Riley Jenson 02 - Wächterin des Mondes
Blick zu. »Ich dachte, du wärst nur ein Papiertiger.« »Bin ich auch. Meistens jedenfalls.«
»Das heißt?« »Das heißt, dass dies Teil einer laufenden Ermittlung ist, an der ich notgedrungen beteiligt bin.« Ich zögerte, ich wollte ihm nicht zu viel verraten. »Rhoan ist vor ein paar Monaten entführt worden, deshalb wurde ich in die Sache einbezogen.« »Dann verstehst du ja, wenn ich sage, dass das auch für mich etwas Persönliches ist.«
Verstehen konnte ich ihn, sehr gut sogar. Ich glaubte nur nicht, dass Jack ihn ebenfalls verstehen würde. Aber andererseits hatte er akzeptiert, dass Quinn dabei war und hatte von sich aus Liander hinzugeholt. Vielleicht überraschte er mich von Neuem. Schließlich versuchte er eine neue Tageseinheit der Wächter zu gründen. Und er wollte, dass ich dort eine wichtige Rolle spielte.
Wenn es sich irgendwie vermeiden ließ, wollte ich allerdings nichts damit zu tun haben. Doch was das anging, machte ich mir immer weniger Hoffnungen.
Ich wischte mir über die Augen und sagte: »Konzentrieren wir uns zur Zeit nur mal auf ein Problem.« »Einverstanden. Nach welchem Hotel suchen wir?« »Blue Haven. Das ist eine Apartmentanlage in Leura.« Ich wickelte das T-Shirt von meinem Kopf und zog es wieder an. »Hoffentlich finden wir die Stadt, bevor der Wagenbesitzer den Diebstahl bemerkt.« »Hoffentlich finden wir sie, bevor die Jäger uns finden«, korrigierte er grimmig.
Bei seinen Worten blickte ich aus dem Fenster zum Himmel hinauf. Ich konnte keine Vögel am Himmel entdecken, aber das hieß nicht, dass sie nicht da waren. Vielleicht wurden wir trotzdem verfolgt.
Wir fuhren schweigend weiter. Als wir schließlich Leura erreichten, drosselte Kade die Geschwindigkeit, und der alte Wagen hörte auf zu vibrieren. Wir fuhren über die hübsche, von Bäumen gesäumte Hauptstraße, und ich bewunderte die altmodischen, wunderschönen Gebäude. Es sah aus wie auf einer Postkarte. Ich bedauerte, dass wir uns hier trafen. Ein solcher Ort hatte es nicht verdient, mit solch finsteren Geschehnissen in Berührung zu kommen.
Ich runzelte die Stirn und schob den seltsamen Gedanken beiseite. Wir fuhren weiter und fanden die Apartmentanlage am anderen Ende der Stadt.
Ein schwarzer Lieferwagen mit getönten Scheiben stand auf der anderen Seite. Ich gab Kade ein Zeichen, und er fuhr hinüber und parkte. Wir hatten kaum den Motor ausgeschaltet, als die Tür der Hütte vor uns aufgestoßen wurde und Rhoan herausstürmte. Seine Haare leuchteten feuerrot in der Sonne.
Ich grinste über das ganze Gesicht. Tränen stiegen mir in die Augen und verschleierten meinen Blick. Ich schaffte es, irgendwie aus dem Wagen zu steigen und fiel meinem Bruder in die Arme.
»Mein Gott«, stieß er heiser hervor und drückte mich fest an sich. »Ich dachte schon, ich hätte dich verloren.« Tränen liefen mir über die Wangen. »Tut mir wirklich leid.« Er lachte leise. »Wenn du das noch einmal machst, kette ich dich in der Wohnung an und lasse dich nie mehr nach draußen.« Kade tauchte hinter uns auf. Ich küsste Rhoan auf die Wange und machte mich von ihm los. »Rhoan, das ist Kade. Ohne ihn hätte ich es nicht geschafft, da wegzukommen.« »Das beruht auf Gegenseitigkeit«, sagte Kade trocken und streckte Rhoan die Hand entgegen. »Freut mich, dich kennenzulernen.«
Rhoan warf mir einen Blick zu, als wollte er sagen: »Du Luder« und schüttelte Kades Hand. »Danke, dass du sie gerettet hast.« Kade lachte warm und herzlich. »Auch das beruht auf Gegenseitigkeit. Deine Mitbewohnerin ist eine erstaunliche Frau.« »Das kann man wohl sagen.« Rhoan schlang einen Arm um meine Schulter. »Gehen wir hinein, bevor uns irgendwelche spionierenden Schreckgespenster entdecken.«
Rhoan schob Kade vor, umfasste fester meine Schulter und hielt mich ein bisschen zurück. »Ich muss dir etwas sagen …« Den Rest seiner Worte hörte ich jedoch nicht mehr. Das war auch nicht nötig. Eine zweite Gestalt tauchte im Eingang auf. Es war nicht Jack.
Quinn.
Mein Herz vollführte einen seltsamen Purzelbaum, und einige Sekunden starrte ich ihn einfach nur an. Er hatte sich kein bisschen verändert. Das war wohl nicht sonderlich überraschend, denn schließlich hatte ich ihn erst vor einem Monat zuletzt gesehen.
Mein Gott, sah der Kerl gut aus!
Sein Körper war durchtrainiert, muskulös und kräftig. Der dunkelrote Pullover betonte seine breiten Schultern, und die enge Jeans lenkte den Blick auf seine langen, schlanken
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