Ringwelt 06: Flatlander
Verbrechen«, sagte ich geheimnisvoll und ging.
Artemus Boone saß hinter seinem antiken, wunderbar erhaltenen Computerterminal und hatte das bärtige Kinn auf die Hände gestützt. »Was hat das alles zu bedeuten, Mister Hamilton?« fragte er.
»Ich möchte eine juristische Auskunft über eine hypothetische Situation.«
»Schießen Sie los.«
»Eine Flatlander-Frau bezahlt einen Arzt aus dem Belt, um sich klonen zu lassen und den Klon aufzuziehen. Das ganze findet auf dem Mond statt. Anschließend kehrt die Frau zur Erde zurück. Das Kind wächst im Asteroidengürtel auf. Vier Jahre später treffen sie sich erneut, wieder auf dem Mond. Die Frau befindet sich noch immer auf dem Mond, als alles aufzufliegen droht.«
Boone starrte mich an, als wären mir Hörner gewachsen. »Ich will verdammt sein!«
»Genau. Weiter: Die Fortpflanzungsgesetze der Vereinten Nationen schreiben vor, daß unsere hypothetische Flatlander-Frau sterilisiert wird, falls sie ein illegales Baby bekommt. Sie schreiben vor, daß das Baby ebenfalls sterilisiert wird. Aber unsere hypothetische Flatlander-Frau besitzt noch ein Geburtsrecht, also könnte sie ohne Probleme ein Kind bekommen. Aber wie steht es mit einem Klon?«
Boone schüttelte den Kopf. Er war noch immer wie vom Donner gerührt. »Ich weiß es nicht. Ich bin Anwalt für lunares Recht.«
»Würden die Vereinten Nationen ein Auslieferungsersuchen stellen? Würde der Mond diesem Gesuch nachkommen? Oder sind Frau und Baby sicher, weil das Verbrechen außerhalb der Erde geschah?«
»Ich weiß es nicht, Mister Hamilton. Aber ich werde mich kundig machen. In gewisser Weise ist der Mond Teil der Vereinten Nationen. Verdammt! Warum hat sie nicht mit mir darüber geredet?«
»Vielleicht hatte sie Angst? Sie hat nie eine derartige Situation erwähnt?«
Er grinste wie ein Mann, der Schmerzen hat. »Nicht mit einem einzigen Wort. Verdammt! Ich bin fast sicher, daß man das Kind nicht ausliefern würde. Wenn sie mich doch nur gefragt hätte! Mister Hamilton, befindet sich unser hypothetisches Baby noch immer auf dem Mond?«
»Nein.«
»Das ist gut.« Unvermittelt stand er auf. »Morgen kann ich ihnen mit Sicherheit mehr dazu sagen. Rufen Sie mich an.«
Ich erreichte mein Zimmer und hatte mich bereits innerlich darauf eingestellt, einige Zeit am Telefon zu verbringen.
Bis Budrys mir erzählt haben würde, was auf der Konferenz geschehen war, würde vermutlich eine ganze Stunde vergehen. Außerdem wollte ich Doktor Forwards Zulassung und seine Reisebewegungen in der letzten Zeit überprüfen. Und drittens wartete Taffys Nachricht auf mich … ich ließ mich auf das Bett fallen, streifte die Schuhe ab und sagte: »Chiron, Nachrichten abspielen.«
Und Laura Drurys Abbild, in voller Raummontur, erschien auf dem Schirm und sagte: »Gil, du mußt ohne mich zu Abend essen. Ich muß mit einer Suchmannschaft nach draußen. Ich weiß noch nicht, wann ich wieder zurück bin. Chris Penzler ist verschwunden.«
10.
DER SCHIEFE FELSEN
Ich verschwendete ein paar Sekunden mit Flüchen. Das Gefühl von Dringlichkeit, das ich die ganze Zeit über verspürt hatte, war nicht wegen Naomi Mitchison gewesen. Naomi lag im Kältetank und war nicht fähig, Ungeduld zu empfinden. Der Tod hatte Chris Penzler im Visier gehabt.
Ich rief bei Laura Drury an und bekam keine Antwort. Ich rief bei der Polizei an und redete mit Jefferson.
»Mister Penzler ist gegen 1620 heute Nachmittag nach draußen gegangen«, berichtete der sommersprossige Lunie. »Er hat einen Puffer ausgeliehen.«
»Dieser Idiot!« brummte ich.
»Genau. Wie gut kennen Sie ihn? Könnte es sein, daß er Detektiv zu spielen versucht?«
»Warum nicht? Irgendjemand will seinen Tod, und das macht ihm zu schaffen. Er ist jedenfalls ganz sicher nicht dort draußen, um Tourist zu spielen.«
»Genau das dachte ich mir«, sagte Jefferson. »Ich habe einen Suchtrupp nach Westen geschickt, in die Gegend, in der Penzler bei dem Attentat angeblich etwas gesehen haben will. Laura Drury ist bei dem Trupp, für den Fall, daß Sie nach ihr suchen.« Ich entdeckte eine Spur von Mißbilligung in seiner Stimme. Was zum Futz? »Aber sie haben bisher noch nichts gefunden, und sie sind bereits seit über einer Stunde unterwegs.«
»Warum gehen Sie nicht in den Projektionsraum und durchkämmen das Hologramm?«
»Dazu muß zuerst wieder ein Watchbird-Satellit über der Stelle sein«, antwortete Jefferson. »Wir hatten einmal drei dieser Satelliten,
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