Ringwelt 04: Brennans Legende
verfügte auch nicht über unsere Computertechnik und wenn doch, dann hat er sie nicht benutzt.«
»Ich frage mich, aus welchem Grund.«
»Ein Pak würde nicht sehen, welchen Sinn es hat, daß eine Maschine für ihn denkt oder rechnet. Er ist in beidem viel zu gut … außerdem macht es ihm ausgesprochenen Spaß, sein Gehirn zu benutzen.«
Das Innere der tränenförmigen Frachtsektion war nicht mit dem des Alienschiffs zu vergleichen, das zweihundert Jahre zuvor in das menschliche Sonnensystem gestürzt war. Diese Fracht war tot. Die Sektion verfügte über massive Korrekturtriebwerke und war zum Kämpfen ausgerüstet. Die lange Achse wurde von einem Röntgenlaser eingenommen. Ein dickes Rohr parallel zum Laser generierte ein gerichtetes Magnetfeld. »Damit sollten wir imstande sein, die Felder eines monopolbasierten Bussard-Ramjets zu stören. Was natürlich nicht tödlich wäre, außer, wenn das Timing stimmt.« Nachdem Roy gelernt hatte, wie man es einsetzte (was seine Zeit dauerte; er wußte nur wenig über Feldtheorie), brachte Brennan ihm bei, wie man das richtige Timing fand.
Das war der Zeitpunkt, an dem Roy zum ersten Mal rebellierte.
Die vergangenen beiden Monate waren nicht besonders interessant oder abwechslungsreich gewesen. Roy fühlte sich, als sei er wieder zurück in der Schule, der einzige Schüler eines Vollzeitlehrers, dem man nicht entkommen konnte. Er wollte nicht wieder Kind sein. Er vermißte den offenen Raum, den es auf der Erde und im Sonnensystem gegeben hatte. Er vermißte Alice. Verdammt, er vermißte alle Frauen! Und das sollte noch fünf Jahre so weitergehen!
Fünf Jahre, und den Rest seines Lebens würde er auf Wunderland verbringen. Er wußte nicht viel über die Kolonie auf Wunderland, nur, daß die Bevölkerung klein und dünn verteilt war und die Technologie gerade ausreichend. Ein ländliches Paradies vielleicht, ein schöner Ort, um dort zu leben – bis Brennan eintraf. Dann würde Wunderland in den Krieg ziehen.
»Die Pak-Flotte ist noch hundertdreiundsiebzig Jahre von uns entfernt«, sagte er. »Wir sind in spätestens fünf Jahren in Wunderland. Warum glaubst du, daß du einen Bordschützen brauchst? Was mache ich überhaupt hier?«
Brennan packte einen Handgriff am Raketenmotor einer Fusionsbombe und hielt sich daran fest. »Man könnte es vielleicht so ausdrücken, daß ich ein wenig mehr Bescheidenheit gelernt habe. Ich dachte daran, nach einer Pak-Flotte Ausschau zu halten, vor langer, langer Zeit, aber ich habe es nicht getan. Die Wahrscheinlichkeit erschien mir einfach zu gering. Und jetzt will ich kein Risiko mehr eingehen.«
»Was für ein Risiko? Wir wissen doch, wo die Pak-Flotte steckt!«
»Ich wollte dich nicht beunruhigen. Es ist im Grunde genommen reine Spekulation.«
»Beunruhige mich! Ich habe Langeweile!«
»Also schön, gehen wir ein wenig zurück«, begann Brennan. »Wir wissen, wo die erste Flotte steckt, und wie groß sie ist, nicht wahr? Die zweite Flotte wurde erst über dreihundert Jahre später gestartet. Und ich habe von ihr nicht mehr entdecken können als eine verschwommene Spur der auffälligen chemischen Elemente im Abgasstrom, seitlich verschoben zur ersten Flotte und beträchtlich schneller. Sie folgen der ersten Flotte nicht auf direktem Weg. Es würde wahrscheinlich zu viel Treibstoff kosten.«
»Wie groß?«
»Kleiner. Vielleicht hundertfünfzig Schiffe oder so, vorausgesetzt, sie haben das Baumuster nicht verändert, was jedoch durchaus der Fall sein kann. Ich weiß es nicht.«
»Existiert eine dritte Flotte?«
»Falls es eine gibt, habe ich nichts von ihr entdecken können. Sie mußten neue Ressourcen erschließen, bevor sie die zweite Flotte bauen konnten. Vielleicht mußten sie nahe gelegene Sonnensysteme aufsuchen, um dort Rohstoffe zu fördern, vielleicht haben sie die Schiffe auch gleich dort gebaut. Wie lange würden sie benötigen, um eine dritte Flotte aufzustellen? Falls es eine gibt, dann ist sie auf jeden Fall zu weit entfernt für meine Instrumente. Doch darauf kommt es genau genommen nicht an, sondern nur auf eine Tatsache: Es muß eine letzte Flotte geben.«
»Na und?«
»Was ich sagen will: Nachdem die letzte Evakuierungsflotte aufgebrochen war – gleichgültig, ob die zweite, dritte oder vierte, das spielt überhaupt keine Rolle –, blieben eine ganze Reihe Protektoren zurück. Nehmen wir an, es sind diejenigen ohne fortpflanzungsfähige Nachkommen. Sie blieben zurück, teilweise, um Platz auf den
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