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Riemenschneider

Riemenschneider

Titel: Riemenschneider Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tilman Röhrig
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Worten zusammenrücken lassen.«
Martin verschränkte die Hände hinter dem Rücken und ging einige Schritte auf und ab. »Du kannst dich also nicht mit dem Text anfreunden?«
»Anfreunden?« Meister Joseph fasste den Ballen aus Hundehautam Stiel und deutete vor sich auf das Satzschiff. »Wenn Ihr mich so fragt und ich meine Meinung sagen darf, Doktor: Schlimm ist der Text und … und, verzeiht mir, nicht christlich.«
»Was verstehst du schon?«
»Nichts, Herr.« Das große Auge starrte furchtlos den Gelehrten an. »Nur weiß ich genau, was ich noch vor vierzehn Tagen von Euch gedruckt habe. Das klang ganz anders. Da habt Ihr den Bauern noch freundlich zugeredet, sie sollten nicht Gewalt üben. Und Ihr habt auch die Fürsten ermahnt, dass sie das gut bedenken sollten, was die armen Leute fordern. Diese Flugschrift war für beide Seiten gedacht. Aber jetzt …« Er schwenkte den Ballen einige Male durch die Farbkiste und schwärzte die Druckplatte. »Nein, Herr, das hier hilft dem Frieden nicht.«
Martin trat einen schnellen Schritt vor, musste tief atmen, bis er die Stimme wieder in der Gewalt hatte. »Kennst du die jüngsten Nachrichten? Weißt du, wozu diese Teufel im Stande sind? Nein? Nun dann will ich dir von Weinsberg unten bei Heilbronn erzählen …«
Und er berichtete vom elenden Tod des Helfensteiners und seiner Ritter. Meister Joseph hatte noch den Papierbogen aufgelegt, war auch mit der Bürste schon die ersten Male fest darübergefahren, dann stand er mit offenem Mund nur da und hörte das Entsetzliche.
»Großer Gott …«
»Und diese Unmenschen nennen sich Christen, berufen sich auf mich.« Vor Aufregung fehlte der Speichel, Martin hustete, fuhr mit der Zunge über die Lippen. »Aber ich bin nicht der geistige Führer dieser Empörung. Nichts hab ich mit ihr gemein. Die Unholde gefährden alles, was schon erreicht ist. Es geht um meine Reformation.« Er hielt inne und setzte ruhiger hinzu. »Verzeih! Du siehst, ich musste diesen Text schreiben. Nun lass uns den Andruck sehen.«
Nicht mehr ganz so ablehnend in der Körperhaltung, drückte und rieb Meister Joseph mithilfe der Bürste den Papierbogen glatt auf die Lettern und hob ihn dann im Schwung einer Woge ab. Martin folgte dem Drucker zum Holztisch. Umrankt von Geäst und Gitterornamenten, stach der Titel in fetten Lettern hervor: »Wider die räuberischen und mörderischen Rotten der Bauern.«
Ohne die feuchte Schrift zu berühren, deutete Martin auf die ersten Zeilen. »Hier sag ich’s doch klar und deutlich. Weil sie sich nicht an meine Ermahnungen gehalten haben, sondern rauben und toben wie rasende Hunde, deshalb musste ich nun diese Schrift verfassen.«
»Aber, Doktor, Ihr schreibt jetzt so, als läge die Schuld nur auf einer Seite, Ihr klagt allein die Bauern an, verurteilt nur sie allein.«
»Und warum? Aufruhr, mein Freund, Aufruhr ist das schlimmste Übel …« Martin suchte die Stelle. »Hier: Denn Aufruhr ist nicht ein schlichter Mord, sondern wie ein großes Feuer, das ein ganzes Land anzündet und verwüstet …« Er betonte jedes Wort: » … Also gebiert Aufruhr ein Land voller Morde und furchtbaren Blutvergießens. Er macht Witwen und Waisen und zerstört alles wie das allergrößte Unglück.« Zorn und Eifer übermannten Martin, lauter drohender wurde seine Stimme: »Darum soll jetzt zuschlagen, würgen und stechen, wer da kann, und zwar heimlich oder öffentlich. Und er soll dabei denken, dass es nichts Giftigeres, Schädlicheres, Teuflischeres geben kann als einen aufrührerischen Menschen. Es ist so, wie man einen tollen Hund totschlagen muss: Schlägst du ihn nicht, so schlägt er dich und gleich ein ganzes Land mit dir.«
Meister Joseph schob das Lupenglas langsam vom Auge hoch in die Stirn. »So ganz ohne Erbarmen? Das macht mir den Text so schwer.«
»Verstehst du immer noch nicht? Denk an Weinsberg! Es ist schon zu spät.« Erneut wollte Martin seinen Text antworten lassen, ließ alle Vorsicht außer Acht und tippte mit dem Finger immer wieder auf den Absatz: » … Darum darf jetzt nicht geschlafen werden. Es zählen auch nicht mehr Geduld oder Barmherzigkeit. Jetzt ist die Zeit des Schwerts und des Zorns und nicht die Zeit der Gnade. So soll nun die Obrigkeit getrost vorrücken und mit gutem Gewissen dreinschlagen, solange noch Blut durch ihre Adern rinnt.«
Meister Joseph betrachtete den Papierbogen, beugte sich über die nun verschmierten Zeilen. »Und auch dafür gibt es in der Bibel eine Rechtfertigung?«
»Aber ja,

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