Ringwelt 03: Ringwelt-Thron
erzitterte von neuem. Als es zur Ruhe kam, zeigte es nichts außer silbernem Filigran.
Der Puppenspieler trällerte, und die Kamera schwenkte herum. Jetzt erblickten sie im Licht der Sterne Wände aus zerschmettertem Kristall. Kugeln hatten Löcher in die Seitenwände des Schlittens geschlagen, und die Werkzeuge auf der Ladefläche waren mit Splittern übersät. Das meiste davon war unkenntlich gewesen. Jetzt war es nur noch Abfall. Mit einer Ausnahme.
Als Wisper Akolyth materialisieren und sofort wieder entmaterialisieren gesehen hatte, mußte sie das Prinzip der Stepperscheiben begriffen haben. Sie mußte die Stepperscheibe von der Sonde gerissen und sie auf die Ladefläche ihres Schlittens geworfen haben, denn dort lag sie – unbeschädigt.
Drei Gestalten in Druckanzügen sprangen gleichzeitig in den Schlitten. Zwei von ihnen feuerten einen wahren Projektilhagel auf jeden größeren Schatten, dann warfen sie auf der Suche nach einem Protektor, der sich in den Trümmern verbarg, alles über Bord, was leicht genug dazu war. Doch Wisper war nirgendwo zu sehen.
Zwei Protektoren hoben die Stepperscheibe auf, und der dritte inspizierte die Unterseite. Dann drehten sie die Scheibe um, daß er die Oberseite sehen konnte.
Der Vampir schien sie als gefährlich zu beurteilen, den er richtete seine Waffe darauf und feuerte einen hellen, scharf gebündelten Strahl ab.
Der Strahl kam im gleichen Augenblick aus der Stepperscheibe im Mannschaftsquartier und fraß sich in die Decke.
Louis konnte sich nicht erinnern, in Deckung gehechtet zu sein, und doch fand er sich zusammen mit dem eingerollten Hintersten hinter die Wand des Recyclers gekauert wieder.
Der Puppenspieler machte keine Anstalten, sich wieder zu entrollen.
Louis schob den Kopf hinter der Wand hervor.
Der Vampir hatte die Stepperscheibe hochgehoben und versuchte gerade, sie über die Kante des Maglevstrangs zu schleudern.
Plötzlich war die Scheibe zu schwer. Das Gewicht eines Angreifers drückte sie nieder.
Der Angreifer – Bram! – schlug zu, als der andere zur Seite springen wollte. Der andere Vampir – Collier? – fiel zweigeteilt zu Boden. Ein sechs Fuß langer Monofaden in einem Stasisfeld hatte ihn erwischt. Aus beiden Hälften sprühte roter Nebel. Doch Colliers Torso besaß noch immer Arme, und einer davon schwang jetzt mit der sperrigen, schweren Lichtwaffe in den Fingern herum.
Brams Varioklinge schlug erneut zu. Die Lichtwaffe fiel zu Boden.
Keiner hatte gesehen, wo Wisper mit einem Mal herkam, doch plötzlich war sie da. Zwei Schüttberg-Protektoren standen zwei Vampir-Protektoren gegenüber.
Der Puppenspieler befand sich noch immer in seiner katatonischen Starre. Louis versuchte, den Ereignissen im Fenster des Web-Auges zu folgen. Es war nicht einfach.
Die Schüttberg-Protektoren hatten bisher nicht angegriffen.
Wisper trug einen ihrer Druckanzüge. Sie mußte imstande sein, mit ihnen zu reden. Louis hörte Brams Atem; er ging stoßweise wegen der kürzlichen Anstrengung, doch Bram redete nicht. Er hatte nicht den richtigen Anzugsender.
Er gab Wisper Blinkzeichen mit seiner Helmlampe.
Tanj, das ist sicher die Heliografensprache der Ghoule! begriff Louis. Und jetzt benutzten die anderen ebenfalls ihre Helmscheinwerfer.
Es ging immer weiter, und schließlich schienen sie zu einem Einverständnis gekommen zu sein.
Die Schüttberg-Protektoren nahmen den ruinierten Schlitten unter einigen Schwierigkeiten auf. Bram reichte Wisper seine Waffe und half ihnen, den Schlitten über den Rand in den Weltraum zu schleudern.
Dann legten sie die Stepperscheibe in den unbeschädigten Schlitten. Die beiden Vampir-Protektoren stiegen ein, anschließend die Schüttberg-Protektoren. Der Schlitten setzte sich erneut in Bewegung, und zwar zurück in die Richtung, aus der er gekommen war.
Während der Schlitten Fahrt aufnahm, sprayte Bram ein Web-Auge auf den Maglevstrang, dann noch eins auf den Schlitten.
Als er fertig war, begann Bram zu singen. Es klang wie ein Orchester, das von Terroristen niedergeschossen wurde.
Er trat auf die Stepperscheibe und entmaterialisierte. Im gleichen Augenblick, in dem das Funksignal des Web-Auges im Mannschaftsquartier eintraf, trat auch Bram von der Stepperscheibe. Er zog seinen Helm ab. Zwischen den schnabelartigen Kiefern hielt er eine handgeschnitzte, seltsam geformte Flöte.
Wenn ein Puppenspieler außer sich gerät, dann verliert er nicht die Kontrolle über seine Worte, sondern über seine Körpersprache.
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