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Ringwelt 09: Ein Geschenk der Erde

Ringwelt 09: Ein Geschenk der Erde

Titel: Ringwelt 09: Ein Geschenk der Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Larry Niven
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Matt sich die nackten Handgelenke und kratzte sich an Stellen, an denen er sich nun schon länger nicht mehr hatte kratzen können. Ohne Handschellen fühlten sich seine Arme zehn Pfund leichter an.
     
    Die Zeit des Wartens lastete schwer auf Jesus Pietro.
    Dienstschluß war schon lange vorbei. Vom Bürofenster aus konnte er den mit Fallen gespickten Wald als dunklen Fleck inmitten des grauen Nebels sehen. Er hatte Nadia angerufen, um ihr zu sagen, daß es heute später werden könnte – viel später. Die Nachtschicht hatte das Hospital übernommen; auf Jesus Pietros Anordnung hin wurde sie von einer Hundertschaft zusätzlicher Wachen verstärkt.
    Schon bald würde er sie in Alarm versetzen müssen. Er überlegte nur noch, was genau er ihnen sagen sollte.
    Sicherlich würde er sie nicht mit der Aufsehen erregenden Nachricht beeindrucken, daß insgesamt fünf Gefangene irgendwo frei auf dem Alpha-Plateau herumliefen. Von der Flucht hatten gewiß schon alle gehört. Die Aufräumarbeiten würde man ohnehin den Jagdstaffeln überlassen.
    Jesus Pietro aktivierte die Gegensprechanlage. »Miss Lauessen, bitte verbinden Sie mich mit den Hospitallautsprechern.«
    »Sofort.« Sie nannte ihn nicht immer ›Sir‹. Miss Lauessen besaß mehr Crewblut als Jesus Pietro – sie war fast reinrassig – und sie hatte mächtige Beschützer. Glücklicherweise war sie eine angenehme Person und eine gute Arbeiterin. Sollte sie jemals zu einem Disziplinarproblem werden … »Sie sind auf Leitung, Sir.«
    »Hier spricht der Chef«, sagte Jesus Pietro. »Sie haben alle schon von dem Mann gehört, der vergangene Nacht bei dem Versuch verhaftet worden ist, das Hospital zu infiltrieren. Er und mehrere andere sind heute Morgen entflohen. Meinen Informationen zufolge hat er zur Vorbereitung eines Angriffs heute Nacht die Verteidigung des Hospitals ausgekundschaftet.
    Irgendwann zwischen jetzt und Sonnenaufgang werden die Söhne der Erde das Hospital angreifen. Sie alle haben Pläne des Hospitals erhalten, auf denen die automatischen Verteidigungsanlagen verzeichnet sind, die seit heute Morgen installiert wurden. Prägen Sie sich die entsprechenden Stellen ein, und stolpern Sie in keine der neuen Fallen. Ich habe Befehl gegeben, diese Fallen mit Maximaldosen an Anästhetika auszurüsten – mit potentiell tödlichen Dosen. Ich wiederhole: mit potentiell tödlichen Dosen.
    Ich halte es für unwahrscheinlich, daß die Rebellen einen Frontalangriff versuchen werden.« Das war wirklich sehr unwahrscheinlich! Jesus Pietro lächelte ob dieser Untertreibung. »Sie sollten sich auf jedweden Versuch vorbereiten, unbemerkt ins Hospital einzudringen, vielleicht sogar mit Hilfe unserer eigenen Uniformen. Halten Sie stets Ihre Ausweise und Marken bereit. Wenn Sie jemanden treffen, den Sie nicht kennen, sprechen Sie ihn darauf an. Vergleichen Sie ihn mit dem Foto. Die Rebellen hatten keine Zeit, falsche Papiere herzustellen.
    Und noch ein Letztes: Zögern Sie nicht, sich notfalls auch gegenseitig niederzuschießen.«
    Er schaltete ab, wartete, bis Miss Lauessen die Leitung wieder freigemacht hatte, und bat sie dann, ihn mit dem Hauptkraftwerk zu verbinden. »Kappen Sie von jetzt bis Sonnenaufgang die gesamte Stromversorgung für die Kolonistengebiete«, befahl er.
    Die Männer im Kraftwerk waren stolz auf ihre Arbeit, und ihre Arbeit bestand darin, die Stromversorgung aufrechtzuerhalten. Sie protestierten vehement gegen diesen Befehl. »Tun Sie einfach, was ich Ihnen sage«, erwiderte Jesus Pietro und beendete das Gespräch. Erneut dachte er darüber nach, tödliche Munition an seine Männer auszugeben – aber dann würden sie zögern, aufeinander zu schießen. Schlimmer noch: Sie würden sich vor ihren eigenen Waffen fürchten. Seit Unterzeichnung des Landungsbunds hatte die Vollstreckungspolizei kein einziges Mal tödliche Waffen eingesetzt; aber vermutlich waren die Giftgeschosse nach so langer Lagerzeit ohnehin unbrauchbar geworden.
    Jesus Pietro hatte heute Nacht fast jede denkbare Tradition über den Haufen geworfen, und dafür würde er bezahlen, wenn nichts geschah. Doch er wußte, daß etwas passieren würde, und das nicht nur, weil diese Nacht die letzte Chance für die Rebellen war, ihre Kameraden aus dem Vivarium zu befreien. Da war noch diese kalte Sicherheit, die er tief in seinen Eingeweiden fühlte. Irgendetwas würde passieren.
    Eine dünne rote Linie trennte den schwarzen Himmel vom schwarzen Land. Nach und nach wurde sie schwächer, und

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