Ringkampf: Roman (German Edition)
Smokinghose.
» Dem glücklichern Manne glänze sein Stern, dem unseligen Ewgen muß es scheidend sich schließen! «
Gwendolyn seufzte. Erfaßte in seinen Feinripp.
» Denn so kehrt der Gott sich dir ab, so küßt er die Gottheit von dir! «
Gwendolyn schloß die Augen. Während sich Jochen Sywoll krampfhaft um Stellung bemühte, drückte Wotan Küsse auf beide Augen seiner Tochter, bettete sie sanft unter einer breitästigen Tanne, betrachtete sie ein letztes Mal, verschloß ihren Helm und deckte den zarten Körper mit dem langen Stahlschild der Walküren zu.
»Sing weiter, du bist noch nicht fertig«, maulte die Hospitantin verzückt.
Jochen Sywoll arbeitete hart.
Wotan schritt mit feierlichem Entschluß in die Mitte der Bühne und kehrte die Spitze seines Speeres gegen einen mächtigen Felsstein.
» Loge hör! Lausche hieher! Herauf, wabernde Lohe, umlodre mir feurig den Fels! Loge! Loge! Hieher! «
Dreimal stieß er mit der Speerspitze gegen den Fels. Zischend entfuhr dem Stein ein Feuerstrahl, der rasch zum Flammenmeere anschwoll.
»Los, den Schluß«, jammerte Gwendolyn kurz vor den Toren Walhalls.
Erledigt wälzte sich der Sänger von ihr herunter.
Mit beiden Händen reckte Wotan seine Waffe zum Bann.
» Wer meines Speeres Spitze fürchtet, durchschreite das Feuer nie! «
Jochen Sywoll sperrte sein erschöpftes Gemächt in den Hosenstall zurück.
30
Der Himmel brannte. Die Sonne zerlief an den Rändern wie ein gewaltiger weißer Tintenfleck. Langsam drehte sich der Maestro um. Grelle Lichtsplitter zerstückelten sein Gesichtsfeld.
Alexander Raven stand zornesbleich und übernächtigt in der Tür. »Herr Bellini! Meine Geduld ist am Ende! Ich und meine Frau werden noch heute abreisen.«
Der Intendant lächelte traurig. »Mein lieber, guter Herr Raven. Kommen Sie doch erst einmal herein, und setzen Sie sich. Es gibt nichts, worüber wir nicht reden könnten.« Er ging zu dem Regisseur und legte ihm den Arm um die Schulter.
Alexander Raven zuckte zusammen. »Es tut mir leid, Herr Bellini«, sagte er kalt. »Aber im Augenblick habe ich eher den Eindruck, es gibt nichts, worüber wir noch reden könnten.«
Benito Bellini zog seinen Arm zurück. Er wandte sich zum Schreibtisch. »Sehen Sie, Herr Raven! Ich bedauere das alles sehr. Aber ich mußte so entscheiden. Ich hatte keine andere Wahl.«
Der Regisseur machte einige unwillkürliche Schritte ins Zimmer hinein. »Ich fürchte, ich kann Ihnen nicht ganz folgen«, sagte er scharf. »Wobei hatten Sie keine Wahl? Meine Frau auf infamste Weise zu verleumden und hinauszuwerfen?«
»Herr Raven, glauben Sie mir.« Der Intendant hatte sich gesetzt. Geistesabwesend griff er auf der Tischplatte einen stummen Nonen-Akkord. Er lockerte seine Finger. »Ich empfinde die ganze Angelegenheit ebenso
unangenehm wie Sie«, sagte er leise. »Aber Sie werden doch verstehen, daß Jessica — Mrs. Johnson-Myer — durch den gestrigen Zwischenfall zutiefst beunruhigt ist. Wenn wir sie als unsere Brünnhilde behalten wollen – , und daran kann ja nicht der geringste Zweifel bestehen — müssen wir etwas tun. Wir müssen ihr zeigen, daß wir nicht ungestraft hinnehmen, daß man sie in diesem Hause bedroht.«
Der Regisseur lachte böse auf. »Herr Bellini, Sie haben eben etwas sehr Richtiges gesagt: daß man sie in diesem Haus bedroht. Was bringt Sie auf die absurde Idee, daß ausgerechnet meine Frau es war? Meine Frau, die um ein Haar selbst das Opfer von diesem Irren geworden wäre, der sich hier offensichtlich herumtreibt!«
Benito Bellini hob die Schultern. »Herr Raven, Sie haben recht«, räumte er bereitwillig ein. »Ich kann nichts beweisen.« Ein gefährliches Lächeln schlich über sein Gesicht. »Aber wir wissen doch beide, was für eine wundervolle Partie die Brünnhilde ist. Würden Sie nicht auch alles tun, um diese einzigartige Figur verkörpern zu dürfen?«
Alexander Raven blickte ihn fassungslos an. »Sie wollen also wirklich dabei bleiben, daß meine Frau versucht hätte, ihre Kollegin zu vergiften?« Er lachte nochmals auf. »Entschuldigen Sie, aber das ist das Lächerlichste, was ich seit Jahren gehört habe. Wenn meine Frau die Brünnhilde singen will, dann hätte ich dafür gesorgt, daß sie die Rolle bekommt. Sie hat es nicht nötig, deshalb zur Giftmischerin zu werden.«
»Ich will Ihnen gar nicht widersprechen, Herr Raven. « Der Maestro machte eine angedeutete Verneigung. »Aber betrachten Sie die Sache einmal so: Was
können wir tun?
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