbe von Cäcis Wagen, einem Produkt der Adam Opel GmbH, Schwierigkeiten bereitete, es war auch die Form. Wie konnte man Scheinwerfer wie Kulleraugen aussehen lassen, eine Stoßstange, die den Entgegenkommenden angrinste, zwei überdimensionierte Außenspiegel, die an Segelohren erinnerten? So was kaufen nur Frauen, ein Auto, das wie Benjamin Blümchen aussieht. Fehlte nur noch, dass beim Betätigen der Hupe ein fröhliches Töööörööööö erklingt. Ich fühlte mich unwohl und hielt mich leicht verkrampft, die Beine weit nach vorn gestemmt, am Beifahrersitzhaltegriff fest.
Der Nebel war so dicht, dass die Geschwindigkeit des lächerlichen Automobils kaum einzuschätzen war. Die Stämme der Birkenallee durch das Ried waren selbst vom Beifahrersitz aus am
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