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Ringwelt 06: Flatlander

Ringwelt 06: Flatlander

Titel: Ringwelt 06: Flatlander Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Larry Niven
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chirurgischer Eingriff. Owen hätte ihn nahezu überall vornehmen lassen können. Ein Loch im Schädel, unsichtbar unter den Haaren, fast unmöglich zu finden, selbst wenn man wußte, wonach man zu suchen hatte.
    Sogar der beste Freund würde nichts davon bemerken, es sei denn, man wurde mit dem Stecker im Kopf überrascht. Doch das winzige Loch markierte die Stelle, wo ein größerer Apparat unter den Schädelknochen implantiert war. Ich betastete den Ekstasestecker mit meinen imaginären Fingerspitzen, dann fuhr ich an dem haarfeinen Draht entlang bis tief in Owens Gehirn, bis hinunter in das Lustzentrum.
    Nein, nicht die Überdosis Strom hatte ihn umgebracht. Verantwortlich für Owens Tod war sein Mangel an Willenskraft gewesen. Er war nicht willens gewesen aufzustehen.
    Er hatte in diesem Sessel gesessen und war schlicht und einfach verhungert. Rings um den Sessel standen Plastikflaschen und Trinkballons, einige davon in Griffweite auf den Beistelltischen. Sie waren ohne Ausnahme leer. Einen Monat zuvor mußten sie voll gewesen sein. Owen war nicht verdurstet. Er war verhungert, und sein Tod war geplant gewesen.
    Owen, mein Schiffskamerad. Warum war er nicht zu mir gekommen? Ich bin selbst ein halber Belter. In welcher Klemme er auch immer gesteckt haben mochte, ich hätte ihm irgendwie herausgeholfen. Ein klein wenig Schmuggel – na und? Warum hatte er sich entschlossen, mich erst zu informieren, nachdem alles vorbei war?
    Das Appartement war so sauber, so verdammt sauber. Man mußte sich schon dicht über den Toten beugen, um den Verwesungsgeruch zu bemerken. Die Klimaanlage hatte die meisten Geruchsspuren verwischt.
    Owen war sehr methodisch zu Werke gegangen. Die Kochnische war offen, so daß Owen sich einen Katheter hatte einführen können, der zum Spülbecken führte. Er hatte sich mit genug Wasser versorgt, um einen ganzen Monat auszuhalten, und er hatte die Miete für einen Monat im Voraus bezahlt. Das elektrische Kabel, das den Stecker mit der Steckdose in der Wand verband, war von Owen selbst zugeschnitten, und er hatte es kurz gehalten, um sich selbst auf diese Weise in voller Absicht an die Wand zu fesseln, außerstande, die Küche zu erreichen.
    Ein komplizierter Weg zu sterben, doch auf gewisse Weise lohnenswert. Ein Monat der Ekstase, ein Monat des höchsten physischen Vergnügens, dessen ein Mensch nur fähig war. Ich konnte mir lebhaft vorstellen, wie er jedes Mal gekichert haben mußte, wenn er sich erinnerte, daß er im Begriff war zu verhungern. Und das, obwohl Lebensmittel nur ein paar Schritte weit weg gestanden hatten … doch er hätte den Stecker ziehen müssen, um sie zu erreichen. Vielleicht hatte er die Entscheidung ein aufs andere Mal verschoben und wieder verschoben …
    Owen und ich und Homer Chandrasekhar … wir hatten drei Jahre in einer beengten Hülle zusammengelebt, umgeben von Vakuum. Was gab es über Owen Jennison zu wissen, das mir nicht bekannt war? Wo waren die schwachen Punkte, von denen wir nichts wußten? Wenn Owen zu Selbstmord imstande gewesen war, dann galt das gleiche für mich. Plötzlich verspürte ich so etwas wie Angst.
    »Sehr sauber, wirklich sehr sauber«, flüsterte ich. »Typisch Belter.«
    »Typisch Belter meinen Sie?«
    »Nein, meine ich nicht. Belter begehen keinen Selbstmord. Und wenn, dann ganz bestimmt nicht auf diese Weise. Wenn ein Belter meint, er müsse gehen, dann läßt er den Antrieb seines Schiffs explodieren und endet als Sonne.«
    »Nun«, sagte Ordaz. »Nun.« Er fühlte sich offensichtlich unbehaglich.
    Die Fakten sprachen ihre eigene Sprache, und diese war deutlich. Trotzdem zögerte Ordaz, mich einen Lügner zu nennen. Er zog sich in den Schutz seiner Förmlichkeit zurück.
    »Mister Hamilton, können Sie diesen Mann als Owen Jennison identifizieren?«
    »Er ist es.« Owen hatte immer ein wenig unter Übergewicht gelitten, und doch hatte ich ihn gleich im ersten Augenblick erkannt, da ich ihn gesehen hatte. »Aber lassen Sie uns sichergehen.« Ich zog den schmutzigen Morgenmantel zurück und entblößte Owens Schulter. Eine nahezu kreisrunde Narbe kam zum Vorschein, achtzehn Zoll im Durchmesser, auf der linken Seite seiner Brust. »Sehen Sie das hier?«
    »Wir haben es bemerkt, ja. Was ist es? Eine alte Verbrennung?«
    »Owen ist der einzige mir bekannte Mensch, der Ihnen eine Meteoritennarbe hätte zeigen können. Das Ding erwischte ihn eines Tages an der Schulter, als er sich außerhalb des Schiffs aufhielt. Verdampfte das Metall

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