Riley - Die Geisterjägerin - Noël, A: Riley - Die Geisterjägerin - N.N. 4 (nach "Radiance" - The Riley Series)
gewünscht hatte – und mich damit von meinen eigenen Plänen abgelenkt.
Trotz Bodhis Warnung und obwohl ich die Risiken kannte, unterschied ich mich nicht von meinen Vorgängern, wie sich nun herausstellte. Ich war gerade erst angekommen und war bereits in die Falle getappt.
Wenn ich Theocoles retten wollte – von mir selbst ganz abgesehen –, dann musste ich mich viel vorsichtiger und wachsamer verhalten. Und vor Messalina musste ich auf der Hut sein. Ich konnte es mir nicht leisten, dass sie mich noch einmal um den Finger wickelte.
Ich musste das tun, was meine Aufgabe erforderte, und dann so schnell wie möglich von hier verschwinden. Sonst würde ich hier für immer als Aurelia stecken bleiben – als ein Mädchen, das sich so sehr von mir unterschied, dass mich niemand mehr finden würde.
Dacian mochte zwar die Nummer eins auf meiner Liste der süßesten Jungs sein, aber ich war hier, um eine Aufgabe zu erledigen – und ich war fest entschlossen, das durchzuziehen.
Ich fuhr mir mit der Hand durch die Locken. Er sollte auf keinen Fall meinen plötzlichen Stimmungswechsel bemerken und erraten, dass ich mich gerade von dem Zauber befreit hatte. »Oh, ich glaube, ich habe ihn wohl verpasst. Wie schade!«, sagte ich und gab vor, ein wenig außer Fassung zu sein. »Aber wenn ich mich spute und rasch nach unten laufe, könnte ich vielleicht noch einen Blick auf ihn werfen. Würdest du mir die Richtung zeigen?«
Dacian sah mich verblüfft an. Offensichtlich hielt er mich für komplett verrückt. »Du meinst den Weg zum Ludus?« Er schnappte nach Luft. »Meine Güte, dorthin kannst du nicht gehen. Dort ist es gefährlich!« Er sah an mir vorbei zu einer Stelle, die rechts hinter mir lag. Ohne es zu begreifen, hatte er mir gerade meine Frage beantwortet und mir verraten, wohin ich mich wenden musste.
»Oh, du hast sicher Recht.« Ich kicherte hinter vorgehaltener Hand und winkte ab, so als hätte ich den Gedanken bereits abgetan. »Aber ich muss Messalina suchen, also entschuldige mich für einen Moment. Ich bin gleich wieder zurück …« Ich sah ihm direkt in die Augen. »Versprichst du mir, dass du hier auf mich warten wirst?« Noch bevor er eine Möglichkeit hatte, mir zu antworten, wirbelte ich auf dem Absatz herum und lief in die Richtung, die er mir unbeabsichtigt verraten hatte.
Er rief mir hinterher, und ich hörte an seiner Stimme, dass er sich von meiner Geschichte nicht hatte täuschen
lassen. »Du solltest wirklich nicht dorthin gehen, Aurelia. Und glaub mir, du wirst auch Messalina dort nicht finden. Es ist ihr nicht erlaubt, sich dem Ludus zu nähern – ihr Onkel hat es ihr verboten!«
Ich ignorierte seine Warnung und lief die Treppe hinunter, während ich dachte: Das glaubst du, Dacian. Das glaubst du.
NEUN
I ch rannte die Treppe hinunter und hoffte, so viele Informationen wie nur möglich sammeln zu können. Mir war jetzt klar, dass ich Messalina nicht trauen durfte – was immer sie mir verraten würde, war sorgfältig durchdacht und wurde wohl dosiert weitergegeben. Sie hatte einen bestimmten Plan, davon war ich überzeugt. Und obwohl ich ihn nicht kannte, wusste ich, dass sie nicht nur ihre eigene Welt kontrollierte, sondern auch alle Personen, die sich darin befanden – und das schloss, zumindest im Augenblick, mich ein.
Als ich den Treppenabsatz erreicht hatte, hielt ich einen Moment lang inne. Ich starrte in einen langen Gang, in dem sich eine Menge großer, muskulöser Gladiatorengeister drängten und die gleichen stumpfsinnigen Routineübungen machten wie vorher, als ich sie zum ersten Mal gesehen hatte – sie ließen ihre Fäuste durch die Luft sausen und warfen sich mit aller Kraft gegeneinander. Ich schlängelte mich an ihnen vorbei, drückte mir die Hand auf die Nase, um den Gestank nicht einatmen zu müssen, und lief rasch weiter.
Hektisch sah ich mich nach allen Seiten um und versuchte,
eine Spur von Messalina oder Theocoles zu entdecken. Von wem spielte keine Rolle – ich war davon überzeugt, dass derjenige, den ich zuerst fand, mich zu dem anderen führen würde. Ich ging an der langen Reihe von Zellen vorbei und stellte mich auf die Zehenspitzen, um durch die kleinen viereckigen Öffnungen im oberen Teil der Türen zu spähen, aber erst, als ich an der vorletzten Kammer angelangt war, entdeckte ich sie. Messalina sah so makellos aus, dass sie mich an eine kleine, zarte Porzellanpuppe erinnerte, die versehentlich auf einer Müllhalde gelandet war.
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