Riley Jenson 01 - Die Mondjägerin
umdrehte und ihm direkt in die Augen sah. »Hast du die ganze Zeit dagestanden und zugesehen?« An seinem plötzlichen Grinsen war absolut nichts Belustigtes. »Du hast wirklich recht. Du kommst alleine klar.« »Wieso hast du mir nicht geholfen?«
Er schob die Hände in die Taschen und schlenderte in den Club. »Ich bin gerade noch rechtzeitig gekommen, um zu sehen, wie du dem Kerl den Schuh in die Brust gerammt hast. Interessante Idee übrigens. Endlich mal was Neues.« Am liebsten hätte ich mich wütend auf ihn gestürzt oder, besser noch, ihm den anderen Absatz in die Brust gebohrt. Doch was hätte ich davon gehabt? Gautier war so pervers, dass er das Streicheln von Flammen auf seiner Haut noch genoss. »Ich habe die Abteilung informiert. Bist du deshalb hier?«
Er nickte und hockte sich neben den Vampir, den ich aufgespießt hatte. »Die Abteilung erhält nicht jeden Tag einen Notruf von einer Assistentin. Jack hat einen Rundruf an alle Wächter gesandt, die in der Gegend waren.« Er sah hoch zu mir. »Was für ein Glück, dass ich noch in der Nähe war.«
Ja, wirklich, was für ein Zufall, dachte ich gereizt, machte auf meiner bloßen Ferse kehrt und ging in die Ecke, wo Vinnie mit einer Frau, vermutlich einer Kellnerin, lag. Der massige Mann hatte Schnittwunden an Armen, Brust und Wange, aber sie waren nicht allzu tief. Sein Bein war merkwürdig verdreht, und ich konnte selbst in dem schummerigen Licht das Weiß von seinem Schienbeinknochen erkennen. Er hatte es irgendwie geschafft, seinen Oberschenkel abzubinden, dennoch hatte er eine Menge Blut verloren. Ich fragte mich, wieso die Babyvampire ihn nicht ausgesaugt hatten.
Die Frau war nicht so glimpflich davongekommen. Das Hemd war zerrissen, und ihre Brust war von tiefen Schnitten übersät. Die Vampire hatten an ihr gesaugt wie Kinder an ihrer Mutter, und es sah so aus, als hätten sie ihr alles Blut ausgesaugt. Ich hockte mich neben Vinnie. Er sah mich an, schien aber weit weg zu sein. Vermutlich stand er noch unter Schock. »Sie sind mir gefolgt, als ich aufgemacht habe. Ich habe sie nicht bemerkt«, erklärte er tonlos. Ich legte meine Hand auf seine. Seine Haut war ganz kalt und klamm. »Ich habe einen Krankenwagen gerufen. Er wird bald hier sein.« »Doreen? Ist sie okay? Gott, was sie mit ihr gemacht haben …«
Ich blickte zu der toten Doreen und sah den Schock in ihren leblosen blauen Augen. Wie furchtbar, wenn die letzten Momente im Leben ein solcher Horror waren. Mir drehte sich der Magen um, und mir wurde übel. Ich schluckte die Galle hinunter und drückte Vinnies Hand. »Sie kommt sicher wieder in Ordnung.« »Was ist mit den anderen?« Ich zögerte. »Kommst du hier klar, wenn ich nach ihnen sehe?« Er nickte. »Doreen und ich warten hier.« »Ich bin gleich zurück.« Als ich aufstand, hörte ich das Knacken von Knochen. Gautier führte offenbar zu Ende, was ich angefangen hatte.
Nicht dass die Vampire starben, wenn man ihnen den Hals brach, doch es machte sie zumindest für eine Weile unschädlich. Lange genug, um einen Pflock in ihr schwarzes Herz zu jagen. Gautier musste aber keinen Vampir außer Gefecht setzen, um ihm einen Pflock zu verpassen – er hatte einfach nur Spaß daran. Genauso wie es ihm Vergnügen bereitete, die Angst in ihren Augen zu sehen, wenn er den Pflock hob und in ihren Herzen versenkte. Wahrscheinlich war er extrem genervt auf mich, weil ich beide Babyvampire außer Gefecht gesetzt hatte, und ihn so um sein Vergnügen gebracht hatte. Wieso er ihnen das Genick brach, wusste ich nicht. Vielleicht war es eine Angewohnheit von ihm.
Oder ihm gefiel das Geräusch. Ich ging an ihm vorbei, als wäre es das Normalste von der Welt, dass widerspenstige Vampire vor meiner Nase abgemurkst wurden. Jede andere Reaktion hätte tödlich sein können, denn er beobachtete mich wie eine Katze eine Maus. Und mir lag absolut nichts daran, Gautiers Maus zu spielen.
Als ich mich neben die drei anderen Frauen hockte, hörte ich die Sirenen durch die Stille heulen. Alle drei hatten tiefe Schnitte, und mindestens zwei von ihnen waren vergewaltigt worden. Ich hörte, wie Gautier einem Vampir den Holzpflock ins Herz bohrte, und irgendwie war ich ziemlich zufrieden damit. Diese Bastarde hatten keine faire Gerichtsverhandlung oder Urteil verdient. Sie hatten eigentlich noch nicht einmal verdient, dass wir sie so schnell erledigten.
Endlich kamen die Krankenwagen. Während Vinnie und die Frauen versorgt wurden, machte ich meine Aussage
Weitere Kostenlose Bücher