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Riemenschneider

Riemenschneider

Titel: Riemenschneider Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tilman Röhrig
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stürzten die Bilder ein. Vier Reiter ohne Gesichter … Jakob hängt am Strick, zerschunden, das Fleisch schwarz verbrannt … Sie nickte langsam, schüttelte den Kopf. »Jakob, mein armer Jakob. Bei ihm war es auch so. Die Blutzapfen hatten ihn zwischen sich. Ein Sonntag war es. Ich stand oben auf der Wiese und sagte zu Els: Lass uns zur Kirche und Hilfe holen! Wir sind doch viel mehr als die da unten. Aber die Schwägerin hat nur gesagt. Keiner wird helfen, jeder hat Angst.«
Rupert stand auf, schöpfte Wasser aus der Kanne, trank gierig, füllte den Becher erneut und brachte ihn seiner Frau. »Jetzt sind die Gedanken auch bei dir. Das wollte ich nicht, ich mein, dass du wieder dran denken musst.«
Magdalena nahm einige Schlucke. »Auch wenn es so lange her ist … Vergessen? Nein, das werde ich niemals.« Rupert setzte sich ans Fußende. »Die Narben gehen nicht weg. Und die Zähne krieg ich auch nicht wieder. Aber wenn der Bermeter recht hat mit dem, was er sagt, was vielleicht kommt. Dass die Bauern alle aufstehen und die Herren davonjagen …«
»So weit kommt es bestimmt nicht. Dieser Kerl ist und bleibt ein Aufschneider.«
Rupert ließ sich nicht beirren. »Und wenn es nur halb so kommt, dann wär es doch wenigstens eine kleine Gerechtigkeit für deinen Jakob und meine Mädchen und die Frau.« Seine Stimme wurde dunkler. »Und denen helfen würd ich auch …«
»Du bist kein Bauer mehr«, unterbrach ihn Magdalena hastig, nurum ihn zu schützen, dann versuchte sie zu erklären: »Was sollst du denn in Rothenburg oder im Odenwald?«
Er hob den Finger. »Da nicht. Aber ich hab gehört, dass die Bauern nach Würzburg wollen, wenn sie genug sind.«
»Gerede vom Bermeter. Ich glaub nicht dran.« Entschlossen leerte Magdalena den Becher und legte sich zurück. Florian. Mein eigener Sohn zieht mit diesem Kerl und seinen Kumpanen durch die Straßen … Bis jetzt hat er mich nicht besucht … Magdalena seufzte und drehte sich auf die Seite, doch Schlaf fand sie bis zum Morgen nicht mehr.
Oben auf dem Marienberg wagte niemand mehr, langsam zu gehen. Wer von den Mägden oder Pferdeknechten, den Beamten und Ratgebern den Burghof nahe des Bergfrieds überqueren musste, der eilte, blickte ernst und geschäftig, weil er nicht wusste, wer ihn vom ersten Stock aus durchs Fenster beobachtete. Seit den Nachrichten aus Rothenburg und dem Odenwald war der Hohe Herr, Fürstbischof Konrad von Thüngen, ungehalten, und wer in solchen Zeiten beim Müßiggang oder gar vergnügtem Tratsch ertappt wurde, dem gnade Gott.
Bischof Konrad ging im Vorzimmer seiner Gemächer auf und ab. Kleine harte Schritte, und im gleichen Takt diktierte er dem Privatsekretär Lorenz Fries den Brief an seine Ritterschaft: »Konrad, von Gottes Gnaden Bischof zu Würzburg und Herzog zu Franken, dem ehrsamen …« Er ließ den Zeigefinger in der Luft kreisen und befahl: »Hier fügst du den Namen ein, und setze ein warmes Wort hinzu. Wir benötigen Hilfe und wollen deshalb äußerst freundlich sein. Und nun weiter: Lieber Getreuer, sicher weißt du längst, dass sich die Bauernschaft in Schwaben, insbesondere im Hegau, Klettgau, am Schwarzwald, im Ried und am Bodensee und an vielen anderen Orten wider die Fürsten, Prälaten, Grafen, Herren und den Adel erhoben hat …«
Die Feder kratzte übers Papier, kaum vermochte Lorenz Fries den Sätzen nachzukommen. »Bitte um Vergebung, Herr. Zuletzt schrieb ich: dass sich auch die Bauern um Rothenburg ob der Tauber versammelt haben, bisher zweitausend an der Zahl, ebenso im Odenwald, und wie zu vermuten ist, sich gegen ihre Obrigkeit auflehnen wollen.«
Bischof Konrad unterbrach seine Wanderung nicht; nach einem ungnädigen Blick zum Schreibpult formulierte er weiter: »Nun ist dieses Verhalten offener Aufruhr …« Er beschwor jeden einzelnen Ritter, nicht zu zögern und sofort das Haus zu sichern, Pferd, Waffen und Knechte zu rüsten. Unverzüglich solle er aufbrechen und sich am 5. April auf der Burg einfinden. Am folgenden Tag sollte dann beratschlagt werden, wie dieser Empörung und den sicher daraus erwachsenden Gefahren zu begegnen sei. » … denn Wir wollen Uns ganz auf dich verlassen, in Gnaden Uns später erkenntlich zeigen und die Unterstützung niemals vergessen.« Nun stand Konrad hinter dem Sekretär. »Datum: 29. März, Mittwoch nach Laetare anno 1525. So, dieses Schreiben geht noch heute an meine zweiundneunzig Getreuen. Lass deine Hilfen sofort mit den Kopien beginnen.«
Im Eilschritt brachte Fries

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