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Riemenschneider

Riemenschneider

Titel: Riemenschneider Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tilman Röhrig
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zieht sie die Knie leicht an und öffnet ihm den Weg. Die Härte in ihr ist fremd, schmerzt, doch dann fühlt sie, wie Wärme ihren Schoß aufwölbt. Magdalena atmet rascher, sie will, bewegt sich dem Stoßen entgegen. Da befällt sie jähe Furcht. »Kein Kind. Bitte, kein Kind!« Keuchen in ihrem Rücken, Rupert zieht sich zurück, und gleich entringt sich ihm ein klagendes Stöhnen.
Nach langer Stille hört Magdalena ihn flüstern. »So ein Glück. So ein großes Glück.«
Sie schließt die Augen und lächelt.
Stuttgart/Freiburg

Der Herbst des Jahres 1510 verwöhnt. Else räkelt sich, sie blinzelt in die Oktobersonne. Unter dem Lager aus gehäufeltem Stroh rumpeln die Räder des Fuhrwerks, um sie herum stehen, gut vertäut, Fässer mit gepökelten Felchen vom Bodensee. »So bequem könnt es für immer sein.« Behutsam schmiegt sie ihre Wange wieder an seine Brust. Die Hemdschlaufen sind geöffnet. Schweiß und noch viel mehr … tief saugt sie den Duft in sich hinein.
Seit die frisch Vermählten unterwegs sind, kann Else die Nase nicht von ihm lassen, will sie ihn atmen. »Nein, schon im Gasthaus, da fing’s an. Hat gar nicht gedauert. Gleich in der Hochzeitsnacht konnt ich meinen Joß so gut riechen.«
Drei Wochen erst. Vor drei Wochen hat der schöne Fremde sie beim Kirchweihfest in Stockach angesehen; den ersten Becher mit Wein nahm sie noch zögerlich an, beim dritten dann lachte sie schon, wenn er nur schmunzelte. Viel erzählt hat ihr Joß Fritz nicht. »Drüben von der Schweizer Seite her bin ich mit dem Ruderboot über den See gekommen.« Sie bewunderte sein schwarzes Lederwams, den weiten weißen Hemdkragen, die Stulpenstiefel. »Ich bin nur eine Magd, Herr. Und diene bei dem Kaufmann …«
»Damit ist jetzt Schluss.« So dunkel und warm die Stimme. Er strich mit der Fingerkuppe behutsam über das Grübchen an ihrem Kinn. »Endlich hab ich dich gefunden. Nun sollst du meine Hausfrau werden.«
Else hatte nichts zu sagen gewusst, nur genickt, und bald schon segnete der Pfarrer das Paar. Nach der Hochzeitsnacht nagte doch ein Bedenken am Brautglück. »Nach drüben?« Sie deutete in Richtung Schweiz. »Zu denen?«
»Aber nein.« Er nahm sie bei der Hand. »Ich bringe dich ins Badische. Dort stamme ich her, dort gehören wir hin.« Er hob seine Gemahlin in den Sattel und stieg hinter ihr auf. »Zuvor aber muss ich noch im Schwäbischen einen Besuch abstatten.« Mit festem Griff fasste er ihre Schultern. »Eins noch, und ich will es nicht mehr wiederholen müssen.« Unvermittelt wurde sein Ton kühl und hart. »Frag mich nie, was ich tue oder wohin ich gehe. Nie, hörst du? Du erfährst von mir alles, was du wissen darfst. So ist es sicherer für dich.«
Ein langer Ritt und mühselig, doch ehe der harte Sattel für Else zur Qual wurde, fand ihr Joß stets einen barmherzigen Fuhrmann, zuletzt den Fischhändler am Mittag. »Guter Freund, unser Gaul ist müde, wir sind müde.« Sie durften das Pferd hinten anbinden und zu den Fässern aufsteigen. Schnell hat Joß in der Mitte etwas Raum geschaffen, ihn mit Stroh ausgepolstert.
Else streichelt über die Haare seiner Brust und ringelt ihren Zeigefinger in eine Locke. »Ja, meinetwegen könnt es so immer sein.«
Unterhalb von Stuttgart sitzt das Paar wieder auf, und nach einer Nacht in der Herberge trottet das Pferd mit den beiden ins Remstal. Bei Beutelbach erkundigt sich Joß Fritz: »Wo finde ich den Bauern Peter Geiß?«
Der Weg wird ihnen gewiesen, und gegen Mittag reiten sie in den Hof ein. Hunde kläffen, springen gegen die Halsketten an. »Wer kommt?« In der Haustür steht die Bäuerin, ihre vier kleinen Kinder starren das fremde Paar neugierig an.
Joß lüftet seinen breitkrempigen Hut und lässt die Feder schwingen. »Schöne Frau, sei gegrüßt. Joß Fritz ist gekommen, um einige Worte mit deinem Mann zu wechseln.« Er springt ab und hilft Else aus dem Sattel. »Und dies hier ist meine Angetraute. Ist sie nicht ein Juwel?« Galant nimmt er ihre Hand. »Und dies sage ich nicht nur, weil wir erst vor einigen Wochen gehochzeitet haben.«
»Willkommen.« Sehr zögerlich stellt sich bei der Bäuerin ein Lächeln ein. »Dann wartet dort, Herr. Ich gebe Bescheid.« Ehe sie das älteste Kind beauftragen kann, nähert sich vom Stall her ein breitschultriger Mann, Haar und Bart sind angegraut, hervorstehend die Wangenknochen. In den hellen Augen brennt Wachsamkeit. »Wer bist du?«
»Ein Freund. Joß Fritz. Ein einfacher Bauer wie du. Ich muss mit dir reden.

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