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Ringwelt 09: Ein Geschenk der Erde

Ringwelt 09: Ein Geschenk der Erde

Titel: Ringwelt 09: Ein Geschenk der Erde
Autoren: Larry Niven
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Angst haben zu müssen. So etwas konnte einen Mann in den Wahnsinn treiben. Wenn er jedoch nur einen Augenblick lang aufhören würde, sich zu fürchten, könnte ihn das das Leben kosten! Aber jetzt mußte er erst einmal eine Zeit lang nicht mehr auf Schritte lauschen oder versuchen, überall zugleich hinzublicken. Ein Sonarstunner war ein weit besseres Mittel, um für Ruhe zu sorgen, als eine hypothetische, unzuverlässige Psikraft. Ein Sonarstunner war real.
    Der ›Sarg‹ war größer, als er von der Tür aus betrachtet gewirkt hatte. Matt fand ein paar große, leichtgängige Verschlußklammern. Der Deckel war schwer. Die Innenseite war mit schalldämpfendem Plastikschaum ausgekleidet.
    In dem Kasten lag etwas, das man sorgfältig in ein weiches, dickes Tuch gewickelt hatte. Die Form war annähernd menschlich – außer dem Kopf. Matt spürte, wie sich ihm die Nackenhaare sträubten. Ein Sarg. Und das Ding im Inneren bewegte sich nicht. Wenn das Polly war, dann war sie tot.
    Nichtsdestotrotz machte er sich daran, das Ding auszuwickeln, und begann mit dem Körperteil, bei dem es sich um den Kopf zu handeln schien. Unter dem Tuch fand er Kopfhörer und darunter menschliche Ohren. Sie waren warm. Hoffnung keimte in Matt auf.
    Er enthüllte ein Paar brauner Augen. Sie blickten zu ihm hinauf und blinzelten dann.
    Das Hoffen war vorüber. Er hatte Polly gefunden – lebend.
    Es war, als würde er einem Schmetterling helfen, sich aus seinem Kokon zu schälen. Schließlich half Polly ihm dabei, Tuch und Kabel von ihren Beinen zu lösen. Allerdings war sie keine sonderlich große Hilfe. Ihre Finger wollten einfach nicht so recht funktionieren, und ihre Kiefermuskeln zuckten ebenso rhythmisch wie die Muskulatur in Armen und Beinen. Als sie versuchte, aus dem Sarg zu klettern, mußte Matt sie auffangen, und beide fielen sie zu Boden.
    »Danke«, sagte Polly mit schwacher Stimme. »Danke, daß du mich hier rausgeholt hast.«
    »Deshalb bin ich ja gekommen.«
    »Ich erinnere mich an dich.« Sie stand auf und stützte sich auf Matts Arm. Bis jetzt hatte sie noch nicht gelächelt. Als Matt ihren Mund ausgewickelt und die Klammern und Polster darum entfernt hatte, hatte sie ihn angesehen wie ein Kind, das darauf wartete, geschlagen zu werden. Diesen Gesichtsausdruck hatte sie bis jetzt beibehalten. »Du bist Matt Irgendwas. Stimmt’s?«
    »Matt Keller. Kannst du stehen?«
    »Wo sind wir?« Sie hielt sich weiter an seinem Arm fest.
    »Im Zentrum des Hospitals; aber wir haben gute Chancen, hier wieder rauszukommen, wenn du tust, was ich dir sage.«
    »Wie bist du hier hereingekommen?«
    »Jay Hood hat mir erklärt, ich könne mich psychisch unsichtbar machen. Solange ich Angst habe, kann ich Menschen dazu bewegen, mich nicht zu sehen. Auf diese Fähigkeit müssen wir uns jetzt verlassen. Hey, bist du in Ordnung?«
    »Wenn du schon so fragst … Nein.« Sie lächelte zum ersten Mal; es war ein geisterhaftes Lächeln, ein Zucken, daß schon nach einer Sekunde wieder verschwand.
    »Ehrlich gesagt, siehst du auch nicht gerade gut aus. Komm. Setz dich.« Polly klammerte sich mit beiden Händen an seinen Arm, als fürchte sie zu stürzen, sollte sie loslassen. Matt führte sie zu einem Stuhl. Sie steht noch immer unter Schock, dachte Matt. »Oder besser noch: Leg dich hin. Auf den Boden. Langsam … Jetzt leg deine Füße auf den Stuhl. Was bei den Nebeldämonen haben sie mit dir gemacht?«
    »Das ist eine lange Geschichte.« Ihre Augenbrauen zuckten. »Sie ist allerdings recht schnell erzählt. Sie haben nichts mit mir gemacht – nichts und nichts und nichts.« Sie lag auf dem Rücken, mit den Füßen auf dem Stuhl, so wie Matt sie hingelegt hatte, und blickte an die Decke, ins Leere. Matt wollte sich abwenden. Polly war nicht länger hübsch. Ihr Haar sah aus wie ein Hausputzernest, und ihr Make-up war verlaufen; aber das war noch nicht alles. Sie hatte irgendetwas von ihrer Persönlichkeit verloren, und irgendetwas anderes war an die Stelle des fehlenden Wesenszugs getreten. In ihrem blassen Gesicht spiegelte sich der Schrecken dessen, was sie dort oben im Nichts sah.
    Schließlich fragte sie: »Warum bist du hier hergekommen, Matt?«
    »Um dich zu retten.«
    »Du bist kein Sohn der Erde.«
    »Nein.«
    »Du könntest ein Maulwurf sein. In der Nacht, als du zum ersten Mal dort warst, haben sie Harrys Haus gestürmt.«
    »Du bist recht undankbar für eine Maid in Nöten.«
    »Tut mir leid.« Doch ihr Blick war wachsam und
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