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Riemenschneider

Riemenschneider

Titel: Riemenschneider Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tilman Röhrig
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nach dir.« Schon lachten die Umstehenden.
Florian eilte zu Katharina und zog sie von der Gruppe weg hinter das Abtritthäuschen. »Was tust du hier?«
»Ich wollte dich …« Katharina bat mit dem Blick um eine Zärtlichkeit, wenigstens ein Lächeln. Er sah über die Schultern, dann drückte er sie flüchtig an sich. »Du … Nein, du kannst nicht einfach herkommen. Nicht jetzt.« »Aber ich musste. Das neue Vierteljahr fängt an. Da wollte ich den Gulden bei deiner Mutter abholen. Wir haben das Geld dringend nötig. Oder warst du schon bei ihr?«
»Nein. Hatte noch keine Zeit.« Florian streichelte nun doch ihren Rücken. »Ich könnte ja Hans fragen, ob du für ein paar Tage hier bei mir bleiben kannst. Oben unterm Dach. Das Zimmer ist eng, aber es langt für uns.«
»Schöner wär’s, wenn du mit nach Hause kommst.« Sie schmiegte die Stirn an seine Halsbeuge. »Weil ich dir was verraten muss. Aber du darfst nicht böse werden.«
»Versprochen.«
»Florian, du … du wirst Vater.«
»Ach was.«
»Und ich, ich werde Mutter. Ganz bestimmt. Ich weiß es.« Er hielt sie von sich, sah ihr ins Gesicht und begriff langsam. »Ein Kind? Aber wir haben …?«
»Nicht immer«, flüsterte sie, und ihre Nasenflügel bebten. »Manchmal nicht. Das kann doch geschehen in der Nacht. Wenn wir im Halbschlaf … Nicht böse sein, bitte!«
Florian kratzte heftig das unrasierte Kinn, die Wange. »Mein Kind. Und ich bin Vater …« Er fühlte nach ihren Brüsten und strich vorsichtig über den Bauch. »Dick ist er noch nicht. Ja, ein Kind wäre gar nicht so schlecht. Und die Schweineblase brauchen wir jetzt auch nicht mehr.«
»Adjutant!« Bermeter stand an der Ecke des Abtritts. Erschrocken wich Florian von ihr zurück, und der Hauptmann drohte ihm feixend mit dem Finger. »Du geiler Hengst. Wir müssen los. Später kannst du deine Stute bespringen.«
»So war das nicht.« Florian ging auf ihn zu. »Nicht so, wie du meinst.«
Entschlossen kam Katharina zu Hilfe: »Weil wir ein Kind bekommen.«
Das Grinsen erstarrte. Bermeter schob seinen Federhut aus der Stirn, die schwarzen Augenpunkte starrten auf den Bauch, dazu spitzte er die Lippen und pfiff einige Töne. »Ein Balg?« Gefährlich sanft klang die Frage. »Jetzt, da wir kurz davor sind, reich und mächtig zu werden?« Er schnippte Florian. »Du musst dich entscheiden, und zwar sofort …« Er zog ihn einige Schritte beiseite, sprach leise, stieß immer wieder mit dem Finger gegen die Brust seines Gehilfen, dann tätschelte er die Wange und schickte ihn zurück.
Das Blut war Florian aus dem Gesicht gewichen. »Für ein Kind ist jetzt nicht die richtige Zeit, sagt Hans. Erst wenn wir gewonnen haben, dann wäre es richtig.«
»Was meinst du damit?« Katharina betastete fahrig ihre Unterlippe. »Ich hab … das Kind ist doch im Bauch …«
»Weg, meint der Hans. Das geht leicht, meint er …«
»Nicht, Flori. Das darfst du nicht sagen … Bitte, bitte nicht … gar nicht denken darfst du so was.«
»Adjutant! Die Männer wollen los! Wir ziehen zum Markt. Diese Chance dürfen wir nicht verpassen.« Er schlug mit der flachen Hand gegen die dünne Wand des Abtritts. »Meine Lisbeth regelt das schon. Und nun los. Na, wird’s bald!« Florian wollte noch ihre Schulter berühren, kam nicht mehr dazu und lief seinem Herrn nach.
Benommen wie nach einem Schlag, taumelte Katharina tiefer in den Garten hinein und musste an einem Baumstamm Halt suchen. »Flori, es ist doch unser Kind.« Wieder überkam sie Übelkeit, sie würgte, doch das Elend blieb. Katharina weinte. Als der Lärm hinter ihr und im Haus längst verstummt war, stand sie immer noch unter dem Baum, die Stirn an den Stamm gepresst.
»Hier bist du, Kindchen.« Lisbeth berührte ihre Schulter.
»Nein!« Katharina floh entsetzt vor der Frau des Spielmanns. »Das darfst du nicht.«
»Langsam, langsam.« Lisbeth stemmte die Hände in die Hüfte. »Du glaubst doch nicht etwa. Nein, Mädchen, hab keine Angst, ich nicht …« Vor Empörung wucherten rote Flecke auf den runden Wangen. »Diese Kerle. Ja, er hat’s mir im Vorbeigehen gesagt. ›Mach dem Schaf das Balg weg.‹ Einfach so. Mit dem Stößel hab ich hinter ihm her gestoßen. Leider hab ich nur deinen Nichtsnutz getroffen, aber der hat’s sicher auch verdient.« Ihr Blick wurde weich. »Ist es denn wahr?«
Katharina nickte. »Den dritten Monat schon kommt kein Blut mehr.«
»Und ich wollt immer eins, aber er hat’s verboten.« Lisbeth winkelte den Arm so, als legte sie ein

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