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Ringwelt 09: Ein Geschenk der Erde

Ringwelt 09: Ein Geschenk der Erde

Titel: Ringwelt 09: Ein Geschenk der Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Larry Niven
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und sah nach dem Sarg.
    Der riesige Sarg war offenbar für Gilgamesch oder Paul Bunyan gebaut worden. Er bestand aus Eiche – zumindest außen. Die acht Anzeigen am Sargrand sahen so aus, als wären sie aus einem anderen Gegenstand ausgebaut worden, und das Können des Zimmermanns, der sie am Sarg angebracht hatte, war offensichtlich begrenzt gewesen. Der Mann mit dem langen Gesicht stand in regelmäßigen Abständen auf, ging zum Sarg und beobachtete eine Minute lang die Anzeigen. Immerhin könnte tatsächlich etwas schief gehen, und dann müßte er möglichst schnell handeln. Doch es geschah nie etwas, und so kehrte der Mann immer wieder zu seinem Stuhl zurück und wartete weiter.
    Problem:
    Polly Tournquists Geist enthält Informationen, die du brauchst. Wie kommt man da ran? Der Geist ist der Körper. Der Körper ist der Geist.
    Drogen würden ihren Metabolismus durcheinander bringen. Sie könnten ihr Schaden zufügen. Du könntest es riskieren; aber es ist dir nicht gestattet, Drogen einzusetzen.
    Folter? Du könntest ihr ein paar Fingernägel herausreißen oder den ein oder anderen Knochen brechen; doch damit würde es nicht aufhören. Schmerz beeinflußt den Adrenalinspiegel, und der Adrenalinspiegel beeinflußt alles. Fortgesetzter Schmerz kann eine starken, ja permanenten Effekt auf einen Körper haben, der aus medizinischen Gründen noch gebraucht wird. Außerdem ist Folter unethisch.
    Überredung? Du könntest ihr einen Handel anbieten: Du versprichst ihr, sie am Leben zu lassen und sie auf ein anderes Plateau umzusiedeln, und im Gegenzug muß sie dir alles sagen, was sie weiß. Das würde dir gefallen, und die Organbanken sind voll … Aber sie würde sich auf keinen Handel einlassen. Du hast Menschen wie sie schon oft getroffen. Du weißt es.
    Also verschaffst du ihr Ruhe.
    Polly Tournquist war eine Seele allein im Raum … nein, weniger als das, denn es gab nichts um sie herum, was man als ›Raum‹ hätte bezeichnen können. Keine Hitze, keine Kälte, kein Druck, kein Licht, keine Dunkelheit, keinen Hunger, keinen Durst, kein Geräusch.
    Sie hatte versucht, sich auf das Klopfen ihres eigenen Herzens zu konzentrieren, doch selbst das hatte irgendwann aufgehört. Es war zu regelmäßig. Ihr Geist hatte es gestrichen. Gleiches galt für die Dunkelheit hinter ihren geschlossenen, verbundenen Augen: Die Dunkelheit war einheitlich, und sie fühlte sie nicht länger. Sie konnte ihre Muskeln gegen die weichen Bandagen spannen, mit denen sie gefesselt war, doch ohne greifbares Ergebnis, denn die Bandagen gaben nur kaum merklich nach und zogen sich sofort wieder fest, wenn sie sich entspannte. Ihr Mund stand halb offen; sie konnte ihn weder aufreißen noch schließen, zumal man ihr einen Knebel aus Hartschaum zwischen die Zähne gestopft hatte. Auch konnte sie sich nicht auf die Zunge beißen – ja, sie konnte sie noch nicht einmal finden. Sie hatte keinerlei Möglichkeit, sich selbst Schmerzen zuzufügen. Der unbeschreibliche Frieden des Ruhesargs umfing sie sanft und zog sie leise schreiend ins Nichts hinab.
     
    Was ist passiert?
    Er saß am Rand des Grases auf dem Hügel über dem Hospital. Sein Blick war starr auf die erleuchteten Fenster gerichtet, und er schlug sich mit den Fäusten sanft auf die Knie.
    Was ist passiert? Sie hatten mich schon. Sie hatten mich!
    Er war einfach weggegangen. Verwirrt, hilflos und geschlagen hatte er darauf gewartet, daß die verstärkte Stimme ihre Befehle wiederholte. Doch nichts dergleichen war geschehen. Es war, als hätten sie ihn einfach vergessen. Er war mit dem Gefühl davongegangen, daß der Tod ihm im Nacken saß. Ständig hatte er auf die Taubheit gewartet, die einem Stunnertreffer folgte, auf das Kribbeln einer Gnadenkugel oder das Brüllen des Offiziers.
    Nach und nach hatte er jedoch wider alle Vernunft akzeptiert, daß sie ihn nicht verfolgen würden.
    Und dann war er losgerannt.
    Seine Lungen brannten nun schon seit einigen Minuten nicht mehr, doch in seinem Kopf drehte sich noch immer alles. Vielleicht würde das niemals aufhören. Er war gerannt, bis er hier auf dem Hügel zusammengebrochen war; doch die Furcht, die ihn bis hierher getrieben hatte, war nicht die Furcht vor den Organbanken gewesen. Er war vor etwas Unmöglichem geflohen, vor einem Universum gegen alle Vernunft. Wie hatte er einfach so dieses Feld des Todes verlassen können, ohne daß ihn jemand auch nur beobachtet hatte? Das roch nach Magie und bereitete ihm Angst.
    Irgendetwas hatte

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