Riemenschneider
auf den Grund, ohne abzusetzen, dann starrte er in die Flammen. »Weißt du, Junge, lieber möchte ich im tiefsten Turm bei den Türken liegen, als vor dem Bauernhaufen herzureiten.«
»In der Türkei? So weit weg?« Thoma nahm einen Schluck aus dem Krug. »Dann sind mir die Bauern schon lieber. Und, Herr, weil es nun nicht mehr zu ändern ist, solltet Ihr das Beste aus dem Unglück machen. So wie immer.« Jetzt erst erinnerte er sich an seine Pflicht und füllte auch den Becher seines Herrn.
»Bist ein kluger Bursche und hast viel von mir gelernt.« Götz drehte sich ihm zu. »Ich werde ihnen einen Feldhauptmann geben, den sie bald leid sein werden.« Er setzte an, doch ein neuer Gedanke ließ ihn innehalten. »Sinterius. Mein Sekretär muss mit. Ganz sicher werde ich unterwegs viel zu schreiben haben. Sag dem Federquäler, er soll sich bereithalten, und dass er mir ja genug Papier mitnimmt!«
Nur acht Tage? Götz versuchte es mit dem geringsten Angebot. Die Gesichter der Bauernführer blieben verschlossen. Gut, dann eben einen Monat, länger aber nicht. Jetzt hellten sich die Mienen etwas auf. Wendel Hipler und Georg Metzler waren einverstanden. In einem Monat konnte der Sieg errungen werden. Viel länger glaubten sie, die Bauern auch nicht beisammenhalten zu können, viele wollten, mussten zu ihren Höfen, Häusern und Hütten zurück. So schlecht waren in diesem Jahr die Felder bestellt.
»Zunächst sehen wir bei den Pfaffen nach.« Der erste Vorschlag des neuen Feldherrn gefiel. »Wir nehmen uns das Kloster Amorbach.«
Ein Handstreich, und die Horden des Hellen Haufens plünderten; nahmen Gewänder, Kostbarkeiten und verwüsteten die Bibliothek, weil sie sich mit Büchern nicht belasten wollten. Sie raubten die Früchte, den Wein, alles Vieh; aus der Küche nahmen sie Schüsseln, Töpfe und Pfannen, selbst die einfachen Betten der Mönche trugen sie fort. »Auf so was Feinem hab ich noch nie gelegen.«
Der Bürgermeister von Amorbach flehte: »Legt kein Feuer. Unsere eigenen Häuser stehen zu nah.« Und großzügig gewährte ihm Götz die Bitte und befahl nur den Abbruch der Gebäude. Im Angesicht der reichen Beute waren die vielen Fähnlein und Rotten des Hellen Haufens mit ihrem Führer zufrieden.
»Auf nach Würzburg!« Während der Beratung wienerte Georg Metzler die Schwertklinge mit einer Schwarte. »Es wird Zeit, dass wir dort den Oberpfaffen aus seinem Stuhl kippen.« Die Fähnleinführer klatschten ihm zu. Doch Götz hob warnend die Eisenhand. »Denkt nach, Freunde! Fürstbischof Konrad ist nicht unser Feind. Nicht nach Osten, nicht Würzburg. Unser großer Gegner ist der Truchsess. Gegen ihn müssen wir ziehen. Nach Westen, sage ich.«
»Feighals. Adelsschwein.« Von wem das böse Gezischel stammte, war nicht auszumachen, niemand aber widersprach. Götz gab nicht auf: »Leute, wir müssen dem Feind unsern Bauch zeigen und nicht den Rücken. Denkt doch an Weib und Kind. Zieht ihr jetzt auf Würzburg zu, dann werden die Bündischen nachziehen und erst eure Häuser, dann eure Hintern versengen.«
»Wir ziehen nach Würzburg!« Die Mehrheit im Rat stimmte dafür.
Am Abend befahl Götz seinem Sekretär, die Feder zu spitzen. Bis in die Nacht diktierte er, und Sinterius setzte das Gesagte in schöne Sprache um. Später las er seinem Herrn den Brief vor: »Hochwürdiger Fürst und Herr. Euer fürstliche Gnaden sollen wissen, dass ich durch Empörung des gemeinen Haufens der Bauernschaft überwältigt und gegen meinen Willen in diese Vereinigung gezwungen wurde. Ich habe mich ebenso wie viele andere Edelleute nicht wehren können. Entschuldigungen und Ausflüchte nutzten nichts, ich wurde sogar gezwungen, die Führung dieser Horden zu übernehmen …«
Während der Sekretär alle Gründe im Einzelnen aufzählte, nickte Götz und rieb das Kinn mit der Kuppe des nackten Armstumpfes.
» … Lieber wäre ich davongeritten, hätte mein Hab und Gut im Stich gelassen, aber mein Leben und das meiner Lieben wurde bedroht, und ich konnte nicht anders handeln. Da sich die Lage nun mehr und mehr zuspitzt, muss ich mit tiefem Schmerz Euch meine Treue und mein Lehen aufkündigen, obwohl ich Euer Gnaden und dem Stift von Herzen zugetan bin. Dies zu schreiben befiehlt mir meine Ritterehre.«
»Gut so, das mit der Ehre, das wird dem Hohen Herrn gefallen. Und er wird sich gern an mich erinnern.« Der Ritter ließ sich von Thoma entkleiden, über die Schulter befahl er dem Sekretär: »Nicht das Datum von heute. Ich will etwas
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