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Ringwelt 09: Ein Geschenk der Erde

Ringwelt 09: Ein Geschenk der Erde

Titel: Ringwelt 09: Ein Geschenk der Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Larry Niven
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… nicht zimperlich, dennoch war ihm der Gedanke unangenehm, Teile von sich selbst gegen die eines Fremden einzutauschen. Das wäre, als würde er einen Teil seines Ichs verlieren. Nur die Angst vor dem Tod hatte ihn vor Jahren dazu bewogen, die neue Lunge anzunehmen. Er schlief ruhig.
    Und die Dinge summierten sich. Eines kam zum anderen.
    Polly Tournquists Filme: Irgendjemand war ihm vorgestern Nacht durchs Netz geschlüpft. Kellers gestrige Flucht. Ein nagender Verdacht, nicht mehr als eine Intuition, daß das Paket von Rammroboter Nr. 143 noch weit wichtiger war, als irgendjemand vermutete. Faltige, unbequeme Laken. Seine Decken, die einen Hauch zu schwer waren. Die Tatsache, daß er vergessen hatte, sich die Zähne zu putzen. Das Bild von Keller, wie er kopfüber in die Nebel hinabstürzte – es kehrte immer wieder zurück, um ihn zu plagen. Leise Geräusche von draußen, von der Mauer, Geräusche, die eine Stunde alt waren und die ihn geweckt hatten, deren Ursache jedoch noch immer nicht geklärt war. Der Anflug von Lust für das Mädchen im Heilsarg, und die Schuldgefühle, die damit einhergingen. Die Tatsache, daß er versucht gewesen war, die antike Methode der Gehirnwäsche anzuwenden – nicht zur Wahrheitsfindung, sondern um das Rebellenmädchen dazu zu bewegen, ihn eine Zeit lang zu lieben. Ehebruch! Noch mehr Schuld.
    Versuchungen. Entkommene Gefangene. Warmes, zerknittertes Bettzeug.
    Es war sinnlos. Er war wach.
    Steif lag er auf dem Rücken, hatte die Arme vor der Brust verschränkt und starrte in die Dunkelheit. Es nutzte nichts, dagegen anzukämpfen. Die vergangene Nacht hatte seine innere Uhr durcheinander gebracht; er hatte erst um 12 Uhr 30 gefrühstückt. Warum dachte er immer wieder an Keller?
    (Kopfüber in den Nebel hinab. Die Hölle oben, der Himmel unten, hinauf ins Unbekannte; auf ewig verloren, vernichtet. Der Traum des Hindu ist Wirklichkeit geworden. Der Frieden vollkommener Auflösung.)
    Jesus Pietro wälzte sich herum, griff nach dem Telefon und wählte eine Nummer. Eine fremde Stimme sagte: »Hospital … Sir.«
    »Wer ist da?«
    »Master Sergeant Leonard V. Watts, Sir. Die Nachtschicht.«
    »Ist irgendetwas im Hospital los, Master Sergeant?« Das war keine ungewöhnliche Frage. Jesus Pietro hatte sie in den vergangenen zehn Jahren schon unzählige Male in den frühen Morgenstunden gestellt.
    Watts Stimme klang trocken. »Lassen Sie mich einmal nachsehen. Sie sind um sieben Uhr gegangen, Sir. Um 19 Uhr 30 hat Major Jansen die Freilassung der Unschuldigen befohlen, die wir vergangene Nacht aufgegriffen haben – die ohne Hörgeräte. Major Jansen ist um neun gegangen. Um 21.30 Uhr hat Sergeant Helios gemeldet, daß alle Freigelassenen wieder nach Hause zurückgebracht worden seien. Hmmm …« Knistern von Papier im Hintergrund. »Alle bis auf zwei Gefangene, die heute verhört worden sind, sind exekutiert und verstaut worden. Die Medizinische Versorgung hat uns gemeldet, daß die Organbanken vorerst kein frisches Material mehr aufnehmen können. Wollen Sie eine Liste der Hingerichteten, Sir?«
    »Nein.«
    »Die Heilsargbehandlung verläuft zufrieden stellend. Keine negativen medizinischen Reaktionen von der Verdächtigen. Die Außenwachen haben einen falschen Alarm um 24 Uhr 08 gemeldet – ein Hase war wohl in die Sensorbarriere geraten. Auf dem Feld war keine Bewegung zu erkennen gewesen.«
    »Und woher wissen die dann, daß es ein Hase war?«
    »Soll ich nachfragen, Sir?«
    »Nein. Sie haben es natürlich vermutet. Gute Nacht.« Jesus Pietro drehte sich auf den Rücken und wartete auf den Schlaf.
    Seine Gedanken gingen auf Wanderschaft …
    … In letzter Zeit war er mit Nadia nicht häufig zusammengewesen. Sollte er sich Testosteron injizieren lassen? Ein Transplantat war nicht nötig: Man lagerte nicht viele der menschlichen Drüsen ein, sondern hielt sie in einer komplizierten Nährlösung aktiv; die Hormone konnte man leicht extrahieren. Ein paar Injektionen machten Jesus Pietro nichts aus.
    Sein Vater hatte jedoch Injektionen abgelehnt.
    Ein jüngerer Jesus Pietro hatte sich früher oft gefragt, wie er wohl gezeugt worden war. Warum hatte der alte Mann darauf bestanden, daß die Ärzte während der Gonadentransplatation die Samenstränge miteinander verbanden? Ein älterer Jesus Pietro glaubte die Antwort auf diese Frage zu wissen. Trotz den damals vorherrschenden Großfamilien war das Plateau vor sechzig Jahren größtenteils unbewohnt gewesen. Wie seine Vorfahren hatte es

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