Ringwelt 03: Ringwelt-Thron
Ratsversammlung.
»Niemand macht sich die Mühe, es zu verstecken«, sagte Louis. »Ist denn die kleine Scheibe mit dem Deuteriumfilter an der Spitze der Sonde noch da, wo sie hingehört?«
Der Hinterste sah nach. »Ja.«
»Das ist sehr schmeichelhaft. Jemand möchte, daß ich wiederkomme.«
»Diebstahl!«
»Ja. Laß es. Du solltest die Sonde zurückholen und eine neue Scheibe anbauen. Akolyth, der Hinterste wird dir den Vertragstext vorlesen. Versuch nicht, einem von diesen Leuten Schaden zuzufügen. Weck mich, sobald der Autodoc mit mir fertig ist. Die Küchenautomatik kann Kzinti-Nahrung produzieren. Bram wird sie ebenfalls benutzen. Wirst du zurechtkommen?«
»Ja.«
»Stet.« Mit einem nicht gerade schwachen Gefühl von Beklommenheit legte sich Louis in den sargähnlichen Autodoc. Der Deckel schloß sich.
KAPITEL EINUNDZWANZIG
PHYSIKUNTERRICHT
Schlittentransferstation, A. D. 2893
Sie sahen es bereits Tage vorher: Eine schwarze Linie vor dem viel weiter entfernten Steuerbordrandwall.
Je näher sie kamen, desto mehr wuchs die Linie zu einer gewaltigen künstlichen Silhouette, die sich über die Wüste erhob: Eine schwebende Plattform mit einer Reihe von Höckern, die sich in der Nähe der Mitte zusammenballten.
Noch näher, und die Roten konnten Tageslicht unter einem Teil des Gebildes erkennen. Da wußte Warvia Bescheid. Es war das Ziel des Nachtvolks … und der Friedhof des Sandvolks.
Sie bewegten sich durch eine trockene Landschaft. Sand war gar nicht gut für den Motor. Sie hatten bereits ein paar Tage lang hungern müssen, bevor sie auf das Sandvolk gestoßen waren.
Die Hominiden waren in pastellfarbene Roben gehüllt. Kleine, bullige Tiere in Zwölfergruppen zogen ihre Wagen und dienten zugleich als Fleischlieferanten. Karnivoren! Rote Herder und Maschinenvolk waren gleichermaßen erfreut darüber.
Sie verteilten Geschenke: Kleidung, die sie in den Lagern oben im Schattennest gefunden hatten. Die Sandleute töteten zwei ihrer Zugtiere und gaben ein Fest. Die unterschiedlichen Spezies tauschten Überlieferungen und Geschichten aus, so gut es ging. Allein Karker sprach die Händlersprache gut genug, um sich verständlich zu machen, und alles mußte übersetzt werden.
Rishathra erforderte keine Übersetzung, nur Gesten. Ohne ihre Roben waren die Sandleute klein und stämmig; kurz gewachsen wie Gleaner, doch mit breiteren Rümpfen und schlanken Armen und Beinen.
Harfner und Trauriges Rohr blieben in der Nutzlasthülse.
Der Prärieschoner setzte seine Fahrt nach Anbruch der Dämmerung fort.
Es beunruhigte Warvia nicht wenig, daß die beiden Ghoule hinter ihrer Steuerbank halb am Verhungern waren.
Doch ihr Ziel war endlich in Sicht.
Sie kamen im hellen Licht des frühen Nachmittags an.
Eine alte Straße, halb von Sand verschüttet, erhob sich zur Achse der Plattform. Von der zentralen Sektion strebten drei keilförmige Ausleger im Winkel von hundertzwanzig Grad weg. Die Ausleger waren ebenfalls Plattformen, doch sie schwebten ohne Stütze.
Die zentrale Sektion war ein Wald von Pfählen, metallenen Schienen, Flaschenzügen und Seilen. Die überdachten Gebäude auf dieser Konstruktion sahen aus wie nachträglich hinzugefügt. Sie waren leer und im Verlauf der Zeit vom Sand wie poliert: Lagerhäuser, eine Banketthalle, ein Gasthof. Durch die Achse zog sich ein tiefer Brunnenschacht mit sauberem Wasser am Grund.
Auf einem der breiten Wege zwischen den Gebäuden hatte das Sandvolk seine Toten ausgelegt. Es sah aus, als täten sie es seit Generationen: Hunderte von Skeletten lagen herum. Ein gutes Dutzend in der Nähe der Nabe war mehr mumifiziert als skelettiert. Ein paar waren noch nicht so lange tot.
»Genau wie Karker berichtet hat«, sagte Sabarokaresh. »Warvia, hat er dir erzählt …?«
»Er hat mir verraten, wie man eine Kolonie der Kreischer finden kann. Das Sandvolk ißt keine Kreischer, aber ich sagte ihm, daß wir es könnten.«
»Hast du geraten?«
»Ja. Aber welche Wahl hatte ich denn? Antispinwärts vom Beerdigungsplatz …« Warvia winkte in die entsprechende Richtung, und sie blickten erneut hin. Keine dreißig Schritte entfernt wurde aus dem glatten Untergrund ein Wirrwarr von Hügeln. Es sah aus wie eine verfallende Stadt in Miniatur.
»Wir wollen die Ghoule nicht aufwecken«, beschloß Sabarokaresh. »Sie sollen allein wach werden und ihren Nasen folgen.«
Sie stellten den Wagen nicht zu nahe bei den Toten ab und gingen hinaus, um sich die
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