Ringwelt 06: Flatlander
Penzler zu starren: große, ungelenke Buchstaben, die im Licht der Helmscheinwerfer schwarz auf dem nackten Fels prangten.
NAKF
»Er muß es mit seinem eigenen Blut geschrieben haben«, sagte Jefferson. »Im Dunkel des Schattens, wo der Killer es nicht bemerken konnte. Das Blut muß nur so aus der durchtrennten Arterie gespritzt sein. Aber … das ist doch kein Name, oder?«
»Es ist überhaupt nichts, wenn Sie mich fragen«, sagte Desirée Porter.
»Das Band!« rief Laura in dem freudigen Tonfall, der allgemein mit einem Heureka! -Erlebnis einherzugehen pflegt. »Das Band! Er muß es als Aderpresse benutzt haben! Er muß gewußt haben, daß er starb – vielleicht hat er sich vor dem Killer versteckt …« Ihre Stimme wurde leiser. »Das ist ja schrecklich!«
»Nehmen Sie eine Probe von diesem Blut«, ordnete Jefferson an. »Wenigstens finden wir auf diese Weise heraus, ob es tatsächlich von Penzler stammt. Er wollte uns ganz sicher irgendetwas damit sagen.«
Gegen Mitternacht war ich wieder in meinem Zimmer. Ich tippte die Buchstaben in meinen Telefonschirm:
NAKF
So, da war also Chris Penzler draußen auf dem meteoritenübersäten Mond gewesen und hatte nach Hinweisen gesucht. Vielleicht hatte er sich an irgendetwas erinnert. Vielleicht hatte er etwas gefunden. Vielleicht aber auch nicht.
Aber der Mörder hatte ihn gefunden.
Ein Lunie hätte wahrscheinlich weniger Mühe als jeder andere herauszufinden, ob Penzler einen Puffer ausgeliehen hatte. Angenommen, der Killer war Penzler auf dem Fuß gefolgt … und zwar zu Fuß, es sei denn, er war ein Idiot. Ich würde den Computer befragen, ob jemand unmittelbar nach Penzler einen zweiten Puffer ausgeliehen hatte. Manche Mörder waren nämlich tatsächlich Idioten.
Falls Chris seinen Mörder erkannt hatte, würde er dessen Namen aufgeschrieben haben. Ich ließ den Computer die Datenbank der Stadt durchforsten. Auf Anhieb fiel mir keine Menschenseele auf dem Mond ein, deren Name mit dieser Buchstabenfolge begann. NAKF – oder mit … ich machte mich daran, Buchstaben einzusetzen. In der Hast, mit herausspritzendem Blut und in der Dunkelheit … ein K konnte ein mißratenes R sein, F konnte E sein, N konnte M bedeuten oder vielleicht auch W …
NARF … NAKE … NARE … MAKF … MAKE … MARE … WAKF … WAKE … WARE …
Kein Name, der mir irgendwie bekannt vorgekommen wäre. Und Chris Penzler war kein Lunie gewesen; hier auf dem Mond kannte ich jeden, den auch er kannte.
NAKF NAOMI
Es paßte nicht. Und Naomi hatte das beste Alibi, das man sich nur denken konnte. Es sollte keine Schwierigkeiten bereiten, die lunaren Gerichte davon zu überzeugen, sie wiederzubeleben … allein durch die Tatsache, daß Penzler nach ihrer Verurteilung ermordet worden war. Falls tatsächlich zwei Mörder hinter Chris hergewesen sein sollten – Naomi bei ihrem Versuch ungeschickt, der Unbekannte gerissener oder einfach glücklicher – so konnte Naomi immer noch ein zweites Mal in den Kältetank verfrachtet werden.
»Chiron, ein Gespräch bitte«, sagte ich. »Verbinde mich mit Alan Watson.« Und mein widerlich mißtrauischer Verstand lieferte mir:
NAKF … Alan WATSon … WATS
Alan war zur fraglichen Zeit noch draußen auf dem Mond gewesen, bei den Suchtrupps, die nach dem vermißten Chris Penzler Ausschau gehalten hatten. Vielleicht hatte er Chris gefunden. Wie viel würde Alan für Naomi tun? Würde er einen Fremden ermorden, der ihr Schaden zugefügt hatte, wenn er damit Naomis Leben retten konnte?
Alans langes, schwarz-braunes Gesicht zeigte sich auf dem Schirm. Auf dem Telefonbildschirm war er leichter zu ertragen; seine Größe blieb verborgen. »Hallo Gil«, meldete er sich.
Ein N konnte ein W sein, wenn die erste senkrechte Linie mißglückt war … aber ein F konnte unmöglich ein verpatztes S sein. »Ich habe mich gefragt, ob wir Naomi jetzt freibekommen können«, sagte ich.
»Ich habe mich bereits mit dem Gericht in Verbindung gesetzt. Jetzt können wir nur noch warten. Ich rechne damit, daß man sie wiederbeleben wird, aber es würde sicher helfen, wenn wir ihnen Naomis tatsächlichen Aufenthaltsort zur fraglichen Zeit nennen könnten. Gil, wissen Sie, wo Naomi gesteckt hat?«
»Ich werde es innerhalb der nächsten Stunden erfahren«, entgegnete ich. Ich verschwieg, daß ich es ihm vielleicht nicht mitteilen würde.
Angenommen, Chris Penzler hatte seinen Mörder nicht gekannt. Er konnte uns keinen Namen hinterlassen,
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