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Ringwelt 06: Flatlander

Ringwelt 06: Flatlander

Titel: Ringwelt 06: Flatlander Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Larry Niven
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sollten. Die blankgewehte Stelle war zu groß. Diese Auswaschung konnte nur von einem Raketenantrieb stammen.
    »Die Fußabdrücke müssen später hinzugekommen sein«, vermutete ich. »Alles, was sich zuvor dort befunden hat, wurde ausgelöscht. Ich schätze, ich muß mich bei Luke entschuldigen.«
    »Wohl kaum«, widersprach Hecate. »Er war es, der es laut ausgesprochen hat. Niemand bemüht sich absichtlich, ein solches Rätsel zu schaffen. Der Täter hatte etwas anderes zu verbergen. Also schön, er hat also auf dem südlichen Wall gestanden und die Triebwerke gezündet. Und später hinzugekommene Fußabdrücke führen vom Zentrum nach Süd-Südosten. Die Tote ist auf ihren Mörder zugerannt?«
    »Genau auf ihre einzige Fluchtmöglichkeit zu. Auf ihre einzige Sauerstoffquelle. Und die einzige Möglichkeit, medizinische Hilfe zu erlangen.«
    »Sie hat auf Erbarmen gehofft«, vermutete Hecate.
    Ich drehte mich zu ihr um. Sie schien nicht übermäßig unruhig zu sein, nur verwirrt. Wer auch immer eine Frau in dieser radioaktiven Hölle ausgesetzt hatte, hätte sicher kein Erbarmen gekannt.
    »Vielleicht hat sie tatsächlich gebettelt«, sagte ich. »Wer weiß? Ich kannte Menschen, die in ihren letzten Augenblicken noch lästerliche Flüche ausgestoßen haben. Vielleicht ist sie im Zentrum gewesen, um eine Botschaft zu hinterlassen, und dann ist sie genau auf den Mörder zugerannt, um ihn abzulenken.«
    »Haben Sie eine Botschaft entdeckt?«
    »Nein.« Ich war nicht einmal sicher, ob mir der Gedanke gefiel. »Diese Raketenflamme sollte irgendetwas auslöschen, kein Zweifel. Es sieht aus, als hätte der Mörder nicht den Mut besessen, selbst in den Krater zu fliegen. Allerdings braucht es auch einiges an Mut, seinen Lemmy auf dem Ringwall abzustellen. Warum hat er das getan? Um Fußspuren zu verwischen?«
    »Gil, nur ein Verrückter käme auf den Gedanken, sich mitten in den Del-Rey-Krater zu begeben, es sei denn, er wußte bereits vorher, daß dort jemand oder etwas auf ihn wartet!« Sie bemerkte mein Grinsen. »Genau wie Sie es getan haben, Gil. Vielleicht hat irgendjemand über den Randwall gesehen und die Frau beobachtet. Der Mörder löschte die Fußspuren aus, die in den Krater führten. Aber die Spuren in der Mitte hat er übrig gelassen.«
    »Er hätte nur ein wenig länger warten müssen, um sie restlos zu entfernen.«
    »Ich weiß nicht weiter«, sagte sie. »Sie sind an der Reihe.«
    Als ich das letzte Mal die Nachricht eines Sterbenden gelesen hatte, war diese Nachricht eine glatte Lüge gewesen. Aber wenigstens hatte Chris Penzler sie nicht wieder mit einem Schiffsantrieb unkenntlich gemacht und mich raten lassen, um was es ging!
    »Ich brauche eine Mütze voll Schlaf«, sagte ich. »Rufen Sie mich an, falls sich in der Zwischenzeit etwas Neues ergibt.«
     
    Ich fühlte mich, als hätte ich eine ganze Weile geschlafen. Ich lag auf dem Teppich, was sich in der niedrigen Mondgravitation sehr komfortabel anfühlte. Hecate Bauer-Stanson wandte mir den Rücken zu. Sie betrachtete ein diffuses, regenbogenfarbenes Leuchten: ein Hologramm, das ich dummerweise vom Boden aus nicht sehen konnte. Ich stand auf.
    Der Schirm von Hecates Telefon war aufgeteilt. Eines der Holofenster zeigte, wie eine Frau aufgeschnitten wurde, die aussah wie eine Statue aus versteinertem Holz. Die Säge wurde wie von Geisterhand gesteuert. Ich entdeckte unscharfe menschliche Gestalten hinter einer Wand aus extrem dickem Glas.
    Das zweite Hologramm zeigte die Schnitte der Reihe nach in Großaufnahme. Einzelheiten wurden deutlich. Arterien, Querschnitte durch Leber und Rippen. Hin und wieder leuchteten Details fluoreszierend auf, bevor das nächste Bild eingeblendet wurde.
    In einem dritten Fenster war der archaische Raumanzug zu sehen.
    »Das Dumme ist«, sagte ich mehr zu mir selbst als zu Hecate, die hinter ihrem Schallschlucker sowieso nichts hören konnte, »daß niemand genauere Untersuchungen anstellen kann. Keine Zeugen, keine konkreten Verdächtigen … Millionen Verdächtige. Mit einem entsprechend großen Loch in ihrem Anzug kann sie gestern gestorben sein. Ohne Leck hat sie vielleicht seit Jahrzehnten dort gelegen. Oder noch länger.«
    Was, wenn dieser Raumanzug ein neues Modell gewesen war, als sie starb?
    Nein. Vor sechzig Jahren waren noch immer Container im Del Rey eingeschlagen. »Also irgendwann zwischen zehn und sechzig Jahren. Allein auf dem Mond bleiben eine Million Verdächtige, und kein Mensch hat ein Alibi, das

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