Riley Jenson 02 - Wächterin des Mondes
amüsiertes Kichern. Offensichtlich hatten seine Erschaffer vergessen, ihm beizubringen, dass es nicht ratsam war, sich in einer solchen Situation über einen Werwolf lustig zu machen. Ich sah rot und stürzte mich auf ihn.
Damit hatte er nicht gerechnet, und in einem Durcheinander aus Armen und Beinen fielen wir gemeinsam hin. Er krachte zuerst auf den Boden und federte meinen Sturz ab. Er keuchte und der Geruch von Tod und saurer Milch stieg mir in die Nase. Mit der einen Hand hielt ich sein Handgelenk fest umklammert und bemühte mich, die Klinge von meinem Körper fern zu halten. Gleichzeitig versuchte ich seine andere Hand zu packen. Er starrte mich aus seinem konturlosen Gesicht an, seine Augen und sein Mund waren kaum mehr als dünne graue Striche. Er hatte eine flache Stirn, die Wangen waren nicht definiert und dort, wo sonst die Nase saß, befanden sich nur zwei Löcher.
Er rammte mir seine Faust in die Seite, ich rang nach Luft. Doch ich ignorierte den heftigen Schmerz und stieß schnell und kräftig mit dem Knie zu. Wie die meisten Männer schätzte auch er einen Tritt in die Eier nicht sonderlich, und ich nutzte die wenigen Sekunden in denen er sich vor Schmerz nicht rühren konnte, ihn mit einem heftigen Kinnhaken bewusstlos zu schlagen.
Ich wand das Messer aus seinen schlappen Fingern und warf es so weit weg wie möglich. Dann rollte ich mich von ihm herunter und drehte ihn so, dass ich an den Rucksack herankam. Darin befanden sich die Gewehrteile. Ich steckte es wieder zusammen, lud es nach, hockte mich auf seine Brust, wobei ich mich mit den Knien auf seinen Armen niederließ, und setzte die Waffe an seinen Hals. Wenn er wusste, wer ich war, wusste er auch, dass ich zur Abteilung gehörte und durchaus in der Lage war, Waffen zu bedienen. Wenn er es nicht wusste, sollte die bloße Tatsache, dass ich die Waffe zusammengesetzt hatte, als Warnung reichen.
Glücklicherweise wusste er nicht, dass ich nicht besonders scharf darauf war, sie zu benutzen. Er richtete sich auf. Ich drückte seinen Kopf mit der freien Hand zurück nach unten und presste die Mündung der Waffe fester an seinen Hals. Er stöhnte und hob die dünnen Lider, die beinahe aussahen wie bei einer Eidechse.
»Rühr dich nicht«, warnte ich und unterstrich meine Worte mit einem Stoß der Waffe. Wieder sah ich den Tod in seinen grauen Augen. »Ich kann dir nichts verraten«, behauptete er. Ich sah ihn zweifelnd an. »Ich glaube dir kein Wort.« »Ich will einen Anwalt.« »Wirke ich wie ein Cop auf dich? Sehe ich aus, als würde mich irgendwie interessieren, was du willst oder nicht willst?«
Er antwortete nicht, sondern starrte mich nur an. »Wieso hast du die Frau in dem Restaurant umgebracht?« Keine Antwort. »Wer hat dich bezahlt, damit du die Frau in dem Restaurant umbringst?« Wieder nur Schweigen. Das Heulen der Sirenen war verstummt, und obwohl der Wind nicht vom Restaurant in unsere Richtung wehte, hörte ich Stimmen und Aufruhr. Mir blieb nicht viel Zeit für mein Verhör.
Ich richtete das Gewehr nach unten und drückte es gegen seinen Adamsapfel. Sein Knurren hörte sich an wie ein Gurgeln. »Sag es mir, oder ich mache es auf die harte Tour.« »Ich weiß nichts.«
Er hatte eine feuchte Aussprache und ich keine Hand frei, um mir die Spucke aus dem Gesicht zu wischen. Die kleinen Tröpfchen brannten. Sie stanken auch … oder war er das? Für einen Mann, der keinen Geruch besaß, entwich seinem Körper ein ganz fürchterlicher Gestank. Ich glaubte nicht, dass er sich vollgeschissen hatte. Meine Güte, schließlich war er ein Berufskiller, und mal abgesehen von dem, was mein Bruder über mein morgendliches Aussehen sagte, wirkte ich eigentlich nicht sehr Furcht einflößend.
»Gib dein Bestes«, sagte er. Ich stieß so fest mit der Gewehrmündung zu, dass ich die Haut einriss, und er blutete. »Glaubst du vielleicht, ich traue mich nicht?« »Ich glaube, dass es bald sowieso egal ist.« Die Heiterkeit, die in seinen Worten mitschwang, jagte mir Schauer über den Rücken. Ich war sicher, dass er etwas im Schilde führte. Aber was?
Ich runzelte die Stirn, senkte mit zunehmend mulmigem Gefühl ein Schutzschild und versuchte in sein Bewusstsein einzudringen. Sein Gehirn war überraschenderweise nicht geschützt, aber vielleicht hatte sein Auftraggeber nicht damit gerechnet, dass er gefangen wurde. Ich drang tiefer in seinen Verstand ein, erreichte seine Gedanken und fror sie und ihn gleichermaßen ein.
In einer Hinsicht
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