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Riemenschneider

Riemenschneider

Titel: Riemenschneider Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tilman Röhrig
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nichts gegen die Mutter meiner Kinder, gut ist sie und tüchtig. Aber sie schweigt nicht. Gut, ich hätte ihr nicht davon erzählen sollen. Es ist nun mal geschehen. Gleich danach aber hab ich zu ihr gesagt, misch dich nicht ein, das ist meine Sache. Aber sie hört nicht auf, fängt immer wieder davon an.« Wie zum Schwur hob er die Hand. »Glaub mir, wenn Hedwig nicht wär, dann hätte ich mich heute bei dieser Hitze nicht hergequält. Sondern …«
Er unterbrach sich, weil die Magd frisches Brot und Schinken auf den Tisch legte, die Becher füllte, und erst als sie nach einem Knicks wieder im Haus verschwunden war, begann er neu: »Du weißt, wie hoch ich deine Arbeit schätze. Weit und breit kenne ich keinen besseren Bildschnitzer.«
»Danke. Es ist gut, wenn der Auftraggeber zufrieden mit der Leistung ist.« So hohl verklangen die Sätze. Beide Männer fühlten sich unbehaglich und griffen gleichzeitig nach ihrem Wasser.
Der Bürgermeister drehte den Becher in den Händen. »Wohl wahr. Nicht nur das Menschenpaar. Ich hab mich letzten Februar dafür eingesetzt, dass du auch noch den Auftrag für die zwölf Apostel bekommen hast.«
»Ich bitte dich, Georg, komm zur Sache.« Til stemmte seine Ellbogen auf und faltete gefasst die Hände. »Was ist geschehen? Will mir der Rat die Apostel wieder wegnehmen? Sag’s nur. Noch war ich nicht in Königshofen. Bis jetzt hab ich keinen einzigen Stein für die Heiligen ausgewählt.« Weil der Bürgermeister ihn nicht unterbrach, glaubte sich Til auf dem richtigen Weg und sprach jetzt schneller: »Keine Kosten sind entstanden. Sicher, einen Ausgleich müsste ich schon bekommen, denn beide Seiten haben ja den Vertrag unterschrieben.« Er lächelte dünn. »Entweder beauftragt mich der Rat mit anderen Figuren oder … Nun, über die Summe müssten wir uns einig werden … Warum schüttelst du den Kopf?«
»Es geht nicht um Petrus und die anderen.« Georg Suppan wischte sich wieder den Nacken. »Vielleicht aber doch, wenn’s stimmt und die Würzburger sich aufregen. Oder erst die Herren vom Domkapitel.« Jetzt dämpfte er hinter vorgehaltenem Tuch seine Stimme. »Und nicht auszudenken, was unser frommer und allergnädigster Greis da oben dazu sagen würde.« Bedeutungsvoll hob er den Blick in Richtung der fürstbischöflichen Burg und senkte die Augen wieder. »Guter Freund, es betrifft das Menschenpaar. Und ganz besonders die Eva.«
»Nein.« Mit einem Ruck löste Til die verschränkten Finger, schon lagen beide Fäuste auf der Tischkante. »Ich hab den Adam erschaffen. Und kein Bildschnitzer außer mir kann ihm eine Eva geben.«
»Mag sein. Aber … was für eine Eva?« Offen blickte ihm der Bürgermeister in die Augen. »Ich hab gehört, dass du sie nach einem Modell arbeitest … nach einem lebenden, nackten Weib.«
»Von wem weißt du das?« Til runzelte die Stirn und schloss die Augen. Sie war nicht wiedergekommen. Zwei Wochen hatte er gewartet und dann die Hoffnung aufgegeben. »Wer behauptet, dass ich nach einem lebenden Modell arbeite?«
»Einer von unsern Stadtpfeifern, dieser Hans Bermeter.« Mit abfälliger Geste wischte der Bürgermeister den Namen vom Tisch. »Ein übler Bursche. Erpressen wollte er mich und den Stadtrat. Stell dir vor, anderthalb Gulden verlangte er für sein Schweigen.«
»So etwas ist wirklich übel«, murmelte Til. Er rieb die Lippen aufeinander. Einen Gulden wollte ich als Lohn geben. Also hat Magdalena unser Geheimnis verraten, um noch mehr zu verdienen? Nein, nicht sie, niemals. So sehr kann ich mich nicht in ihr getäuscht haben. Der Bauer war es, aber nicht Magdalena. »Und du hast diesen Bermeter weggeschickt?«
»Auf der Stelle. Und hätte ich einen Stock gehabt, ich hätte ihn aus dem Rathaus hinausgeprügelt.«
Die Fäuste öffneten sich. »Damit ist die Angelegenheit doch aus der Welt?«
»Für mich schon lange. Nur eben für meine Frau nicht. Sie gibt keine Ruhe. Versteh mich recht, ich frage nicht, brauche nur eine Antwort, mit der Hedwig zufrieden sein kann.«
Kein Zögern mehr, rasch erhob sich Til: »Entschuldige mich für einen Moment.« Auf dem Weg zum Querhaus zog er die Mütze vom Kopf und schlug sie immer wieder heftig gegen den Oberschenkel. Staub wirbelte hinter ihm her in die Werkstatt.
Wenig später kehrte er mit einem großen Papierbogen zurück. »Ich zeig dir meine Eva.« Schinken und Brot schob er zur Seite, sein Gast stellte Krug und Becher neben sich. Mit behutsamer Geste glättete Til das Blatt auf dem Tisch.
Lange

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