Riley Jenson 02 - Wächterin des Mondes
meine Vampirgene diesen Wunsch vielleicht unmöglich machten. Rhoan, mein Zwillingsbruder, hatte vor zwei Wochen erfahren, dass er unfruchtbar war. Ich hatte mich ähnlichen Tests unterzogen, wusste aber nicht, ob ich jemals die Ergebnisse erhalten würde. Ich konnte mich zwar erinnern, zu dem Arzt gegangen zu sein, aber nicht, dass ich wieder weggegangen war.
»Also, wen willst du anrufen?« »Jemand aus meinem Rudel, mit dem ich zusammenwohne, und meinen Chef.« »Du schläfst mit deinem Chef?« Ich hätte mich fast an meinem Kaffee verschluckt. »Nein«, sagte ich, sobald ich in der Lage war, zu sprechen. »Ich arbeite für die Abteilung für andere Rassen. Die machen sich Sorgen, wenn einer ihrer Leute verschwindet, auch wenn es sich nur um einen Papiertiger wie mich handelt.«
»Okay. Ich dusche, während du sie anrufst.«
Er ging hinaus. Ich sah ihm anerkennend nach, nahm das Telefon von der Gabel und wählte Jacks Büronummer. Es wurde mir aber lediglich von einer Computerstimme mitgeteilt, dass die Nummer nicht existiere. Bei seinem Privatanschluss dasselbe, ebenso wie bei meinem Anschluss zu Hause. Also probierte ich es mit den Mobilnummern. Beide mussten ihr Telefon entweder ausgeschaltet haben, oder sie hatten kein Netz.
Wieder machte sich ein ungutes Gefühl in meinem Magen breit.
Kade kam ein paar Minuten später zurück. Er war noch genauso wunderbar nackt wie zuvor, allerdings sah er jetzt noch besser aus und duftete außerdem noch verführerischer. »Nichts«, brummte ich und warf das Telefon auf die Arbeitsplatte. Er runzelte die Stirn. »Funktioniert das Telefon nicht?« »Doch, aber ich erreiche niemand.« »Dann versuch es später noch einmal. Es ist noch ziemlich früh.«
Nicht für Jack. Nicht für Rhoan. Er war mittlerweile wahrscheinlich in Panik, und ich konnte mir kaum vorstellen, dass er überhaupt noch schlief. »Wieso versuchst du es nicht einfach?«
Kade griff das Telefon und wählte eine Nummer. Er lauschte einige Minuten und drückte dann die Gabel. »Eine Computerstimme sagt, dass die Nummer nicht existiert.« Ich nickte. »Wen hast du versucht anzurufen? Eine deiner Stuten?« »Nein. Nach dieser langen Zeit sind sie längst mit jemand anderem zusammen.« »Wen dann?« »Sind alle Wölfe so neugierig?« Ich zuckte mit den Schultern. »Ich finde es gut, den Mann, mit dem ich irgendwann vögeln will, erst ein bisschen kennenzulernen.«
In seinen samtenen Augen blitzte Lust auf. »Irgendwann?« Ich nickte. »Zuerst die Flucht, dann das Vergnügen.« »Damit kann ich leben.«
»Gut.« Denn so sehr ich mich auch von ihm angezogen fühlte, war mir die Sicherheit doch wichtiger. Wir konnten uns hier eine kleine Verschnaufpause gönnen, aber wir sollten auf keinen Fall länger bleiben. Die Orsinis schienen Jäger zu sein, und ich hatte das dumpfe Gefühl, dass sie sich von unserem kleinen Gang durch den Fluss nicht in die Irre führen ließen. »Wen hast du also angerufen?«
Er grinste. »Meinen Geschäftspartner.« »Was hast du für ein Geschäft …?« Er sah mich mit seinen dunklen Augen kurz prüfend an. »Ich bin Bauunternehmer.« »Häuser oder Büros?« »Häuser. Hast du schon einmal von J.K. Bau gehört?« »Absolut nicht.« »Das ist nicht weiter überraschend. Wir gehören zu den kleineren Bauunternehmen in Südaustralien.« Der kalte Knoten in meinem Magen vergrößerte sich. »Du bist aus Adelaide?« »Ja. Warum?« »Ich komme aus Victoria.« Er starrte mich einen Moment an, dann schloss er die Augen. »Mist.«
»Ja. Vielleicht funktioniert das Telefon deshalb nicht.« Wir befanden uns in einem anderen Staat. Ich musste eine Vorwahl wählen, um Jack oder Rhoan zu erreichen. Anders als bei vielen anderen Mobilfunkanbietern auf der Welt, landet man in Australien nicht automatisch auf der Mailbox, wenn der Anrufer nicht zu erreichen ist.
Ich nahm das Telefon ab und wählte Jacks Büronummer, dieses Mal mit der Vorwahl von Victoria. Er hob bereits nach dem ersten Klingeln ab. »Parnell.«
Ich schloss die Augen. Noch nie hatte ich mich derartig gefreut, die schroffe Stimme meines Chefs zu hören. »Jack, hier ist Riley.« »Jesus, Mädchen, wo steckst du? Wir haben dein Auto gefunden …« Ich unterbrach ihn. »Ich habe keine Ahnung, wo ich bin, aber du musst herkommen und uns holen.« »Uns?« Seine Stimme klang scharf. »Ja. Es ist eine etwas längere Geschichte, aber ich bin mit einem Gestaltwandler namens Kade Williams zusammen. Er hat mir bei der Flucht geholfen.
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