Riley Jenson 03 - Der Gefähfrte der Wölfin
jedenfalls nicht so sicher, dass alles reibungslos verlaufen würde. »Und wenn ich auf dem Anwesen bin?« »Lass dir ein oder zwei Tage Zeit, um dich einzugewöhnen. Man wird dich anfangs sehr genau beobachten. Also unternimm nichts, bis du glaubst, dass die Luft rein ist.« »Und dann?« »Machst du Starrs Adjutanten auf dich aufmerksam und entlockst ihnen so viele Informationen wie möglich.«
Das würde nicht leicht werden. Das wussten wir beide. Erstens war ich ein Anfänger im Gedankenlesen, und zweitens hatte ich dabei nicht immer alles unter Kontrolle. Nach dem, was ich heute Morgen mit Quinn veranstaltet hatte, vermutete ich allerdings, dass das möglicherweise mit meiner zunehmenden Kraft zu tun hatte. Eventuell hatte ich nur Schwierigkeiten, sie zu kontrollieren, weil meine Fähigkeiten sich stetig verbesserten. »Was ist, wenn ich ihre Gedanken nicht lesen kann?«
Er hob eine Braue. »Wie meinst du das?« »Wie ich es sagte. Du hast mir zwar beigebracht, wie man geschickt das Bewusstsein einer anderen Person kontrolliert, aber deshalb bin ich noch nicht in der Lage, durch ihre Schutzschilde zu dringen. Vieleicht gibt es dort sogar elektronische Abwehrvorrichtungen.« »Dann wirst du einen Weg finden, sie zu umgehen.«
Na großartig. Wahrscheinlich musste ich obendrein kreativ sein. Das hatte mir gerade noch gefehlt. Als ob ich nicht schon genug damit zu tun hätte, diesen Wahnsinn überhaupt zu überleben. »Wie halte ich Kontakt?« »Wir setzen dir eine dualle Computerverbindung ein – sie dient gleichzeitig als Peilsender. Außerdem halte ich mich in deiner Nähe auf, so dass du notfalls auf telepathischem Weg Kontakt zu mir aufnehmen kannst.« »Dann kann ich Verstärkung rufen, wenn ich in Schwierigkeiten stecke?« »Du kannst gern rufen. Ich kann dir aber nicht versprechen, dass wir kommen.«
Ich schnaubte leise. Eigentlich kannte ich seine Antwort bereits, bevor ich die Frage ausgesprochen hatte. Schließlich war ich lange genug bei der Abteilung. Jack würde nicht die ganze Aktion aufs Spiel setzen, nur um mich zu retten. Schließlich waren Kade und Rhoan ja auch noch da. Und solange die beiden nicht ebenfalls in Schwierigkeiten steckten, waren wir auf uns allein gestellt.
»Und da wunderst du dich, dass ich kein Wächter werden wollte ?« Er lachte. »Kann sein, dass du keiner werden wolltest, aber du wirst eines Tages besser sein als dein Bruder, Kleines.« »Das kannst du mir so oft erzählen, wie du willst, aber ich nehme dir das nicht ab.« Ich widersprach mehr aus Prinzip als aus Überzeugung, aber ich konnte Jack partout nicht in dem Glauben lassen, dass ich seinen Worten voll vertraute. »Das werden wir ja sehen.« Er reichte mir zwei Aktenmappen. »Studiere Poppys Profil, und sieh dir dann an, was Kade über Starrs Anwesen herausgefunden hat.«
Ich blätterte die zweite Mappe durch. »Das scheint ja nicht viel zu sein.« »Weil Kade nur Zugang zu dem Außengelände hat. Trotzdem, du musst das Gelände und die Sicherheitsvorkehrungen genauso gut kennen wie das Profil der Leute, die auf dem Gelände arbeiten.« »Weil man nie weiß, wen ich im Namen der Sache verführen muss«, erwiderte ich trocken. Wieder grinste Jack und schlug mir mit der Hand auf die Schulter. »Schätzchen, du denkst genau wie ich. Das ist schon fast beängstigend.« »Sollte ich jemals so denken wie du, gebe ich mir die Kugel.«
Ich wedelte mit den Mappen. »Wenn du willst, dass ich mir die ansehe, musst du mich mit Koffein und etwas Essbarem versorgen.« »Pizza und Kaffee sind bestellt.« Er blickte auf die Uhr. »Beides sollte in zehn Minuten hier sein, und wenn du bis dahin noch nicht mit dem Lesen angefangen hast, bekommst du nichts ab.« »Mistkerl.« »Genau. Geh lesen.«
Das tat ich.
In der Straßenbahn roch es intensiv nach Menschen. Ich hielt mich in der Nähe der Hintertür auf und versuchte, etwas von der frischen Luft zu erhaschen, die durch die Ritzen der Doppeltür drang. Ich hasste es, Straßenbahn zu fahren. Die Bahnen waren weitaus unangenehmer als Züge, kleiner und voller. Ich fühlte mich dort stets irgendwie eingepfercht. Ich schob den Rucksack auf meiner Schulter zurecht und schaffte es zum wiederholten Mal, den Mann hinter mir anzurempeln. Er fluchte, und ich giftete umgehend zurück. Poppy hatte Courage. Hier, in dieser stinkenden, von Menschen verseuchten Konservendose auf Rädern, konnte ich das beweisen.
Ich spähte aus dem Fenster, musterte die nächtlichen Straßen und stellte
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