Ringwelt 05: Crashlander
der Polizei von den Löchern in meiner Jacke halten? Er würde ganz sicher denken, daß irgendeine kinetische Waffe die Ursache war, und daß, wer auch immer die Jacke getragen hatte, auf der Stelle tot gewesen sein mußte. Hinterher hatte irgendjemand (der Mörder selbst?) die Jacke gestohlen. Falls Tor und Wilhelmin in diesen Bahnen dachten … Waren meine Eingaben und Recherchen auf ihrem Fernsprecher möglicherweise automatisch gesichert worden?
Das war allerdings eine Beobachtung, die mir einiges zu denken gab.
Ich lieh mir den Apparat aufs Neue aus, startete die Enzyklopädie und begann eine Suche nach einem Wesen mit knochenlosen Armen. Auf Fafnir gab es mehrere davon, doch sie waren allesamt klein. Ich suchte Daten von den größten, insbesondere denen, die im nördlichen Korallengebiet heimisch waren. Es gab zwar Gerüchte … aber keine eindeutigen Beweise.
Ein weiterer Tag verging, und ich fand heraus, daß ich kochen konnte, auch wenn die Küche ringsum scheinbar willkürlich schwankte.
Am Abend des gleichen Tages erzählte Wilhelmin von den Meeresbewohnern Fafnirs. Sie hatte in Pacifica gearbeitet, was, soweit ich verstand, eine Art Unterwasserzoo war; und ob ich nie von einer Kdatlyno-Lebensform gehört hätte, die Ähnlichkeit mit einem blinden Kalmar besaß?
»Nein«, gestand ich. »Warum? Haben die Kzinti welche hergebracht?«
»Das glaube ich nicht«, entgegnete Tor. »Die Kzinti sind wasserscheu.« Wir lachten.
Wilhelmin lachte nicht mit. »Sie haben welche hergebracht, für ihren Jagddschungel. Auf Kdat kommen die verdammten Dinger ans Ufer und zerren große Tiere ins Meer. Doch sie sind so gut wie ausgerottet, jedenfalls in der Umgebung von Shasht, und wir haben es nie geschafft, welche für Pacifica zu fangen.«
»Aha«, sagte ich und zögerte, bevor ich fortfuhr. »Ich schätze, ich wurde von so einem Biest angegriffen. Es muß ziemlich groß gewesen sein. Und es war nicht in der Umgebung von Shasht, es war dort, wo Sie mich aus dem Wasser gefischt haben.«
»Jan, Sie sollten vielleicht Meldung machen.«
»Wil, das kann ich nicht. Ich habe geschlafen und war halb tot vor Kälte, als es geschah, mitten auf See und in stockdunkler Nacht. Ich wurde unter Wasser wach. Irgendetwas drückte gegen meine Brust und meinen Rücken. Ich riß mein Messer hervor und stach blindlings um mich. Ich traf irgendetwas Gummiartiges. Es riß auseinander, dabei zerriß es meine Jacke. Hätte es die Schulterschwimmer erwischt, wäre ich jetzt bei den Fischen. Aber ich habe überhaupt nichts gesehen.« Legenden werden so geboren.
Booty Island besteht aus mehreren aneinander gewachsenen Inseln. Ich zählte acht Hügel, während wir uns näherten; wahrscheinlich hatte es früher mehr gegeben. Wir waren zwölf Tage über das Meer gesegelt.
Auf jedem der ehemaligen Lampenanzündernester standen Gebäude. Sie sahen aus wie Verwaltungsbauwerke oder Museen. Keine zwei sahen gleich aus. Auf den Ebenen zwischen den Hügeln standen weitere Häuser. Ein Einkaufszentrum zog sich wie eine Hängebrücke auf einer Strecke von gut einer Meile zwischen zwei Hügeln dahin. Auf der Erde hätte man es als Park bezeichnet. Hier auf Fafnir war es ein Zentrum der Zivilisation.
In der Einkaufspassage stand eine Reihe von Transferkabinen nebeneinander. Ich erkannte das vertraute Flackern des Pelton-Logos. Es handelte sich ausnahmslos um große Frachtkabinen, und sie waren ausnahmslos alt. Ich verstand nicht gleich die Bedeutung, die diese Tatsache in sich barg.
Wir machten bei einem Hotel Halt und benutzten ein öffentliches Holofon. Das System las mein Retinamuster: January Persial Hebert, zweifelsfrei identifiziert. Wil und Tor warteten, während ich ein wenig Geld umbuchte, mir Barmittel und eine Transferkabinenkarte aushändigen ließ und ein Zimmer buchte. Ich suchte erneut nach Aufzeichnungen über Milcenta Adelaide Graynor. Sharrol war gerettet worden, soviel stand fest. Keine Spur von Feather.
»Vielleicht hatte sie eine Kopfverletzung und litt unter partieller Amnesie, Jan«, schlug Wil vor. »Sieh einmal nach, ob sie Nachforschungen angestellt hat, was deine Rettung angeht.«
Ich konnte mich nicht als Mart Graynor ausweisen, während Wil und Tor mir dabei zusahen. Im Netz gab es keine Nachrichten für Jan Hebert. Feather kannte den Namen überhaupt nicht. Sharrol kannte ihn, aber Sharrol glaubte mich tot.
Oder sie war verrückt geworden. Unzurechnungsfähig. Unter den Augen meiner beiden Retter suchte ich nach
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