Riley Jenson 01 - Die Mondjägerin
waren Gene des Rudels, selbst wenn sie verwässert waren. Quinn lenkte den Porsche auf die Mittelspur und drückte das Gaspedal durch. Der Wagen schoss förmlich vorwärts. »Hier gibt es eine Geschwindigkeitsbeschränkung«, erklärte ich trocken.
»Es ist nach Mitternacht. Ich kann mir keine bessere Zeit und keinen besseren Ort vorstellen, um das Baby hier zu testen.« Er sah mich an, die blauen Linsen leuchteten unter den Lichtern des Freeways. »Nun, das Hauptproblem ist doch, dass er ein Nein als Antwort nicht akzeptiert. Wieso benutzt du nicht deine telepathischen Fähigkeiten und zwingst ihn, es zu akzeptieren?«
Ich runzelte die Stirn. »Das kann ich nicht.« »Weil er blockiert ist?« »Weil ich ihn seit zwei Jahren kenne. Ich kann ihm nicht einfach meinen Willen aufzwingen.« »Wieso nicht? Es hört sich an, als wollte er dir seinen Willen aufzwingen.«
Nun ja, so war Talon eben. Er hatte immer seinen Willen durchgesetzt. Doch Worte und Kraft einzusetzen war etwas ganz anderes als psychische Fähigkeiten. Außerdem wäre ich dann kein Stück besser als er.
»Telepathie dient nur der Verteidigung. Ich werde sie nicht zu etwas anderem nutzen.« »Du hast das in Moneisha doch sehr gut gemacht.« »Das war etwas anderes.« »Nein, war es nicht, und das weißt du.« »Wenn ich meinen Bruder rette, verteidige ich mein Rudel, nichts weiter.« »Wenn du meinst.« Er blickte in den Rückspiegel und sagte: »Dieser Wolf scheint nicht zu akzeptieren, wenn seine Wünsche nicht erfüllt werden.« »Er wird darüber hinwegkommen.« Doch ich erinnerte mich an seinen entschlossenen Blick und den Satz, dass er immer bekam, was er wollte. Irgendwie verunsicherte mich das.
Ich rutschte auf dem Sitz hin und her und betrachtete Quinn. »Und was ist mit dir?« Er sah mich nicht an. »Was soll mit mir sein?« »Wie lange hast du gebraucht, um über Eryn hinwegzukommen?« Er lächelte zugleich bitter und ironisch. »Ich glaube, es deutet alles darauf hin, dass ich noch nicht über sie hinweg bin.« Mit Sicherheit. »Wie lange wart ihr denn zusammen?« »Neun Monate.« »Wann hast du entdeckt, was sie treibt?« Er verzog grimmig das Gesicht. »Jedenfalls nicht schnell genug.« Er zögerte und fügte hinzu: »Vor vier Monaten.«
Erst vor vier Monaten. Kein Wunder, dass er noch verletzt und wütend war. »Und seit wann sitzt Eryn in dem Bordell?« »Seit zwei Monaten.« Er zuckte mit den Schultern. »Es hat etwas gedauert, ihre Firma aufzukaufen.« »Und willst du sie dort lassen?« »Ja.« »Die Strafe ist sehr drastisch.« Er grinste böse. »Sie hat sich ihr eigenes Grab geschaufelt. Soll sie doch für ewig dort bleiben. Sie interessiert mich nicht mehr.«
Seine Worte klangen harsch und erinnerten mich daran, dass ich neben einem Vampir saß. Zugegeben, ein ungewöhnlicher Vampir, denn offenbar besaß er noch Gefühle, aber nichtsdestotrotz war er ein Vampir. Offenbar konnte er genauso kalt und grausam sein wie jeder andere seiner Rasse.
»Wenn sie dich nicht interessierte, würdest du nicht so grausam reagieren«, bemerkte ich. Er sagte nichts, aber wir wussten beide, dass ich recht hatte. Er sah wieder in den Rückspiegel, und mir lief ein unangenehmes Kribbeln den Rücken hinunter. »Was ist los?« Ich drehte mich um und sah weiter hinten die roten und blauen Lichter aufleuchten. »Cops oder Krankenwagen?« »Ich glaube, die Cops.« Ich grinste. »Ah. Sagtest du nicht, das hier wäre der perfekte Zeitpunkt, den Schlitten zu testen?« »Stimmt. Aber anders als du habe ich keine Skrupel, meine psychischen Fähigkeiten einzusetzen, um mir Ärger vom Hals zu halten.«
Ich hob eine Braue. »Du hast offensichtlich in letzter Zeit keine Zeitung gelesen.« Nicht dass ich es etwa getan hätte. Doch Jack hatte mir neulich beim Mittagessen davon erzählt. Er blinzelte verdutzt und drosselte die Geschwindigkeit. »Was meinst du?« »Alle Polizisten und Notfalldienste haben psychische Abwehrtechnik als Teil ihrer Ausrüstung erhalten.«
Er fluchte leise. Ich grinste weiter. Von hinten kamen die roten und blauen Lichter näher und erleuchteten das bonbonfarbene Polizeiauto. Quinn fuhr auf den Seitenstreifen des Freeway, und zwei Cops stiegen aus. Der eine ging auf Quinns Seite, der andere auf meine. Wir fuhren beide unsere Fenster herunter und Quinn sagte überhöflich: »Gibt es ein Problem, Officer …?«
Seine Worte wurden von einem merkwürdigen Knallen unterbrochen. Er zuckte einmal heftig zusammen und verstummte. Obwohl ich
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