Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Riedripp: Kriminalroman (German Edition)

Riedripp: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Riedripp: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Boenke
Vom Netzwerk:
ragte aus der Motorhaube. Er warf einen Verteilerfinger aus dem Motorraum. Ohne herzuschauen rief er zum Motor:
    »Hi Dani, brauchst was für die Harley?«
    »Nein, anderes Problem.«
    »Hä?«
    Der stattliche Mittvierziger bewegte ächzend den unsichtbaren Teil seines massigen Körpers aus dem rostroten Kadett B, Baujahr 1966.
    »Da wird man wenigstens noch dreckig!«
    Zum Beweis streckte er mir seine radkappengroßen Hände entgegen, sie unterschieden sich in Größe und Farbe kaum von denen unseres Pfarrers Deodonatus Ngumbu.
    »Die heutigen Scheißkisten, da kann man ja im Sonntagshäs ran, da wirst du keinen Scheiß dreckig.«
    Ich verstand ihn. Ich schilderte ihm mein Nebel- und Mobilitätsproblem.
    »Den Kadett kannst du nächste Woche mitnehmen, ist aber fast zu schade für den Dreckswinter!«
    »Ich will aber kein Auto. Du hast doch sonst immer Ideen.«
    Herrmann kratze sich ausgiebig mit einem 32er Gabelschlüssel am Hinterkopf.
    »Komm mit, ich weiß was. Das gefällt dir. Das ist der Hammer!«
    Er führte mich durch die Werkstatt in den Hinterhof.
    »He, komm mit! Das war ja klar, dass du wieder an dem Scheiß-Kalender hängen bleibst.«
    »So viel Zeit muss sein, Herrmann.«
    Ich studierte Miss Oktober vom Pirelli-Kalender ›Perlen des Orients‹ und blätterte noch einmal zurück zu Miss März. Das Korsagenkleid, der breite Hut, alles in schwarz …
    »Hängst du wieder bei deiner Scheiß-März-Kuh? Jetzt komm, ich hab nicht ewig Zeit! Der Kalender ist eh Scheiße, früher waren die wenigstens nackig.«
    Herrmanns Hinterhof sah aus wie ein schlecht geführter Autofriedhof. Er stand neben dem Objekt und grinste breit, tätschelte die massive, rote Motorhaube und ich wusste, dass es mal wieder goldrichtig war, Herrmann den Großen, Herrmann den Retter, Herrmann den Nothelfer zu konsultieren.
    Herrmann stand neben einem Porsche, einem Porsche Diesel, genauer, einem Porsche Diesel Junior Baujahr 1958 mit echten 14 Pferdestärken. Der Traktor war in einem erbärmlichen Zustand. Die ehemals zweifarbige Lackierung in Rot und Gelb war entweder stumpf oder abgeblättert. Rost war an allen Ecken und Enden.
    »Der sieht nur scheiße aus, technisch alles okay. Baujahr 58, Einzylinder. Braucht kaum Diesel. Und 30 läuft der auch. Da bist du in 20 Minuten in deiner Scheiß-Schule, aber locker! Und nass wirst du auch nicht. Die Kabine sieht zwar scheiße aus, aber der Vorbesitzer hat sogar ne kleine Heizung eingebaut. Wann brauchst du ihn? Wahrscheinlich gestern?«
    Ich schaute mir den Dinosaurier noch einmal genau an. Mit der aufgesetzten Kabine, die an einem armdicken Überrollbügel befestigt war, sah der Traktor aus wie ein Mini-U-Boot.
    »Morgen.«
    »Okay, Donnerstagabend – mit TÜV. Drei!«
    »Wie viel?«
    »Verdammt noch mal, das ist ein Liebhaberstück! Meine Kinder müssen auch was zu essen haben.«
    »800.«
    »Nie. Zwei. Ich kanns mir nicht leisten, wie du im Gurmen-Tempel rumzuhängen.«
    »Wo?«
    »Na, im neuen Gurmen-Tempel. Der Kleber Post. Pure Lebensfreude und so. Da hängst du doch abends am Tresen.«
    »Du meinst wohl Gourmet-Tempel?«
    »Ja, sag ich doch.«
    »Tschüss, Herrmann, deinen hungrigen Kindern wünsche ich jetzt schon viel Spaß beim Entsorgen des Schrottplatzes.«
    »Okay, Einsfünf.«
    »Tschüüüss. Ich geh jetzt, mir wirds langsam kalt.«
    »Okay, weil du es bist, letztes Wort – 1.000! Scheiße!«
    Unsere Hände klatschten ineinander, wobei meine dadurch schwarz wurde, seine aber überhaupt nicht weißer.
     
    Zuhause angekommen bedurfte mein fröstelnder Körper zuerst eines Wannenbades. Die Fahrt und das Herumgestehe in Herrmanns schattigem Hinterhof hatten mich bis in die Knochen hinein ausgekühlt. Wie immer legte ich mich in die leere Wanne, die ich zuvor heiß ausgeduscht hatte. Dann ließ ich das Wasser ohne jegliche Badezusätze, die Temperatur allmählich steigernd, langsam einlaufen. Sobald die Brust vom dampfenden Wasser bedeckt war, stoppte ich den Wasserzufluss mit meinem rechten großen Zeh, da ich meinen Kopf immer im Osten liegen hatte, somit am weitesten entfernt vom Wasserhahn. Und jetzt war relaxen angesagt. Schon bald zeigten sich die ersten Erfolge gänzlicher Entspannung, zwischen meinen Oberschenkeln blubberten frech ein paar Bläschen an die Oberfläche des heißen Wassers. Ein Wannenfurz. Was gibt es Schöneres als dieses zart ploppende Geräusch, wenn die Gasbläschen an der Wasseroberfläche zerplatzen?
    Einmal sogar hatte ich für ein Experiment

Weitere Kostenlose Bücher