Riemenschneider
muss. Alle Männer müssen das jetzt.«
Aus einem warmen Gefühl heraus wollte sie dem Kleinen durchs Haar wuscheln, unterließ es und erkundigte sich stattdessen bemüht ernst: »Beschützen? Auch uns Frauen?«
»Das weiß ich nicht so genau.« Gründlich zog er die Nase hoch. »Aber ich glaub schon. Nur Mädchen nicht, nein, die überhaupt nicht.«
»Würdest du mir helfen?«
Endlich eine Aufgabe. Sofort reckte er die schmächtige Brust und nickte.
»Mein Korb. Er ist da hineingerollt. Und ich kann ihn nicht selbst wieder rausholen.«
»Ist in dem Korb was drin?«
»Nein, leider nicht.«
»Na, auch egal.« Wie ein umsichtiger Kämpfer sicherte er rechts und links die Lage, ehe er zwischen den Hauswänden eindrang, kehrte gleich mit dem kleinen Korb zurück, wischte den gebogenen Henkel am Kittel ab und übergab ihn Katharina. »Das wär erledigt.«
»Du bist sehr mutig.« Sie schenkte ihm einen anerkennenden Blick. »Mit Männern wie dir ist die Stadt in Sicherheit.«
»Ich muss jetzt weiter. Die machen die Gräben vor der Stadtmauer sauber. Da sind gute Sachen drin.« Schon marschierte er in Richtung Pfaffentor los.
»Viel Glück!«
Ohne sich umzudrehen, versicherte er: »Ich find immer was.«
Katharina sah ihm nach. »So einer wäre auch schön. Waschen würd ich ihn. Ein neuer Kittel und Sandalen …« Auf dem Weg ins Hauger Viertel überlegte sie, wie Florian früher als Junge ausgesehen hatte. »So wie heute, nur schöner … oder?« Sie rieb sich die Stirn. »Ach, Liebster, wirst du dich freuen?« Sie hatte es ihm schon vor zwei Wochen sagen wollen.
Aber Hans Bermeter war nach Mühlhausen gekommen: »Adjutant! Gute Nachrichten aus Rothenburg.« Der Spielmann rieb sich die Hände. »Komm sofort mit. Ich hab’s in der Nase. Dieses Mal verbrennen sie den Pfaffen und Herren wirklich den Arsch.« Er zog Florian nach draußen. »Und wenn es bei uns in der Stadt losgeht, dann müssen wir dabei sein. Die Gäule holen wir vielleicht später.«
Keine Zeit hatte er dem Ehemann gelassen, ohne Abschied waren sie am Bach entlang davongegangen und unten in der Kehre verschwunden.
Katharina wollten ihnen nicht nachlaufen, hatte auch nicht gewagt, ohne triftigen Grund nach Würzburg zu gehen. Jetzt aber, Anfang April, war die Gelegenheit günstig. »Hans kann nicht behaupten, ich würde Florian nachspionieren.« Sie näherte sich der Gasse nahe des Judenkirchhofs. »Ich musste in die Stadt kommen.«
Aus einer Spelunke torkelten Männer, an der Seite trugen sie Schwerter, einige schwangen sogar Morgensterne, dabei grölten sie ausgelassen, trafen an der Ecke andere Saufkumpane und zogen zur nächsten Schenke.
Ängstlich wartete Katharina, bis sie außer Sicht waren. »Ich dachte, wir haben Montag. Warum arbeiten die Leute nicht?«
Die Haustür stand offen, lautes Stimmengewirr quoll nach draußen. Im Flur standen Männer, palaverten, und Weinkrüge wanderten herum.
»Darf ich vorbei?« Katharina zwängte sich hindurch bis zur Küche. Auf der Schwelle stand Lisbeth, den Busen erhoben, das Gesicht gerötet, und in ihren Fäusten hielt sie den langen Butterstößel. Kaum entdeckte sie Katharina, entrang sich ihr ein Aufstöhnen. »Ach, Kindchen, du hast in dem Durcheinander noch gefehlt.«
»Was ist hier? Eine Feier?«
»Ach was. Eigentlich sind die Kerle nur gekommen, um den Hans abzuholen. Und was macht der Herr, er gibt ihnen von unserm Weinfass. Weil das alles seine Freunde sind, hat er gesagt.« Lisbeth rümpfte die Nase. »Als ob der Hans jemals so viele Freunde hatte. Glaub ich nicht. Bisher kenn ich nur deinen Florian und den Schnappenspengler und noch einige. Aber mit einem Mal, ich glaub seit einer Woche, da werden es immer mehr Kerle.« Grimmig wog Lisbeth den Butterstößel. »Nur in meine Küche kommt mir keiner von denen. Bin nur froh, wenn sie endlich losziehen. Auf der Straße können sie meinetwegen machen, was sie wollen. Aber nicht hier.«
»Gleich los?« Die Stimme zitterte. »Wo ist er?«
»Deiner? Der ist im Garten bei Hans und den anderen.«
»Ich will nur … Ich komme gleich zurück.« Katharina ging zur Hintertür. Gleich erkannte sie die wippenden Federbüsche auf den Hüten, sah neben dem grün und rot gefärbten seinen Hut, den mit den blauen Federn. Hans Bermeter stand im Kreis der Kumpane. Einige erkannte Katharina wieder, sie waren im letzten Herbst oben im Tal zu Besuch gewesen.
»Na, sieh mal, wer da ist?« Der Spielmann hatte die junge Frau entdeckt. »Adjutant! Dein Weib hat wohl Sehnsucht
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