Ring aus Feuer
gelebt hatte.
Sie waren nie lange an einem Ort geblieben. Immer, wenn Tessa gerade ein paar Freunde gefunden hatte, waren sie auch schon wieder weitergezogen. Die Lehrer konnten sich selten an ihren Namen erinnern. Das Schwimmen hatte Tessa sich selbst beibringen müssen. Die Dame an der Kasse des Hallenbads hatte immer ein Auge zugedrückt, weil das kleine Mädchen sich den Eintritt nicht leisten konnte.
Schwerelos im Wasser planschend hatte die junge Tessa immer davon geträumt, sesshaft zu werden. Sie wollte wie andere Leute leben: als Familie mit Besitztümern, engen Freunden und viel Liebe um sich herum.
Ihre Mutter hatte sie zwar geliebt, aber auf ihre eigene Art. Erst nachdem sie für ganze zwei Jahre in dem kleinen australischen Örtchen Gundagai gelebt hatten, stellte Tessa fest, dass nicht alle Mütter wie ihre waren. Andere waren nicht so flatterhaft und emotional wie ihre Mutter. Nur unter dem Einfluss von Tabletten war diese ausgeglichen und glücklich, ansonsten unberechenbar und unzuverlässig.
Vor vier Jahren schien das Schicksal es endlich gut mit Tessa zu meinen. Nach ihren unruhigen Schuljahren und einer langen Zeit, in der sie sich mit Gelegenheitsjobs über Wasser gehalten hatte, hatte Tessa genug Geld beisammen gehabt, um zum nächsten Semester eine Ausbildung als Sozialpädagogin zu beginnen.
Darüber hinaus hatte ihre Freundin Sally Flugtickets nach Mexiko gewonnen und Tessa eingeladen, mit ihr zu kommen. Es sollte das Abenteuer ihres Lebens werden. Das war, bevor Sally sich in einen breitschultrigen Kanadier verliebte und sich gegen die Reise nach Mexiko entschied. Also war Tessa allein losgezogen und von Mexiko aus Richtung Süden gereist, bis sie in San Miguel aus dem Bus gestiegen und buchstäblich in ihr Verderben gestolpert war.
Am Ende des Swimmingpools tauchte Tessa kurz unter. Dann streckte sie sich aus dem Wasser und strich das kühle Nass aus ihren Haaren. Sie wünschte sich, sie könnte ihre trüben Erinnerungen ebenso leicht abstreifen.
Seufzend blinzelte sie, stemmte sich am Beckenrand hoch und setzte sich auf die wärmenden Terrakottafliesen. Doch im nächsten Augenblick merkte sie erschrocken, dass ein muskulöser Mann in einer dunklen Designerhose direkt vor ihr stand. Er rang seine kräftigen Hände.
Wahrscheinlich will er mich damit erwürgen, dachte sie mit einem Anflug von schwarzem Humor. Schließlich traute sie ihm heute Dinge zu, von denen sie in ihrer romantischen Fantasie niemals geträumt hatte. Damals hatte sie nicht gewusst, was für ein Mann er eigentlich war: ungeduldig, herrisch und leicht reizbar, obwohl er grundsätzlich eine immense Selbstbeherrschung ausstrahlte.
Nach seinem anfänglichen Wutausbruch hatte er sich nun wieder im Griff, aber seine herablassende Art bewies Tessa, wie wenig er ihr glaubte. Ängstlich zuckte sie zusammen, als er eine Hand nach ihr ausstreckte. Wenn sie sich jetzt nicht von ihm aufhelfen ließ, würde er sie vermutlich einfach packen und gegen ihren Willen auf die Füße stellen. Und Tessa wollte auf keinen Fall seine warmen Hände auf ihrem Körper spüren.
Zögernd nahm sie seine Hand und fühlte so etwas wie einen elektrischen Schlag, als sie ihn berührte. Verwundert sah sie hoch. Sie wollte feststellen, ob er das Gleiche empfand. Dann atmete sie tief durch und ließ sich von ihm hochziehen.
Selbst als sie auf Augenhöhe voreinander standen, ließ er ihre Hand nicht los. Die Energie, die zwischen ihnen floss, brachte Tessa trotz der warmen Sonnenstrahlen zum Schaudern. Sie wollte sich ihm entziehen, aber Stavros ignorierte ihre Bemühungen.
Widerwillig sah sie ihm ins Gesicht, und er ließ seinen kritischen Blick ganz langsam an ihr heruntergleiten. Seine Augenbrauen waren tief zusammengezogen. Was hatte sie nun schon wieder falsch gemacht?
„Du hast gesagt, ich dürfe den Pool benutzen“, begann sie. Tessa konnte sich frei bewegen, solange sie nicht versuchte, auf eigene Faust durchzubrennen. Wie sollte sie auch, während sein Sicherheitspersonal praktisch überall auf sie lauerte?
Energisch versuchte sie noch einmal, ihm ihre Hand zu entziehen, und dieses Mal ließ er sie frei.
„Natürlich kannst du schwimmen gehen“, antwortete er lahm und begutachtete eindringlich ihre Shorts und ihr Top. „Aber du musst es nicht in deiner Straßenkleidung tun. Nimm dir doch einen Badeanzug oder Bikini aus dem Poolhaus!“
Es war kein Angebot, sondern ein Befehl.
Beinahe wäre sie vor Scham im Boden versunken. Dann
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