Ringwelt 08: Der kälteste Ort
durch Strömung und Sandstürme im Sand weitergeleitet wird. Warum hat niemand danach gesucht? Oh, ich wünschte, ich könnte mit jemandem darüber reden!
Ich habe keine Zeit mehr. Die O-Tanks in der Stadt passen nicht an die Anschlüsse meines Anzuges, und ich kann nicht zum Schiff zurückkehren. Innerhalb der nächsten vierundzwanzig Stunden muß ich die Blase flicken und mit Luft füllen, sonst sterbe ich, weil mir die Luft ausgeht.
Später:
Geschafft. Ich habe meinen Anzug abgelegt und kratze mich wie ein Wahnsinniger. Es waren nur noch drei Risse zu flicken; auf der Seite, an der ich die einzelne Mumie gefunden habe, befanden sich überhaupt keine Risse. Ich habe die drei restlichen repariert, und die Blase ist aufgequollen wie eine Fertigstadt.
Wenn ich genügend Wasser habe, werde ich ein Bad nehmen. Aber ich werde es an dem Platz nehmen, von wo aus ich den ganzen Kraterrand überblicken kann.
Ich möchte wissen, wie lange ein Marsbewohner dazu brauchen würde, über den Kraterrand und hier herunter in die Blasenstadt zu gelangen.
Aber diese Fragen führen zu nichts. Vielleicht sehe ich doch Gespenster.
30. April 2112
Das Wasser ist herrlich. Wenigstens haben die damaligen Reisenden sich einige Annehmlichkeiten gegönnt.
Ich habe nach allen Seiten einen großartigen Ausblick. Die Blase hat sich im Laufe der Zeit mit einem leichten Schleier überzogen, der kaum dicht genug ist, um störend zu wirken.
Der Himmel, der durch den Kraterrand zerrissen ist, glänzt tiefschwarz. Ich habe alle Lichter des Stützpunktes eingeschaltet. Sie tauchen das Innere des Kraters in ein gedämpftes Licht. Dennoch ist es hell genug, daß ich alles, was auf mich zugekrochen kommt, erkennen kann. Leider verdrängt das Licht auch die Sterne.
Die Gespenster können mich nicht erwischen, solange ich wach bleibe.
Aber ich werde allmählich müde.
Ist das ein Schiff? Nein, nur ein Meteor. Am Himmel wimmelt es von Meteoren. Mir bleibt nichts anderes übrig, als Selbstgespräche zu führen, bis sich irgendetwas ereignet.
Später:
Ich bin zum Kraterrand hinaufgeschlendert, um zu sehen, ob mein Schiff noch da ist. Die Marsbewohner hätten es in den Staub hinunterziehen können, sie haben es nicht getan, und nichts deutet darauf hin, daß sie sich daran zu schaffen gemacht haben.
Sehe ich wirklich Gespenster? Ich könnte es herausfinden. Ich müßte lediglich einen Blick in den Fusionsreaktor des Stützpunktes werfen. Entweder gibt es einen Brennstab darin, der mittlerweile größtenteils Blei ist … oder der Stab ist vor siebzig Jahren gestohlen worden. In jedem Fall würde die Reststrahlung meine Neugier bestrafen.
Ich betrachte den Sonnenaufgang durch die Blasenhaut. Die Sonne ist von eigentümlicher Schönheit, und ich habe im Raum nie etwas Ähnliches gesehen. Ich habe den Saturn aus unendlich vielen Perspektiven gesehen, als ich Monopole aus den Ringen löste, aber das ist nicht vergleichbar hiermit.
Jetzt weiß ich, daß ich verrückt bin. Es ist ein Loch! Ich befinde mich am Grund eines miesen Loches!
Die Sonne zeichnet eine zerklüftete weiße Linie um den Rand des Kraters. Ich kann von hier aus den ganzen Kraterrand überblicken, darum brauche ich mir keine Sorgen zu machen. Gleichgültig, wie schnell sie sind, ich kann in jedem Fall schnell genug meinen Anzug anlegen, bevor sie hier unten sind.
Es wäre gut, wenn ich meine Feinde sehen könnte.
Warum sind sie hier hergekommen, die fünfzehn Männer, die hier gelebt haben und gestorben sind? Ich weiß, warum ich hier bin: aus Liebe zum Geld. Sie ebenfalls? Vor hundert Jahren sahen die größten synthetischen Diamanten, die die Menschheit herstellen konnte, wie grobkörniger Sand aus. Vielleicht sind sie wegen der Diamantenbrunnen gekommen. Aber damals war das Reisen eine verdammt teure Angelegenheit. Kann sich das für sie gelohnt haben?
Oder glaubten sie, sie könnten sich den Mars in der gleichen Weise nutzbar machen wie die Asteroiden? Lächerlich! Doch sie verfügen nicht über die gleichen Erkenntnisse wie ich. Und Löcher können durchaus nützlich sein … wie die Rohbleilager am Dämmerungsbogen des Merkur. Reines Blei, das durch die Kondensation des Dunstes auf der Tagesseite entsteht und ohne Schwierigkeiten abgebaut werden kann. Dasselbe würden wir mit den Diamanten des Mars tun, wenn ihre Herstellung nicht so einfach wäre.
Jetzt ist die Sonne da. Eine Enttäuschung: Ich kann nicht hineinblicken, obwohl sie schwächer ist als die Sonne
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