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Ringwelt 09: Ein Geschenk der Erde

Ringwelt 09: Ein Geschenk der Erde

Titel: Ringwelt 09: Ein Geschenk der Erde
Autoren: Larry Niven
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stieg langsam die Leiter hinab. Er balancierte ein Tablett auf der Hand, weshalb er die Tür nicht sofort wieder schließen konnte.
     
    Das Kolonieschiff war nie ein sonderlich angenehmer Arbeitsplatz gewesen. Überall Leitern. Der Mann mit dem Tablett mußte ein gutes Stück hinuntersteigen – die volle Länge dessen, was einst ein Wohnzimmer gewesen war –, bevor er den Boden erreichte.
    Matt steckte den Kopf durch die offene Tür.
    Da war der Laborant, der mit dem Tablett in der Hand nach unten stieg. Auf dem Boden befanden sich drei weitere Männer; einer davon war Castro. Als Matts Kopf in der Tür erschien, blickten alle acht Männer nach oben und sahen Matt einen Augenblick lang an, bevor sie die Blicke wieder abwandten.
    Matt machte sich auf den Weg nach unten, wobei er ständig über die Schulter blickte und versuchte, vier Augenpaare auf einmal festzuhalten.
     
    »Verdammt noch mal, Hood, helfen Sie mir auf.«
    »Parlette, Sie erwarten doch nicht …?«
    »Helfen Sie mir zum Telefon.«
    »Wir könnten genauso gut Selbstmord begehen«, sagte Harry Kane. »Was würde Ihre Armee von Verwandten wohl tun, wenn sie erführe, daß wir Sie in Ihrem eigenen Haus gefangen halten?«
    »Ich bin aus freien Stücken hier. Das wissen Sie.«
    »Aber wissen die das auch?«
    »Meine Familie wird sich hinter mich stellen.« Parlette packte die Sessellehnen und stemmte sich mit schier unglaublicher Mühe in die Höhe. Als er schließlich stand, konnte er sich jedoch nicht mehr bewegen.
    »Ihre Familie wird nicht wissen, was los ist«, sagte Harry Kane. »Das einzige, was sie mit Sicherheit wissen wird, ist, daß Sie mit drei Flüchtlingen aus dem Vivarium allein in Ihrem Haus sind.«
    »Kane, meine Familie würde auch nicht verstehen, was los ist, wenn ich zwei Stunden lang auf sie einredete; aber sie wird sich hinter mich stellen!«
    Harry Kane öffnete den Mund, schloß ihn wieder und schauderte. Er mußte die Hände falten, um sein Zittern zu unterdrücken. »Rufen Sie sie an«, sagte er.
    »Nein«, widersprach Jay Hood.
    »Hilf ihm, Jay.«
    »Nein! Wenn er dieses Telefon benutzt, um uns wieder ins Vivarium zu bringen, wird er als größter Betrüger aller Zeiten in die Geschichte eingehen … und wir wären im Arsch!«
    »O Mann.« Lydia Hancock stand auf und legte sich Parlettes Arm um die Schultern. »Sei vernünftig, Jay. Parlette ist die größte Chance, die wir je hatten. Wir müssen ihm vertrauen.« Und sie schleppte den alten Mann zum Telefon.
     
    Es war fast an der Zeit, das Verhör fortzusetzen. Jesus Pietro wartete jedoch noch, bis der Laborant das Tablett mit dem Kaffee auf dem Sarg abgestellt und sich wieder auf den Weg nach oben gemacht hatte.
    Und er bemerkte, daß sein Puls raste. Kalter Schweiß lief ihm die Brust hinab. Seine Hand pochte ebenso sehr wie sein Herz. Seine Augen zuckten hierhin und dorthin und suchten nach etwas, das er nicht sah.
    Innerhalb von Sekunden und aus keinem erkennbaren Grund war das Verhörzimmer zu einer Falle geworden.
    Ein dumpfer Schlag ertönte, und jeder einzelne Muskel in Jesus Pietros Körper zuckte unwillkürlich zusammen. Es war nichts da – jedenfalls nichts, was seine Augen entdecken konnten –, doch er, der nervenstarke, der riesenhafte Castro, er jagte Schatten. Der Raum war eine Falle!
    »Ich bin in einem Augenblick zurück«, sagte Jesus Pietro. Er ging zur Leiter und wirkte dabei so selbstsicher und würdevoll, wie er es als Polizeichef nur sein konnte.
    Ein Wachmann sagte: »Aber, Sir! Was ist mit der Gefangenen?«
    »Ich bin sofort wieder zurück«, erwiderte der Chef, ohne auch nur einen Schritt langsamer zu werden.
    Er kletterte die Leiter hoch, zog sich durch die Öffnung hindurch, griff hinunter und schloß die Falltür. Und dann steckte er fest.
    Er hatte kein Ziel. Irgendetwas hatte ihm zugeschrien ›Raus hier!‹, irgendeine Intuition, die so mächtig gewesen war, daß er ihr einfach hatte folgen müssen – mitten während eines Verhörs.
    Wovor hatte er Angst? Würde er von Polly Tournquist irgendeine unangenehme Wahrheit erfahren? Oder hatten ihn etwa Schuldgefühle hinausgetrieben? Sicherlich empfand er doch kein Verlangen mehr nach dem Kolonistenmädchen, und selbst wenn, sollte er doch wohl in der Lage sein, diese Empfindungen zu beherrschen.
    Keiner seiner Untergebenen hatte ihn je so gesehen: Mit hängenden Schultern und müdem Gesicht stand er in einem Gang, weil er nicht wußte, wohin er gehen sollte.
    Aber auf jeden Fall mußte er
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