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Riley - Im Schein der Finsternis -

Riley - Im Schein der Finsternis -

Titel: Riley - Im Schein der Finsternis - Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alyson Noël , Ulrike Laszlo
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Bedürfnisse zu erfüllen – sie war fest davon überzeugt, dass das der einzige Grund war, warum sie auf der Welt waren. Ihr allzu behütetes Leben hatte sie in eine Göre verwandelt, wie ich sie bisher nur im Reality-TV, aber noch nie im wirklichen Leben gesehen hatte.
    Sie war ein Balg von ungeheuerem Ausmaß.
    Ein total verzogenes, ahnungsloses Mädchen, das keine Freunde hatte und so fest in ihrer Fantasiewelt verwurzelt war – in einer Welt, in der sich alles einzig und allein um sie drehte –, dass sie überhaupt nicht begriff, wie schrecklich sie geworden war.
    Sie hatte keine Ahnung, dass die Leute, die sie bedienten, nicht darum gebeten hatten, bei ihrem Vater arbeiten zu können.
    Sie wusste nichts von den sadistischen »Kegelspielen«, die er mit ihnen trieb.
    Und trotzdem empfand ich unwillkürlich Mitleid mit ihr.
    Ich konnte nicht anders – ich bedauerte sie.
    Auch wenn man nicht um die Tatsache herumkam, dass sie sich ebenso garstig benahm wie ihr Hund, konnte man nicht leugnen, dass sie es einfach nicht kapierte.
    Der Prinz würde sagen, dass sie der Wahrheit Widerstand leistete.
    Plötzlich lief Rebecca los.
    Sie rannte so schnell, dass ich tatsächlich ihr Schnaufen und ihren keuchenden Atem in meinen Ohren wahrnahm. Ich spürte deutlich ihre Verblüffung, als sie stolperte und der Länge nach in den Schmutz fiel. Ihr Körper schlug so hart auf, dass ich noch tiefer in sie hineinkatapultiert wurde.
    So tief, dass ich sie wurde.
    Ich hob mein Gesicht vom Boden, spuckte prustend eine Hand voll Dreck aus und wischte mir einige kleine Steine von den Lippen.
    Ich spuckte und würgte, während ich mich mühsam aufrappelte, wischte mir mit meinem Ärmel über das Gesicht und spuckte und würgte noch einmal, bis ich mich schließlich umschauen konnte.
    Eine Stimme in meinem Kopf rief eindringlich: » Lauf! «
    Und obwohl ich versuchte, dieser Stimme zu gehorchen, war ich noch nicht daran gewöhnt, sie zu sein. Ihre Gliedmaßen waren viel länger als meine (ganz zu schweigen von dem steifen, aufgeplusterten Kleid und den engen Schuhen, die mir beinahe die Füße abschnürten), und es war am Anfang nicht leicht, mich fortzubewegen.
    Aber die Stimme wiederholte den Befehl und fügte hinzu: »Beeil dich! Wir haben keine Zeit zu verlieren! Sie kommen!«
    Ich stolperte ungeschickt vorwärts und tastete mich voran. Mein Herz schlug wild, als ich meinen Blick auf das Haus richtete und gerade noch einen Mann von der Scheune weglaufen sah, einen Mann, den ich sofort als ihren Vater erkannte. Auf seinem Gesicht zeichnete sich ein verwirrendes Spektrum von Gefühlen ab.
    »Schnell!« , brüllte er und deutete auf das Haus. Für den Austausch von Höflichkeiten war jetzt nicht der richtige Zeitpunkt. »Geh nach oben, und versteck dich in dem Schrank in Mutters altem Wohnzimmer. Und komm nicht wieder heraus, bis ich dich hole. Hast du mich verstanden?«
    Ich versuchte, seinen Blick zu deuten, und fragte mich, was er vor mir verheimlichte, aber dann wiederholte er, was er gerade gesagt hatte, dieses Mal noch lauter, und ich konnte nicht anders, als ihm zu gehorchen.
    »Du kommst erst raus, wenn ich es dir sage! Nur ich! Ganz gleich, was geschieht. Und jetzt lauf los!«, schrie er.
    Ich rannte los. Seine Worte klangen mir noch in den Ohren, während ich durch die Vordertür ins Haus lief und die knarrende Holztreppe hinaufsauste. Es kam mir nicht in den Sinn, mich von ihm zu verabschieden, denn das alles war irgendwie unwirklich, wie eine Art Spiel.
    Schlimme Dinge stießen anderen Menschen zu, aber nicht mir.
    Ich war reich, privilegiert, das einzige Kind eines einflussreichen Plantagenbesitzers, was mich zu einem besonderen Menschen machte, der weit über allen anderen stand. Abgesehen von dem frühen Tod meiner Mutter war alles Negative, Düstere oder Schlechte immer an mir vorbeigehuscht und hatte sich bei anderen niedergelassen.
    Wie mein Papa mir befohlen hatte, lief ich in Mamas altes Wohnzimmer. Und obwohl ich mir sicher war, dass es niemand wusste, war ich in Wahrheit sehr oft in diesem Zimmer gewesen.
    Ich saß gern auf dem weichen, bequem gepolsterten Sessel, den sie zum Lesen benützte, bevor sie sich dann auf den weniger komfortablen Stuhl mit der geraden Lehne setzte, um ihre Korrespondenz zu erledigen und ihre Liste zu schreiben. Meistens spielte ich dann eines von zwei Spielen: In einem tat ich so, als wäre sie noch hier, würde lesen und sich mit mir unterhalten. In dem anderen wurde ich in gewisser

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