Ringwelt 10: Hüter der Ringwelt
wie sein Hirn gegen seine Schädeldecke prallte. Da er sich bereits in einem Haltenetz befand, war er der Erste, der sich wieder orientieren konnte … und immer noch nicht bewegen. Unter ihnen konnte er Oliver schreien hören.
Claus bellte: »Was haben wir denn getroffen?!«
»Bring uns hier raus! Bring uns hier raus! « , schrie Roxanny.
Knüpf-System, hatte Tonschmied gesagt. Wie stabil mochten die aus Scrith gesponnenen Fäden sein? Stark genug, um ein fallendes Raumschiff aufzuhalten? Aber dann müssten sie doch den Rumpf des Schiffs durchtrennen! Das ganze Loch musste schon damit durchzogen sein.
»Die Thruster sind tot«, berichtete Claus.
»Wo sind die?«, fragte Louis.
Claus wandte den Kopf zur Seite, um Louis einen finsteren Blick zuzuwerfen. Louis fragte: »Die sind auf der Unterseite des Schiffs, nicht wahr?« Das war eine alte Gewohnheit: Raumschiffs-Konstrukteure neigten dazu, die Thruster dort anzubringen, wo sie auch die Düsen angebracht hätten. »Was auch immer da in diesem Loch ist, was auch immer es ist, was dieses Loch repariert, das schneidet die Thruster in Stücke. Wir werden immer tiefer einsinken. Wir lange dauert es noch, bis es die Hauptenergiequelle erreicht? Was habt ihr für eine Energiequelle? Wo ist die?« Reines Geplapper! Er plapperte nur noch. Warum war das Stasisfeld nicht ausgelöst worden? Aber wenn das geschehen wäre, dann würden sie jetzt vielleicht für alle Zeiten hier festsitzen.
Claus begriff noch nicht, was Louis meinte. Roxanny Gauthier hingegen erwiderte: »Mittschiffs. Eine Batterie. Wenn irgendetwas die durchschneidet …«
Tatsächlich sank das Schiff Zoll um Zoll tiefer in das Loch hinein. Und was noch schlimmer war: Es neigte sich langsam zur Seite.
Claus starrte sie an, er verstand es immer noch nicht. Als er es dann schließlich doch begriff, stieß er einen Schreckensschrei aus. Seine Hände tanzten über die Instrumente.
»Warte!«, schrie Roxanny.
Die Luke im Boden schloss sich. Olivers Schrei wurde abrupt abgeschnitten.
Ein Raketenmotor bellte auf. Die Steuerhaus-Sektion wurde abgetrennt und stieg rasch aufwärts, geriet ins trudeln, fing sich dann wieder. Claus übernahm jetzt die manuelle Steuerung; die Kabine neigte sich scharf zur Seite, kippte um, richtete sich wieder auf.
»Du hast ihn umgebracht!«, schrie Roxanny. »Oliver!«
»Er saß am falschen Platz.« Finster blickte Claus Louis Wu an, der in Olivers Sessel saß, dann richtete er den Blick auf Roxanny. »Hast du nicht gerade eben noch geschrien: ›Bring uns hier raus‹?«
Das Zelt bauschte sich in den Auspuffschwaden der Fluchtkapsel auf, bevor die Kapsel aufschlug. Der Rückstoß schleuderte Roxanny und Claus mehrere Zoll aus ihren Sitzen, bevor die Haltenetze sie abfingen.
Durch die Zeltwand hindurch konnte Louis gerade noch erkennen, dass Akolyth und Hanuman den Rettungskokon öffneten, damit Wembleth wieder hineinsteigen konnte.
Grelles Licht flammte aus der Richtung auf, in der auch das Loch im Ringweltboden lag. Dann schwärzte sich die ganze Seite des Steuerhauses. Louis schrie: »Roxanny, mach mich los!«
»Warte einfach, Luis!«
Eine Schockwelle erfasste die Kabine.
»Die sterben doch da draußen! Macht mich los! Claus!«
»Wie du willst«, sagte Claus nur. Er bewegte die Hand, und Louis war frei, rollte sich aus dem Sessel heraus auf die winzige Luftschleuse zu.
Das Zelt war in Fetzen gerissen, wie die Überreste eines explodierten Ballons. Die Auspuffgase der Kapsel hatten den Inhalt des Zeltes weit verstreut. In seinem Rettungskokon rollte Wembleth langsam an ihnen vorbei, wurde umhergeworfen wie Kleidung in einem Wäschetrockner aus dem Ölzeitalter, während Louis sich durch die Luftschleuse zwängte.
Akolyth versuchte wieder auf die Beine zu kommen, er stolperte, versuchte es erneut. Hanuman war nirgends zu sehen. Wembleth musste das Bewusstsein wiedererlangt haben; er hatte sich jetzt eng zusammengekauert, wurde aber immer noch umhergeschleudert.
»Akolyth? Geht es dir gut? Ist der Druck in Ordnung?«
»Mein Anzug hält den Druck. Siehst du Hanuman irgendwo?«
»Nein.«
Wembleth war ihnen am nächsten. Louis ließ seine Steuerdüsen aufflammen, sprang dann in die Nähe des Fremden, lief neben dem Ballon her und versuchte ihn davon abzuhalten, noch weiter zu rollen. Der Ringweltler versuchte ihm zu helfen. Gemeinsam gelang es ihnen, den Ballon aufzuhalten, doch Wembleth fand sein Gleichgewicht nicht sogleich wieder … weil Hanuman sich an ihm
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